Russlands dritte Corona-Welle
Moskau. Die Infektionsraten in Russland steigen. Gestern wurden 17 378 neue Covid-19-Fälle und 440 Tote gemeldet. Dabei feiert Wladimir Putin den russischen Impfstoff Sputnik V als den besten der Welt. Und in Moskau sind laut Bürgermeister Sergei Sobjanin inzwischen 60 Prozent der Einwohner durch frühere Infektionen oder Impfungen immunisiert. Dass die Zahl der Ansteckungen trotzdem wieder rasant steigt, erklärt Sobjanin mit dem Auftauchen der Delta-Variante des Virus, die bei 89 Prozent der Neuinfektionen diagnostiziert wurde. Schon seit Monaten warnen Experten vor einer dritten Welle, weil es an konsequenten Schutzmaßnahmen mangelt und sich zu wenig Russen impfen lassen. Bis zum 19. Juni haben nur knapp 17 Millionen von 145 Millionen Russen wenigstens eine Impfdosis erhalten. Die Moskauer Behörden haben den Zoo und die Nachtclubs geschlossen, Kneipen müssen um 23 Uhr dicht machen. „Das Gesundheitsamt hat offenbar Informationen über eine besondere Vorliebe des Virus für Tierfreunde und Nachtschwärmer“, so die Ärztin Renata Petrossjan. Angestellte im Handel und im öffentlichen Dienst sollen sich impfen lassen, oder mindestens 60 Prozent von ihnen. Wie dieses Plansoll erzwungen und gezählt werden soll, ist aber unklar. In Sankt Petersburg läuft die Fußball-EM weiter, es stehen noch zwei Spiele mit je bis zu 35 000 Zuschauern an. Hier besteht der Kampf gegen das Virus vor allem darin, dass die Gaststätten ab zwei Uhr nachts schließen müssen und die Maskenpflicht bei Massenveranstaltungen verlängert wurde. Mediziner bezweifeln, dass die Delta-Variante so zu stoppen sein wird. Aber aus dem Moskauer Gamaleja-Institut heißt es optimistisch, der dort entwickelte Impfstoff Sputnik V verringere selbst bei der Delta-Variante die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs um das Vierzehnfache. Und auch was Reisen angeht, will man keinen Zwang. Ab heute fliegen Russlands Fluglinien wieder die Türkei an, das Lieblingsland russischer Urlauber. s.s.