Die Knaben bekommen Konkurrenz
Die Regensburger Domspatzen öffnen sich nach mehr als 1 000 Jahren auch den Mädchen
Regensburg. In Bayern fällt eine weitere Männerbastion – zumindest eine Knabenbastion. An der Schule der weltberühmten Domspatzen in Regensburg werden künftig auch Mädchen unterrichtet und als Sängerinnen ausgebildet. Doch wer nun die Tradition des fast 1 050 Jahre alten katholischen Knabenchors bedroht sieht, kann sich beruhigen. Seite an Seite sollen Jungen und Mädchen auch künftig im Regelfall nicht musizieren – vielmehr soll es nach Geschlechtern getrennte Chöre geben. Das machten die Verantwortlichen gestern bei der Vorstellung des Projekts klar.
„Erweiterung des Portfolios“„Die Regensburger Domspatzen an sich, so wie wir sie kennen, bleiben in der tradierten Form erhalten, nämlich als reiner Knabenchor“, betont Domkapellmeister Christian Heiß. Sie blieben der Chor in der Kathedrale. Der Mädchenchor sei als „eine Erweiterung des Portfolios“gedacht, sagt der Chorchef. Gemeinsame Projekte seien aber auch denkbar.
Die Domspatzen gelten als ältester Knabenchor der Welt. Bei unzähligen Schallplatten- und CDAufnahmen haben sie mitgewirkt, regelmäßig sind sie im Fernsehen zu sehen. Tourneen führen die jungen Sänger regelmäßig auch nach Japan und in die USA. Ihre Ausbildung findet in einem eigenen
Gymnasium statt. Die Schule soll zum Schuljahr 2022/23 nun die ersten Mädchen aufnehmen. „Unsere Schule ist neu, modern ausgestattet und bietet beste Lernbedingungen“, sagt Schulleiterin Christine Lohse. Sie und Domkapellmeister Heiß betonen, dass in der Vergangenheit immer wieder Eltern gefragt hätten, ob auch Mädchen die Angebote der Einrichtung nutzen könnten.
Fit für die Zukunft
Christine Lohse übernahm 2019 als erste Frau die Leitung des Gymnasiums. Zu dieser Zeit kam auch
Heiß als musikalischer Chef zu den Domspatzen. Damals hatte er bereits angedeutet, dass irgendwann auch Mädchen in die katholische Institution eintreten sollen.
Schulleiterin und Chorleiter wollen die Domspatzen weiterentwickeln und für die Zukunft fit machen. Künftig werden nicht nur die Jungen tägliche Gesangsproben haben, sondern auch die Schülerinnen. „Nach einer gewissen Aufbauphase wird der neue Mädchenchor höchsten musikalischen Ansprüchen genügen“, verspricht Heiß. Der Chor der Mädchen und Frauen werde eine neue zusätzliche musikalische Säule der Kirchenmusik in Regensburg werden.
Zuspruch vom Bistum
Auch von Seiten des Bistums wird die Schaffung eines Angebots für Mädchen unterstützt. „Wir halten diese Öffnung für sinnvoll und heißen die Mädchen am Gymnasium und als Chor bei uns im Dom herzlich willkommen“, so Dompropst Franz Frühmorgen.
Bis zur Aufnahme der ersten Mädchen bleibt für die Organisatoren noch einiges zu tun. Es müssen neue liturgische Gewänder für die Sängerinnen geschaffen werden, und für die Auftritte bei weltlichen Konzerten soll es auch eine entsprechende Kleidungslinie für die Mädchen geben. dpa