Rückkehr mit Hindernissen
Nach seiner Corona-Erkrankung macht Schwimmer Julien Henx eine schwere Phase durch, auch die Wissenschaft warnt
Wenn Sportler an Corona erkrankten, schwirrte die Nachricht oftmals kurz durch die Schlagzeilen. Doch wie es danach mit ihnen weiterging, blieb der Öffentlichkeit in den meisten Fällen verborgen. Auffällig war lediglich die unterschiedliche Ausfallzeit der einzelnen Athleten. Nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie sind sich die Wissenschaftler einig: Mit den Nachwirkungen einer Infektion ist nicht zu spaßen – vor allem bei Leistungssportlern.
Gemeinsam mit dem Mediziner Steve Hein veröffentlichte Dr. Axel Urhausen, unter anderem Leiter der Sportmedizin des Centre hospitalier de Luxembourg, Anfang des Jahres einen Artikel zum Thema Rückkehr zum Sport während der Corona-Pandemie. Am Mittwoch behandelten Urhausen und Hein die Thematik nochmals in einem Vortrag und stellten dabei die neuesten internationalen Studien vor.
Während sich die empirischen Ergebnisse auf der ganzen Welt täglich vermehren, bleiben die Kernaussagen zum Großteil gleich. „Es herrscht Einverständnis darüber, dass bis mindestens zehn Tage nach Symptombeginn (oder bei positivem Testergebnis) und bis zum kompletten Abklingen der Infektionssymptomatik jegliche sportliche Belastung vermieden werden soll“, schreiben Urhausen und Hein.
Erholung ist der Schlüssel
Einer, der aus eigener Erfahrung spricht, ist Schwimmer Julien Henx. Der 25-Jährige erkrankte sogar zwei Mal an Corona – im Oktober 2020 und im Februar 2021. „Ich kann nur jedem raten, in der ersten Woche nach dem positiven Test gar nichts zu machen, wirklich gar nichts“, erklärt Henx. „Das ist vor allem mental sehr schwer, aber Erholung ist der Schlüssel.“
Obwohl diese Empfehlung für jeden Corona-Patienten gilt, sind Leistungssportler ein besonderer Fall. „Diese Bevölkerungsgruppe ist durch die wiederholten maximalen Belastungen des Körpers einem besonders hohen Risiko für mögliche Langzeitfolgen einer nicht auskurierten Covid-19-Infektion ausgesetzt“, heißt es in dem Artikel, der unter anderem im „Flambeau“, der offiziellen Zeitschrift des COSL (Comité olympique et sportif luxembourgeois), erschienen war.
Demnach könnten Corona-Spätfolgen für Sportler vor allem die Lungen und das Herzkreislaufsystem betreffen, aber auch negative Auswirkungen auf die Nieren, das Nervensystem und die Psyche haben. Beim Wiedereinstieg in den Sport machen sich Entzündungen in der Lunge besonders bemerkbar, die eines der Hauptmerkmale der Erkrankung darstellen. „Dies zeigt sich mit einer Kurzatmigkeit bei normalerweise subjektiv leichten Belastungen“, schreiben Urhausen und Hein.
„Beim ersten Mal im Oktober hatte ich nicht viel Symptome. Ich war müde und hatte leichte Probleme mit der Atmung“, erläutert
Henx. „Beim zweiten Mal hatte ich einen Tag lang Fieber und Gliederschmerzen, nach zwei, drei Tagen waren die Beschwerden weg. Aber die richtigen Probleme kamen erst danach.“
Henx schildert, dass er im Anschluss an die überstandene Infektion „vier bis sechs wirklich schlimme Wochen“hatte. „An Sport war am Anfang nicht zu denken. Es hat drei Monate gedauert, bis ich wieder einigermaßen trainieren konnte.“Als Leistungssportler stand Henx in dieser Phase unter medizinischer Beobachtung. Bei einem der Tests stellten die Ärzte schließlich eine Lungenembolie fest – also ein verstopftes Blutgefäß in der Lunge.
Embolie und Myokarditis
„Als weiteres Merkmal dieser Viruserkrankung ist eine allgemeine Entzündung der Gefäßwände bekannt. Diese kann nachfolgend für die Bildung von Blutgerinnseln sein“, schreiben Urhausen und Hein – und bestätigen auch das „Risiko einer Lungenembolie bei Loslösung des Gefäßpfropfens“. Derweil häufen sich die Fallberichte von Athleten mit eher leichten Corona-Beschwerden, welche Zeichen einer Herzmuskelentzündung aufzeigten. Laut Urhausen und Hein „konnten die negativen
Auswirkungen von akuten körperlichen Belastungen auf den Verlauf einer solchen Myokarditis klar belegt werden“.
„Sobald die Embolie überstanden war, habe ich einen weiteren Leistungstest gemacht“, berichtet Henx. Danach konnte er drei Mal pro Woche locker schwimmen und mit leichtem Krafttraining beginnen. Dieses Pensum steigerte der
Julien Henx erkrankt zwei Mal an Corona. 25-Jährige dann kontinuierlich. „Es war extrem schwer für mich, wieder in den Rhythmus zu kommen“, erklärt Henx. „Ich hatte Muskelkater und viel Müdigkeit im Körper. Die Erholung ist mir schwergefallen, auch wegen des Sauerstoffmangels. Ich war nach jedem Training richtig kaputt.“
Die mentale Komponente beim Wiedereinstieg in den Sport, so schreiben auch Urhausen und Hein, sei bei solch einem Prozess nicht zu unterschätzen. Dabei kommt es häufig zu einem Konflikt: Einerseits muss die Belastung mit der nötigen Geduld, Vorsicht und medizinischen Sorgfalt gesteuert werden, andererseits kann die Zwangspause auch zur psychischen Herausforderung werden. „Eine möglichst rasche Trainingsaufnahme ist auch in diesem Sinne wichtig, um Depressionen oder Ängsten vorzubeugen.“
Auch für Henx, der an diesem Wochenende bei den französischen Schwimmmeisterschaften an den Start geht, war die Zwangspause eine schwierige, aber alternativlose Phase: „Wenn es mit dem Training noch nicht klappt, dann sollte man es nicht forcieren. Und wenn es drei Wochen sind, dann sind es eben drei Wochen. Es ist wichtig, auf den eigenen Körper zu hören.“