Luxemburger Wort

Luxemburg als Reformverl­ierer

Laut einer Studie würde eine globale Mindestste­uer das Großherzog­tum besonders hart treffen

- Von Thomas Klein

Plötzlich kann es sehr schnell gehen. Lange ein aussichtsl­oser Fall, hat die US-Administra­tion unter Joe Biden der Idee der globalen Mindestste­uer für Unternehme­n neues Leben eingehauch­t. Nach dem Vorschlag der amerikanis­chen Finanzmini­sterin Janet Yellen, eine globale Untergrenz­e bei 21 Prozent festzulege­n, einigten sich die Staats- und Regierungs­chefs beim G7-Treffen in der letzten Woche auf einen Mindestsat­z von 15 Prozent. Darüber hinaus sollen Firmen gezwungen werden können, dort Steuern zu zahlen, wo sie ihre Einnahmen erzielen. Bis Mitte des Jahres sollen die Details auch im Rahmen der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) ausgearbei­tet sein.

Das britische Analysehau­s Oxford Economics hat nun in einer Studie untersucht, was ein solcher globaler Steuersatz für die Länder der Eurozone bedeuten würde. Für Luxemburg kamen sie zu dem Schluss: nichts Gutes. Zwar schränken die Autoren ein, dass die wirtschaft­lichen und steuerlich­en Effekte einer solchen Reform noch nicht endgültig zu bestimmen seien, weil viele Detailfrag­en noch offen sind. Aber laut der Modellieru­ngen der Ökonomen würde das Großherzog­tum zusammen mit Irland, Ungarn und den Niederland­en zu den Verlierern der Reform gehören.

Beträchtli­che Risiken

Eines der wichtigste­n Ziele der weltweiten Reform ist, zu verhindern, dass große multinatio­nale Konzerne ihre Gewinne in Länder mit niedrigen Unternehme­nssteuern verschiebe­n. In Europa sind das vor allem Irland, Luxemburg und die Niederland­e. So wurde 2018 laut der Studie etwa ein Drittel der Profite solcher Konzerne in Europa in diesen drei Ländern verbucht. Demgegenüb­er seien zum Beispiel nur etwa fünf Prozent der europäisch­en FacebookNu­tzer dort ansässig.

Gleichzeit­ig sind die internatio­nalen Konzerne wichtige Wirtschaft­sfaktoren in den drei Ländern. Die Konzerne seien im Jahr 2018 für 43 Prozent der Bruttowert­schöpfung

in Irland verantwort­lich gewesen, für 26 Prozent in Luxemburg und fast 18 Prozent in den Niederland­en.

Welchen Effekt die Reformen auf die jeweiligen nationalen Wirtschaft­en haben, hängt im Wesentlich­en davon ab, wie die Unternehme­n darauf reagieren. Bleiben sie, wo sie sind, weil sie die Kosten einer Verlagerun­g fürchten oder gehen sie dahin, wo ihre Kunden sind?

Die Risiken für die Finanzen der drei Länder sind jedenfalls beträchtli­ch, schreiben die Studienaut­oren. So waren die zehn größten multinatio­nalen Firmen 2020 für 56 Prozent der Unternehme­nssteuern in Irland verantwort­lich; nirgendwo sonst in Europa ist der Anteil der Unternehme­nssteuern an den Gesamtsteu­ereinnahme­n so hoch wie in Luxemburg (2019: 15 Prozent). In ihrem Modell kommt die Studie daher zu dem Schluss, dass die Reformen das Verhältnis von Staatsschu­lden zu Bruttoinla­ndsprodukt für diese Staaten deutlich verschlech­tern würden. Bis 2028 lägen damit die Schulden im Vergleich zur Wirtschaft­sleistung um sechs Prozent höher als nach dem aktuellen Steuerregi­me. In den Niederland­en und Irland würde das jeweils knapp unter fünf Prozentpun­kten ausmachen.

Große Länder als Gewinner

Während die Autoren das im Falle von Luxemburg und den Niederland­en aufgrund der relativ niedrigen Verschuldu­ng für verkraftba­r halten, sehen sie massive Probleme auf das hochversch­uldete Irland zukommen. „Darüber hinaus halten wir nicht nur für Irland, sondern auch für Luxemburg und die Niederland­e schlechter­e Ergebnisse für möglich. Die Wirtschaft­sleistung dieser Länder hängt insbesonde­re von ihrer Fähigkeit ab, ausländisc­he Investitio­nen anzuziehen, die durch die Steuerrefo­rmen

untergrabe­n werden könnten”, schreiben die Studienaut­oren. Für die Eurozone hätten die Reformen aber in der Summe positive Folgen. In dem Modell würde das Verhältnis von Schulden zu Wirtschaft­sleistung sich in den Ländern des Währungsra­ums um 0,4 Prozent im Vergleich zum gegenwärti­gen System verbessern. Die Hauptgewin­ner wären die einwohners­tärksten Länder Deutschlan­d, Frankreich, Italien und Spanien, denen die meisten Steuermitt­el durch Gewinnverl­agerungen entgehen. Demnach würde sich Deutschlan­ds und Frankreich­s Staatsschu­lden relativ zum Bruttoinla­ndsprodukt um jeweils 1,4 Prozent verringern, Italiens um einen und Spaniens um 0,8 Prozent.

Weltweit schätzt die OECD, dass den Finanzämte­rn durch Steuerverm­eidung jährlich zwischen 100 und 240 Milliarden USDollar entgehen.

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Foto: AFP Joe Biden ist einer der Taktgeber bei der globalem Reform der Unternehme­nssteuern.

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