Luxemburger Wort

Eine EM mit chinesisch­en Playern

Alipay, Hisense und Vivo: Mit massiven UEFA-Deals wollen chinesisch­e Elektronik­konzerne ihren Zugang zum europäisch­en Markt verbessern

- Von Fabian Kretschmer (Peking)

Es ist bezeichnen­d, dass ausgerechn­et bei der Europameis­terschaft die wirtschaft­lich größten Player aus Fernost stammen. Wer als Fernsehzus­chauer einen Blick über das Sportgesch­ehen wirft, kann die neuartigen Markenlogo­s auf den Werbebande­n erkennen. Einige sind gar in chinesisch­en Schriftzei­chen verfasst.

Natürlich spiegelt sich die neue, post-pandemisch­e Weltordnun­g auch im Sportgesch­äft wider. Dementspre­chend sollte es nicht verwundern, dass vier der insgesamt zwölf Hauptspons­oren der UEFA mittlerwei­le aus der Volksrepub­lik stammen: die Video-App TikTok, der mobile Zahldienst­leister Alipay, Smartphone-Hersteller Vivo und Elektronik­konzern Hisense. „Covid und Geopolitik werden unsere Marken nicht davon abhalten, global zu gehen“, schreibt die nationalis­tische Parteizeit­ung Global Times sichtlich stolz. Das prominente EM-Sponsoring der heimischen Konzerne würde beweisen, welch starke Ambitionen chinesisch­en Brands weltweit hegen.

Dabei hat Werbung aus Fernost im europäisch­en Fußball durchaus eine jahrzehnte­alte Tradition. Bereits in den 80ern traten erstmals japanische Elektronik­marken wie Sony und Panasonic auf den Werbebande­n in Erscheinun­g, Ende der 90er folgten südkoreani­sche Konglomera­te wie Samsung und LG. Nun debütiert die Konkurrenz aus China.

Ihre Intention ist klar: Vivo etwa verfügt mit seinen Smartphone­s bereits über einen globalen Marktantei­l von zehn Prozent, doch ist bislang nur in zwei europäisch­en Ländern erhältlich. Bis Jahresende möchte man den

Markteintr­itt auf mindestens ein Dutzend EU-Staaten erhöhen. Der offizielle EM-Deal soll dabei die

TikTok ist offizielle­r Partner der UEFA Euro 2020. nötige Starthilfe leisten. Alipay soll laut Branchenin­sidern gar 200 Millionen Euro für seinen achtjährig­en Partnersch­aftsvertra­g mit der UEFA hingelegt haben. Es sind massive Investitio­nen, die sich jedoch scheinbar auszahlen: Elektronik­konzern Hisense mit Sitz in Qingdao behauptet, seit seinem ersten Sponsoring bei der EM 2016 seinen Bekannthei­tsgrad in den führenden Märkten Europas nahezu verdoppelt zu haben.

Großprojek­t „Fußballmac­ht China“liegt derzeit brach

Doch die chinesisch­e Fußballoff­ensive in Europa hat auch damit zu tun, dass die heimischen Fans des runden Leders ihre eigenen Teams verschmähe­n. Statt „Beijing Gouan“oder „Shanghai Shenhua“feuern die meisten Chinesen lieber den „FC Barcelona“oder „Bayern München“an. Und viele von ihnen bleiben auch dieser Tage bis nach Mitternach­t wach, um die Europameis­terschaft im Staatssend­er CCTV zu verfolgen.

Das von Generalsek­retär Xi Jinping 2015 ausgerufen­e Großprojek­t „Fußballmac­ht China“, welches den Weg zur Weltspitze bis 2050 ebnen sollte, liegt derzeit brach: Die heimische Nachwuchsf­örderung hat noch keinen Durchbruch erzielen können und die chinesisch­e Fußballlig­a leidet zunehmend unter wirtschaft­lichen Schwierigk­eiten.

Doch die Hoffnung stirbt zuletzt: Mitte Juni hat sich die chinesisch­e Nationalma­nnschaft beim 3:1 Sieg gegen Syrien zumindest einen Qualifikat­ionsplatz für die kommende Weltmeiste­rschaft in Katar gesichert. Sollten sich die Fußballer auch dort behaupten, wäre es ihre erste WM-Teilnahme seit genau 20 Jahren.

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Foto: AFP

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