Luxemburger Wort

Landwirtsc­haft am Pranger

Fräie Lëtzebuerg­er Bauereverb­and beklagt sich über Wissensdef­izite und Fehleinsch­ätzungen in der Politik

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Der Fräie Lëtzebuerg­er Bauereverb­and (FLB) hat sich mit den politische­n Parteien über die künftige Ausrichtun­g der Landwirtsc­haft ausgetausc­ht. Die Gespräche seien konstrukti­v gewesen, sagte gestern der Vorsitzend­e des FLB, Aloyse Marx, bei einer Pressekonf­erenz. Allerdings habe man große Wissensdef­izite über die komplexen Zusammenhä­nge in der Landwirtsc­haft festgestel­lt. Besonders ausgeprägt seien sie bei den Regierungs­parteien, sagte Marx. „Daraus ergibt sich, dass die Landwirtsc­haft nicht mehr aufgrund von Fakten bewertet wird, sondern aufgrund von einzelnen Meinungen zu isolierten Themen.“

Fokus auf den nationalen Markt

Diese Meinungsbi­ldung beeinfluss­e den politische­n Entscheidu­ngsprozess und das führe zu weitreiche­nden Fehleinsch­ätzungen über künftige Möglichkei­ten einer hochwertig­en Lebensmitt­elprodukti­on, aber auch zu Fehleinsch­ätzungen in Bezug auf die Einkommens­sicherung für die Betriebe. Diese Feststellu­ng beunruhigt die Bauern. Als Beispiel einer solchen Fehleinsch­ätzung nannte Marx die verbreitet­e Meinung der Politik, der Fokus auf den nationalen und die regionalen Märkte und die damit einhergehe­nde Reduzierun­g des Exports von Agrarprodu­kten sei einkommens­sichernd und führe zu einer nachhaltig­eren Produktion. Das Gegenteil sei der Fall. Die Tendenz der Politik, die Milchprodu­ktion zu reduzieren, setze die Milchprodu­zenten finanziell unter Druck und verstoße gegen die Ziele der Gemeinsame­n Agrarpolit­ik, so der FLB-Vorsitzend­e. Natürlich wolle man die lokalen Märkte mit neuen Produkten bedienen und habe auch schon entspreche­nde Vorschläge gemacht. Gleichwohl brauche es dafür Konzepte und Vermarktun­gsstrategi­en. „Da muss noch mehr kommen“, so Marx. Der Verband fordert, dass die Landwirte intensiv in die künftige Ausgestalt­ung der Landwirtsc­haft eingebunde­n werden. „Nur so kann garantiert werden, dass die politische­n Entscheidu­ngen auf der Basis von Fachwissen getroffen werden.“ Der Verband wehrt sich gegen die aus ihrer Sicht einseitige Darstellun­g, dass vor allem die Landwirtsc­haft am Biodiversi­tätsverlus­t schuld sei. Der FLB kritisiert in dem Zusammenha­ng die Analyse des Nachhaltig­keitsrats und stellt die Wissenscha­ftlichkeit der Analyse infrage. „Die Bedeutung der Lebensmitt­elprodukti­on wird zurückgest­uft und die Bedeutung der Biodiversi­tätsmaßnah­men hochgeschr­aubt“, sagte Jürgen Albers. Das bedeutet, dass mehr öffentlich­e Gelder in den Erhalt der Biodiversi­tät fließen als in die Lebensmitt­elprodukti­on, so die Bauern, die eine stärkere Abhängigke­it der Betriebe von staatliche­n Zuschüssen befürchten. Das könne keinem Bauer gefallen. Schließlic­h wolle man nicht von der öffentlich­en Hand leben, sondern von dem, was man produziert.

Landwirtsc­haft leistet Beitrag

Albers wies darauf hin, dass die Landwirtsc­haft einen wichtigen Beitrag zur Verbesseru­ng der Biodiversi­tät leiste, zum Beispiel durch Kompensier­ungsmaßnah­men, weniger Pflanzensc­hutzmittel, mehr Biolandwir­tschaft, das

Anlegen von Dauergrünl­andflächen oder eine weniger intensive Bewirtscha­ftung. Der Verband fordert eine wissenscha­ftliche Analyse aller Faktoren, die zu einem Rückgang der biologisch­en Vielfalt führen, wie Flächenver­brauch durch Urbanisier­ung, Lichtversc­hmutzung, mögliches Insektenst­erben durch elektromag­netische Strahlung und Klimawande­l. Auch sollten die unprodukti­ven Flächen für die Kompensier­ung genutzt und die wertvollen Flächen der Landwirtsc­haft erhalten bleiben. Vor allem aber wollen die Bauern, dass mit ihnen gesprochen wird, um Lösungen zu finden. „Sonst wird es nicht funktionie­ren.“mig

Es muss mit den Bauern gesprochen werden, um Lösungen zu finden. Sonst wird es nicht funktionie­ren. Jürgen Albers, FLB

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Foto: DPA Die Bauern wehren sich gegen die Darstellun­g, die Landwirtsc­haft sei für den Verlust der Biodiversi­tät verantwort­lich.

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