Aufbauplan für Griechenland
Der griechische Premier spricht vom „Beginn einer neuen Ära“
Vor klassischer Kulisse hat EUKommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestern in Athen grünes Licht für das griechische Post-Pandemie-Programm „Greece 2.0“gegeben. Die Milliarden aus Brüssel sollen nicht nur die Folgen des Lockdowns abfedern, sondern die wirtschaftlichen Strukturen des chronischen Krisenlandes nachhaltig stärken. Der Plan werde Griechenlands Wirtschaft „transformieren“und das Land „auf die Zukunft vorbereiten“, sagte von der Leyen.
Große Ambitionen
Auf der antiken Agora unterhalb der Akropolis, wo die Athener im Altertum Handel trieben, ihre Volksversammlungen und Gerichtsverhandlungen abhielten, gaben die Kommissionspräsidentin und der griechische Premier das Startsignal für das ambitionierteste Förder- und Entwicklungsprogramm in der Geschichte des modernen Griechenland und der Europäischen Union. „Es ist mir eine Ehre bekanntzugeben, dass die Kommission grünes Licht für Griechenlands nationalen Aufbauplan gegeben hat, einen Plan, der dem griechischen Volk gehört“, sagte von der Leyen und übergab dem griechischen Premier den schriftlichen Beschluss.
Aus dem Corona-Aufbaufonds „Next Generation EU“erwartet Griechenland in den kommenden sechs Jahren 30,5 Milliarden Euro. Die Summe entspricht 18,4 Prozent des letztjährigen Bruttoinlandsprodukts (BIP). In Relation zur Wirtschaftsleistung bekommen nur Bulgarien und Kroatien noch mehr Geld aus dem Programm. Ministerpräsident Mitsotakis sprach vom „Ende der Turbulenzen der Pandemie und dem Anfang einer neuen Ära“.
Von den für Griechenland vorgesehenen Geldern entfallen 17,8 Milliarden auf Zuschüsse und 12,7 Milliarden auf Kredite. Damit will die Regierung Investitionen von 100 Milliarden Euro anschieben und über die nächsten sechs Jahre rund 200 000 neue Arbeitsplätze schaffen, sagte Mitsotakis. Fast 40 Prozent der Zuschüsse fließen in „grüne Projekte“, wie die energiesparende Bausanierung, den Kohle-Ausstieg, die Nutzung erneuerbarer Energieträger, den Ausbau der Elektrizitätsnetze und Stromspeicher sowie den Ausbau der EMobil-Infrastruktur und den klimaneutralen öffentlichen Nahverkehr. Weitere 25 Prozent der Gelder will die Regierung in die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, privater Unternehmen und des Bildungswesens investieren.
Lob aus Brüssel
Bei der Veranstaltung mit von der Leyen stellte die Regierung einige Einzelprojekte von „Greece 2.0“im Detail vor, wie ein groß angelegtes Programm zur Aufforstung, Pläne zur Verlegung von Untersee-Stromkabeln, um griechische Inseln ans Hochspannungsnetz anzubinden und umweltschädliche Dieselkraftwerke abzuschalten, und Förderprogramme für die Ausund Weiterbildung. Griechenland hatte als eines der ersten Länder sein nationales Programm der EUKommission
zur Prüfung vorgelegt. Es umfasst auf mehr als 2 000 Seiten 175 Einzelprojekte. Für ihren Entwurf bekamen die Griechen in Brüssel viel Lob. Nachdem die EU-Kommission am Mittwoch den griechischen Aufbau- und Resilienzplan billigte, muss nun noch der Europäische Rat zustimmen, was aber als Formsache gilt. Die ersten Überweisungen aus Brüssel erwartet Griechenland im Juli. Bisher rechnete die Regierung in diesem Jahr mit der Auszahlung von rund vier Milliarden Euro. Dank der weit fortgeschrittenen Planung der einzelnen Projekte werden es nach neuesten Schätzungen aber bis zu acht Milliarden Euro sein, sagte Mitsotakis.
Nachdem Griechenlands Wirtschaft 2020 um 8,2 Prozent schrumpfte, erwartet die Regierung für dieses Jahr ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3,6 Prozent. Inzwischen gibt es aber Anzeichen, dass die griechische Wirtschaft deutlich schneller wächst. Im ersten Vierteljahr legte das BIP gegenüber dem Vorquartal um 4,4 Prozent zu. Im April stieg die Industrieproduktion sogar um 22,5 Prozent.