Die Wirtschaft nach Corona
Minister Franz Fayot zieht Lehren aus der Krise und stellt Fahrplan bis 2025 vor
Corona und die folgende Lockdown-Politik haben Luxemburg und die Wirtschaft hart getroffen. Mit ansteigender Zahl geimpfter Menschen geht der Blick inzwischen aber zunehmend nach vorne: Wie könnte die Wirtschaft nach der Pandemie aussehen? Machen wir weiter wie bisher oder ist es Zeit für einen strukturellen Wandel?
„Luxemburgs Wirtschaft ist bisher gut durch die Krise gekommen, wir sollten uns aber nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen“, stellt Wirtschaftsminister Franz Fayot ganz zu Anfang klar. „Wir leben in einer Zeit, in der die Welt immer komplexer wird, sich immer alles schneller dreht. Die Wirtschaft hat sich seit der Finanzkrise von 2008 fundamental geändert. In der Corona-Krise haben wir uns daher Gedanken darüber gemacht, wie wir die Wirtschaft am besten für die nächsten Jahre aufstellen können.“
Unter dem Titel „Ons Wirtschaft fir muer“hat das Wirtschaftsministerium nun einen Fahrplan vorgelegt. Das Konzept wurde in den vergangenen Monaten gemeinsam mit Wirtschaftsverbänden, Berufskammern und Akteuren aus der Zivilgesellschaft entwickelt. In Seminaren identifizierten die Teilnehmenden gemeinsam besonders wichtige Aspekte und entwickelten konkrete Ideen für die Umsetzung kurz- und mittelfristiger Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern. „Ziel ist es, die Transformation der luxemburgischen Wirtschaft bis 2025 zu begleiten“, erklärt Franz Fayot.
Lehren aus der Krise
Der Fahrplan befasst sich unter anderem mit den Lehren aus der anhaltenden Corona-Krise. „Die Pandemie hat vieles beschleunigt, auch die Digitalisierung samt Heimarbeit und E-Commerce.“Neue Technologien und Digitalisierung greifen mittlerweile in alle Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens ein. Informationen sind zu jeder Zeit und überall verfügbar. Die Covid-19Pandemie hat im Jahr 2020 aber auch die Schwächen internationaler Lieferketten aufgezeigt. „Durch die Corona-Krise wurde noch einmal deutlicher, wie wichtig unser Logistiksektor ist“, sagt Franz Fayot. Die Corona-Krise habe auch die besondere Bedeutung des Gesundheitswesens offenbart und den Bedarf einer konsequenten Digitalisierung des Sektors. „Den Healthtech-Sektor bauen wir schon seit mehreren Jahren in Luxemburg aus. Durch die Pandemie haben die Innovationen im Bereich der Gesundheitstechnologien noch einen regelrechten Boost erlebt.“
Neben den Lehren aus der Krise haben sich die Teilnehmenden auch mit den globalen Megatrends auseinandergesetzt, die die Wirtschaft in der Zukunft beeinflussen werden. Die rasante Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft eröffnet zahlreiche neue Wertschöpfungsoptionen für Unternehmen in Luxemburg. Die wirtschaftliche Nutzung von Daten ist hierfür essenziell. „Alle Sparten
der Wirtschaft werden immer mehr datengetrieben; wer die notwendige Infrastruktur und die geeigneten Kompetenzen hat, ist als Land besser aufgestellt“, so Franz Fayot.
Ein großer Megatrend unserer Zeit ist auch der Klimawandel. Regierungen versuchen auf der ganzen Welt, ihre jeweiligen Volkswirtschaften anzukurbeln, Arbeitsplätze zu schaffen und wertvolle Technologien zu entwickeln, die zur grünen Erholung beitragen. Das sieht man in Europa mit dem EU Green Deal und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Auch Luxemburg hat mit seinem „Plan national en matière d'énergie et de climat“(PNEC) und dem „Plan national pour un développement durable“ konkrete Ziele formuliert. „Der ökologische Umbau ist keine Gefahr, sondern eine Chance für die Modernisierung der Wirtschaft“, betont Franz Fayot.
Ein weiterer Trend ist die Regionalisierung in der Globalisierung. „Unsere Unternehmen bewegen sich in einem globalen Umfeld; Luxemburg ist eines der am stärksten globalisierten Länder der Welt. Dennoch sind auch bei uns regionale Wertschöpfungsketten von elementarer Bedeutung. Auch wir müssen eine Reihe von Strukturen oder Wirtschaftszweigen, die wir in Europa als strategisch empfinden, bei uns neu ansiedeln, sei es in der Industrie, oder in anderen Sparten, wie etwa DatenÖkosysteme oder Cloud-Technologien.“
„Nicht bei Null angefangen“
Diese drei Megatrends der Wirtschaft fließen in den Fahrplan „Ons Wirtschaft fir muer“mit ein. Berücksichtigt wurden aber auch die Überlegungen, die im Rahmen des
Rifkin-Prozesses angestellt wurden, sowie die bestehenden strategischen Ausrichtungen der Regierung, insbesondere in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, künstliche Intelligenz oder Digitalisierung. Das Dokument enthält auch Maßnahmen, die zu den EU-Zielen im Bereich der Klimaneutralität gehören. „Wir haben nicht bei Null angefangen, sondern alles aufgegriffen, was in den letzten Jahren an Überlegungen und Strategien angekurbelt wurde und in eine gemeinsame Strategie zusammengefasst.“
Der Fahrplan beinhaltet sechs übergreifende Ziele: die Digitalisierung der Wirtschaft beschleunigen, den Übergang zur Kreislaufwirtschaft durch digitale Entwicklung vorantreiben, die Wertschöpfungsketten resilienter gestalten, eine sichere und zuverlässige Datenwirtschaft aufbauen, eine nachhaltige, digitale und grüne Wirtschaft schaffen und, last but not least, neue Finanzinstrumente zur Verfügung stellen, die den Wandel zu einer klimaverträglichen Wirtschaft und Gesellschaft unterstützen.
„Die Ziele sind ambitioniert, aber nicht unrealistisch“, meinte Franz Fayot abschließend. Denn vieles sei bereits auf den Weg gebracht worden. Mit den Zielen seien auch sechs konkrete Pilotprojekte verbunden, die kurz- oder mittelfristig umgesetzt werden sollen. Langfristig sollen die Ziele und Megatrends durch eine interne Arbeitsgruppe „Luxembourg Stratégie“weiterverfolgt werden. „Ziel ist es, nach vorne zu denken, die Überlegungen in einem sich täglich wandelnden Umfeld weiterzuführen und Entwicklungen zuvorzukommen.“
Die Ziele sind ambitioniert, aber nicht unrealistisch.