Problemlöser
Anders als in der Finanzkrise von 2008 betrachten sich die Banken diesmal nicht als Teil des Problems. „Banken sind Teil der Lösung“oder „Rückgrat der Wirtschaft“: Die Finanzinstitute sehen in der Corona-Krise die historische Chance, ihr angeschlagenes Image aufzupolieren. Sie haben der Regierung die Hand gereicht, um die unmittelbaren Folgen des Lockdowns durch eine schnelle, unkomplizierte Kreditvergabe oder Moratorien abzufedern.
Eine Geste, für die es in der Tat Anerkennung gibt. Die Institute haben unter schwierigen Bedingungen ihre Grundmission erfüllt: Unternehmen und Privatpersonen mit Kredit und Liquidität versorgt. Nur so ließ sich die Funktionsfähigkeit der Realwirtschaft aufrechterhalten. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder die Frage gestellt, ob nicht andere große Player oder Fintechs langfristig die Bankenrolle übernehmen könnten. Nun zeigt sich: Nein, das können sie nicht – die Banken werden gebraucht. Zu Beginn der CoronaKrise ging es zunächst darum, das operative Bankgeschäft aufrechtzuerhalten, Moratorien zu gewährleisten, für die Kunden telefonisch und online erreichbar zu sein. Das hat gut funktioniert. Auch ihre eigenen Markt- und Liquiditätsrisiken hatte die Branche weitgehend unter Kontrolle. Was ihnen zugutekommt, ist, dass sie ihre Kapitalpuffer nach der Finanzkrise von 2008 deutlich gestärkt haben. Und auch für mögliche Kreditausfälle, die erst mit zeitlicher Verzögerung eintreten werden, dürften die Banken nach aktuellem Stand gut gerüstet sein.
Der Bankensektor ist also gut aufgestellt, doch die altbekannten Probleme bleiben. Wie können Banken in Zeiten von niedrigen Zinsen profitabel sein? Die Geschäftsmodelle müssen auch langfristig mit niedrigen Zinsen gut funktionieren können. Aber der Blick in die Bilanzen von 2020 zeigt: Nicht jedes Institut generiert solide Erträge. Einige müssen sich besser aufstellen, ihr Geschäftsmodell infrage stellen, einzelne Elemente effizienter gestalten.
Effizienz und Rentabilität lassen sich auch durch digitale Lösungen verbessern. Damit dies gelingt, muss innovative Technologie eingesetzt werden, die über Videokonferenzen und Onlinebanking hinausgeht: Es muss in Künstliche Intelligenz, Tokenisierung, Cloud-Anwendungen investiert werden. Die Corona-Krise gilt zwar als Digitalisierungsbeschleuniger, es braucht aber auch Eigeninitiative und neue Ideen – auch nach Corona.
Und auch das Thema Nachhaltigkeit muss stärker in den Fokus rücken. „Zu komplex“oder: „Das Problem kann nur auf globaler Ebene gelöst werden“– die Zeit der Ausreden ist vorbei. Seit dem 10. März schreibt eine neue Offenlegungsverordnung der Europäischen Union vor, dass Finanzakteure darlegen müssen, inwiefern die Produkte, die sie anbieten, nachhaltig sind. Für Banken ist die Finanzierung von klimafreundlichen Projekten eine Chance.
Wichtig ist, dass die Banken auch nach Corona diese Zukunftsthemen aktiv mitgestalten. Statt ihre Aufmerksamkeit auf Probleme zu richten und ständig über niedrige Zinsen zu jammern, sollten sie Innovationen anbieten. Nur dann wird ihre Rolle als Problemlöser auch wirklich anerkannt.