Kunden wollen mehr Angebote
Herausforderungen im Private Banking
Das klassische Private Banking, die Betreuung und Verwaltung von Anlagegeld vermögender Individuen hat sich zu einer festen Größe innerhalb der Funktionsweise des Bankensystems entwickelt. Mit dem stetigen Vermögenswachstum in der Bevölkerung, dem Ausbleiben von wesentlichen oder dauerhaften Krisen und dem demografischen Trend wächst der Bedarf an solider und vertrauensvoller Betreuung. Dabei zeigt sich, dass den Anbietern substanzielle Anstrengungen bevorstehen, wenn sie gegen den Trend ankämpfen und gleichzeitig neue Herausforderungen bewältigen wollen.
Für das Private Banking wird vom Kunden zumeist die Zweitoder gar Drittverbindung zur Bank gewählt. Oft sind der langfristige Vermögensaufbau (-erhalt) und Streuung der Anlagen ein primärer Grund, warum sich der Kunde dafür entscheidet, die Dienstleistung der Private Bank in Anspruch zu nehmen. Ohnehin stehen Vertrauen und Diskretion ganz oben auf der Checkliste des Kunden.
Doch die Zahl der Institute, die sich schwerpunktmäßig mit den vermögenden Privatkunden beschäftigt, schrumpft permanent. Die Private Banker verwalteten zwar größere Volumen, auch im Fachjargon Assets under Management (AuM) bezeichnet, doch die Profite daraus sind rückläufig. Das haben langfristige Studien der Wirtschaftsberatungsgesellschaft KPMG ergeben. So ist die Bruttomarge innerhalb der EU bei den Instituten 2019 auf 21 Basispunkte eingebrochen. Vor 13 Jahren lag sie noch bei 36 Basispunkten. In den Jahren 2015 bis 2019 gab es den drastischen Absturz.
Weniger Einnahmen, Kostenexplosion
Die Umsetzung der regulatorischen Bestimmungen, der Kostendruck im Zusammenhang mit ITund Sicherheitsstrukturen, Personalund Betriebskosten treiben seit Jahren die Bruttomarge auf das verwaltete Vermögen der Kunden europaweit nach unten. Das bedeutet, ein Volumenanstieg zahlt nicht automatisch auf Mehreinnahmen bei den Instituten ein, so KPMG. Dabei ist der ganzheitliche Ansatz der Beratung von großer Bedeutung. Früher wurden urtypische Dienstleistungen wie Geschäfte mit Wertpapieren, der Goldkauf oder das Verwalten und Handeln von Devisen als Kernfaktoren der Kundenbeziehung angesehen. So hat der Wandel der letzten acht bis zehn Jahre hin zur Einbindung von Immobilien, Kunst und alternativen Investments geführt. Dabei rücken auch hier mehr und mehr digitale Angebote in den Vordergrund.
Die Privatbank Quintet in Luxemburg.
Die Ansprüche der Kundschaft sind seit geraumer Zeit höher, auch das Grundverständnis, wie eine Bank die Dienstleistung zu erbringen habe. Von vielfacher Gewichtung: Kunden wissen mehr um ihre Rechte und den Marktwert, den sie verkörpern. Als Kunde könne man sogleich eine viel höhere Transparenz bei Kosten- und Gebührenstruktur einfordern. Die Marktmacht des Individuums ist deutlich höher bewertet als noch vor zwei oder drei Jahrzehnten. Der Prozess sei immer noch nicht abgeschlossen, nicht alle Verbraucher erachten Loyalität (die ihrige zur Finanzinstitution) als selbstverständlich.
Ein großes Problem für die Bank, die eventuell bereits Jahrzehnte lang als kompetenter Berater mit dem Kunden verbunden ist, kann ein Erbfall mit anschließender Vermögensteilung sein. Von vier potenziellen Parteien in einem Erbgang verbleibt nur eine in Geschäftsbeziehung mit der Bank des Erblassers, so der durchschnittliche Trend, die anderen verlassen die Bankengruppe und suchen woanders Unterstützung bei der Vermögensbetreuung.
Luxemburger Adressen sehen noch Chancen
Die Ergebnisse der jährlichen Studie Private-Banking-Studie von KPMG und der Universität St. Gallen zeigt, generiert die überwiegende Mehrheit der Schweizer Privatbanken viel zu wenig neue verwaltete Vermögen, und die fehlende Onshore-Präsenz in wachstumsstarken Märkten schränkt ihre Fähigkeit ein, neue Kunden zu gewinnen. Andere Bewertungen der Branche legen nahe, dass eine zunehmende Verschiebung stattfindet: „Geldanlagen spielen eher eine untergeordnete Rolle für Private-Banking-Kunden, da sie im Durchschnitt gerade einmal 15Prozent des Bruttovermögens betreffen. Es lohnt sich, das Blickfeld zu erweitern, etwa auf Immobilien. Diese machen im Schnitt 43 Prozent des Vermögens von Private-Banking-Kunden aus“, stellte Expertin Kathrin Nadenau von Branchendienst zeb in einer entsprechenden Studie fest.
Der Luxemburger Platz, die Schweiz und Deutschland leiden unter Abwanderung von Kunden. Die vollständigen Auswirkungen des Brexits auf Private Banking sind noch nicht absehbar. Zu einem könnten Luxemburger oder Schweizer Bankadressen durch die Zuwanderung von wechselwilligen britischen Kunden profitieren, andererseits habe auch die Corona-Krise die Beweglichkeit der Kunden zuletzt etwas eingeschränkt.
Ein prominentes Beispiel für die Ausdehnung auf mehr globale Aufstellung ist die Bank Quintet aus Luxemburg. Als Bank mit Tradition, gegründet 1949 als Kredietbank Luxemburg und bestens aufgestelltes Institut, ist man 2020 gezielt in die Expansion gegangen und wagte mit der Übernahme der Bank am Bellevue einen Neustart der Schweizer Aktivitäten. Das Schweizer Geschäft wird seitdem erweitert. Aktuell verwaltet die Bank Werte im Volumen von etwa 1,7 Milliarden Schweizer Franken. Das Institut, das als Quintet Private Bank Switzerland firmiert, betreut Gelder aus der ganzen Welt. Vorstand Emmanuel Fievet, sieht die Anstrengungen seiner Institutsgruppe folgerichtig als konsequente Fortsetzung der Strategie. Dabei seien auch digitale Kontakte wichtig. „Interessanterweise haben wir festgestellt, dass mit der Zunahme virtueller Berührungspunkte die persönliche Zeit mit den Kunden, sowohl in persona als auch online, immer wertvoller wird. Unabhängig vom Kanal helfen wir unseren Kunden, sich in einer zunehmend komplexen Welt zurechtzufinden“, sagte Vorstand Fievet jüngst dem Wirtschaftsdienst Citywire.
Branche muss mehr Breite bieten
Mit den digitalen und auch den althergebrachten Herausforderungen, derer ein Beraterteam einer Bank Herr werden muss, werden in Zukunft noch Konkurrenzdruck und die Suche nach Differenzierung anwachsen. Qualität und Kontinuität sind ein wichtiges Merkmal bei der personellen Besetzung. Das Angebot muss breit gehalten werden.
Denn: Anspruchsvolle Kunden sind angesichts komplexer Anlageszenarien durchaus bereit, für erkannten Mehrwert auch mehr zu zahlen, und achten dabei sehr auf die Personalkomponente. Andere Faktoren, die die Anbieter in naher Zukunft gleichfalls beäugen müssen und sich auf Kunden einstellen sollten:
• Banken sollten „grüne Anlagen“stärker in das Betreuungsangebot einbinden
• Position und Kommunikation zu potenziellen Vermögensnachfolgern stärken
• Durch andere, zusätzliche Gebühren Erträge zu stärken, das bedeutet wo ein Mehrwert geboten wird, kann auch eine Preissteigerung durchgesetzt werden
• Bessere Einbindung von alternativen Investments, zum Beispiel in Immobilien, Krypto und Kunst
Digitale Angebote rücken in den Vordergrund.