Gewonnen, aber nicht zufrieden
Radprofi Kevin Geniets holt sich den Landesmeistertitel im Zeitfahren, ärgert sich aber über seine Leistung
Unzufriedene Sieger sieht man selten. Radprofi Kevin Geniets war am Freitagabend nicht unbedingt begeistert, obwohl er gerade mit großem Vorsprung die ZeitfahrLandesmeisterschaften gewonnen hatte. „Ich habe mich außerordentlich gut gefühlt. Vielleicht war ich deswegen zu selbstbewusst und bin zu schnell losgefahren“, meinte der Groupama-Fahrer nach den 19,6 km rund um Harlingen. „Es war nicht ideal. Ich freue mich, dass ich gewonnen habe, aber ich bin nicht unbedingt glücklich mit der Leistung.“
Dass der 24-Jährige den Kampf gegen die Uhr in Abwesenheit des verletzten Spezialisten Bob Jungels (Ag2r) gewinnen würde, war von vorneherein erwartet worden. „Ich habe viel fürs Zeitfahren trainiert und war gut vorbereitet. Die Mannschaft ist deshalb sogar extra mit einem Trainer und einem Mechaniker nach Luxemburg gekommen. Das hat mich beruhigt.“
Am Sonntag wird es schwieriger
An seinem Sieg konnten auch die beiden Trek-Profis Michel Ries und Alex Kirsch nichts ändern, die das Podium in dieser Reihenfolge vervollständigten. Ries war zufrieden, weil „ich nicht so viel Zeit auf Kevin verloren habe. Es ist gut gelaufen für mich“. Ganz anders erging es Kirsch: „In der ersten Runde lief es ganz gut, in der zweiten überhaupt nicht mehr. Ich habe mich am Ende nicht gut gefühlt. Ich wusste nach der ersten Runde, dass ich den Rhythmus nicht halten kann.“
Am Sonntag wird es für Geniets etwas schwieriger. Im Straßenrennen ist die Konkurrenz größer. Dann fahren unter anderem noch die Profis Tom und Luc Wirtgen (beide Bingoal) sowie Jempy Drucker (Cofidis) mit. Geniets ist der große Favorit – und es könnte ein Rennen nach dem Prinzip „Einer gegen Alle“werden. „Das wird nicht leicht“, weiß der Groupama-Profi. „Deshalb habe ich mich aufs Zeitfahren konzentriert. Das ist nun schon mal erledigt. Ich mache mir keinen Druck für das Straßenrennen.“
Steigung nicht lang genug
Ries und Kirsch könnten als Teamkollegen agieren und so versuchen, Geniets an sein Limit zu treiben. „Ich glaube, das Rennen ist nun sogar offener, als wenn Bob Jungels mitfahren würde. Es wird weniger kontrolliert ablaufen. Vielleicht können Alex und ich ja zusammenarbeiten.“
Das Streckenprofil spielt Ries allerdings nicht in die Karten. Er hätte sich längere Steigungen gewünscht, denn dort könnte er seine Stärken ausspielen. „Es ist keine leichte Strecke, aber sie ist auch nicht besonders schwer. Daran ändert auch die kurze Steigung nichts. Es wird schwierig, dort einen Unterschied zu machen. Aber es sind so oder so die Fahrer, die das Rennen gestalten, und nicht das Streckenprofil.“
Kirsch wollte am Freitagabend nicht so weit vorausblicken: „Ich bin gerade ziemlich enttäuscht vom Zeitfahren und habe noch gar nicht über das Straßenrennen nachgedacht“, schildert er. Auf die Frage, ob Geniets überhaupt zu schlagen wäre, meinte Kirsch: „Wenn das nicht möglich wäre, könnte er ja gleich alleine starten. Trotzdem ist er der Favorit.“