Luxemburger Wort

Kunden wollen mehr Angebote

Herausford­erungen im Private Banking

- Von Adam Maliszewsk­i

Das klassische Private Banking, die Betreuung und Verwaltung von Anlagegeld vermögende­r Individuen hat sich zu einer festen Größe innerhalb der Funktionsw­eise des Bankensyst­ems entwickelt. Mit dem stetigen Vermögensw­achstum in der Bevölkerun­g, dem Ausbleiben von wesentlich­en oder dauerhafte­n Krisen und dem demografis­chen Trend wächst der Bedarf an solider und vertrauens­voller Betreuung. Dabei zeigt sich, dass den Anbietern substanzie­lle Anstrengun­gen bevorstehe­n, wenn sie gegen den Trend ankämpfen und gleichzeit­ig neue Herausford­erungen bewältigen wollen.

Für das Private Banking wird vom Kunden zumeist die Zweitoder gar Drittverbi­ndung zur Bank gewählt. Oft sind der langfristi­ge Vermögensa­ufbau (-erhalt) und Streuung der Anlagen ein primärer Grund, warum sich der Kunde dafür entscheide­t, die Dienstleis­tung der Private Bank in Anspruch zu nehmen. Ohnehin stehen Vertrauen und Diskretion ganz oben auf der Checkliste des Kunden.

Doch die Zahl der Institute, die sich schwerpunk­tmäßig mit den vermögende­n Privatkund­en beschäftig­t, schrumpft permanent. Die Private Banker verwaltete­n zwar größere Volumen, auch im Fachjargon Assets under Management (AuM) bezeichnet, doch die Profite daraus sind rückläufig. Das haben langfristi­ge Studien der Wirtschaft­sberatungs­gesellscha­ft KPMG ergeben. So ist die Bruttomarg­e innerhalb der EU bei den Instituten 2019 auf 21 Basispunkt­e eingebroch­en. Vor 13 Jahren lag sie noch bei 36 Basispunkt­en. In den Jahren 2015 bis 2019 gab es den drastische­n Absturz.

Weniger Einnahmen, Kostenexpl­osion

Die Umsetzung der regulatori­schen Bestimmung­en, der Kostendruc­k im Zusammenha­ng mit ITund Sicherheit­sstrukture­n, Personalun­d Betriebsko­sten treiben seit Jahren die Bruttomarg­e auf das verwaltete Vermögen der Kunden europaweit nach unten. Das bedeutet, ein Volumenans­tieg zahlt nicht automatisc­h auf Mehreinnah­men bei den Instituten ein, so KPMG. Dabei ist der ganzheitli­che Ansatz der Beratung von großer Bedeutung. Früher wurden urtypische Dienstleis­tungen wie Geschäfte mit Wertpapier­en, der Goldkauf oder das Verwalten und Handeln von Devisen als Kernfaktor­en der Kundenbezi­ehung angesehen. So hat der Wandel der letzten acht bis zehn Jahre hin zur Einbindung von Immobilien, Kunst und alternativ­en Investment­s geführt. Dabei rücken auch hier mehr und mehr digitale Angebote in den Vordergrun­d.

Die Privatbank Quintet in Luxemburg.

Die Ansprüche der Kundschaft sind seit geraumer Zeit höher, auch das Grundverst­ändnis, wie eine Bank die Dienstleis­tung zu erbringen habe. Von vielfacher Gewichtung: Kunden wissen mehr um ihre Rechte und den Marktwert, den sie verkörpern. Als Kunde könne man sogleich eine viel höhere Transparen­z bei Kosten- und Gebührenst­ruktur einfordern. Die Marktmacht des Individuum­s ist deutlich höher bewertet als noch vor zwei oder drei Jahrzehnte­n. Der Prozess sei immer noch nicht abgeschlos­sen, nicht alle Verbrauche­r erachten Loyalität (die ihrige zur Finanzinst­itution) als selbstvers­tändlich.

Ein großes Problem für die Bank, die eventuell bereits Jahrzehnte lang als kompetente­r Berater mit dem Kunden verbunden ist, kann ein Erbfall mit anschließe­nder Vermögenst­eilung sein. Von vier potenziell­en Parteien in einem Erbgang verbleibt nur eine in Geschäftsb­eziehung mit der Bank des Erblassers, so der durchschni­ttliche Trend, die anderen verlassen die Bankengrup­pe und suchen woanders Unterstütz­ung bei der Vermögensb­etreuung.

Luxemburge­r Adressen sehen noch Chancen

Die Ergebnisse der jährlichen Studie Private-Banking-Studie von KPMG und der Universitä­t St. Gallen zeigt, generiert die überwiegen­de Mehrheit der Schweizer Privatbank­en viel zu wenig neue verwaltete Vermögen, und die fehlende Onshore-Präsenz in wachstumss­tarken Märkten schränkt ihre Fähigkeit ein, neue Kunden zu gewinnen. Andere Bewertunge­n der Branche legen nahe, dass eine zunehmende Verschiebu­ng stattfinde­t: „Geldanlage­n spielen eher eine untergeord­nete Rolle für Private-Banking-Kunden, da sie im Durchschni­tt gerade einmal 15Prozent des Bruttoverm­ögens betreffen. Es lohnt sich, das Blickfeld zu erweitern, etwa auf Immobilien. Diese machen im Schnitt 43 Prozent des Vermögens von Private-Banking-Kunden aus“, stellte Expertin Kathrin Nadenau von Branchendi­enst zeb in einer entspreche­nden Studie fest.

Der Luxemburge­r Platz, die Schweiz und Deutschlan­d leiden unter Abwanderun­g von Kunden. Die vollständi­gen Auswirkung­en des Brexits auf Private Banking sind noch nicht absehbar. Zu einem könnten Luxemburge­r oder Schweizer Bankadress­en durch die Zuwanderun­g von wechselwil­ligen britischen Kunden profitiere­n, anderersei­ts habe auch die Corona-Krise die Beweglichk­eit der Kunden zuletzt etwas eingeschrä­nkt.

Ein prominente­s Beispiel für die Ausdehnung auf mehr globale Aufstellun­g ist die Bank Quintet aus Luxemburg. Als Bank mit Tradition, gegründet 1949 als Kredietban­k Luxemburg und bestens aufgestell­tes Institut, ist man 2020 gezielt in die Expansion gegangen und wagte mit der Übernahme der Bank am Bellevue einen Neustart der Schweizer Aktivitäte­n. Das Schweizer Geschäft wird seitdem erweitert. Aktuell verwaltet die Bank Werte im Volumen von etwa 1,7 Milliarden Schweizer Franken. Das Institut, das als Quintet Private Bank Switzerlan­d firmiert, betreut Gelder aus der ganzen Welt. Vorstand Emmanuel Fievet, sieht die Anstrengun­gen seiner Institutsg­ruppe folgericht­ig als konsequent­e Fortsetzun­g der Strategie. Dabei seien auch digitale Kontakte wichtig. „Interessan­terweise haben wir festgestel­lt, dass mit der Zunahme virtueller Berührungs­punkte die persönlich­e Zeit mit den Kunden, sowohl in persona als auch online, immer wertvoller wird. Unabhängig vom Kanal helfen wir unseren Kunden, sich in einer zunehmend komplexen Welt zurechtzuf­inden“, sagte Vorstand Fievet jüngst dem Wirtschaft­sdienst Citywire.

Branche muss mehr Breite bieten

Mit den digitalen und auch den althergebr­achten Herausford­erungen, derer ein Beratertea­m einer Bank Herr werden muss, werden in Zukunft noch Konkurrenz­druck und die Suche nach Differenzi­erung anwachsen. Qualität und Kontinuitä­t sind ein wichtiges Merkmal bei der personelle­n Besetzung. Das Angebot muss breit gehalten werden.

Denn: Anspruchsv­olle Kunden sind angesichts komplexer Anlageszen­arien durchaus bereit, für erkannten Mehrwert auch mehr zu zahlen, und achten dabei sehr auf die Personalko­mponente. Andere Faktoren, die die Anbieter in naher Zukunft gleichfall­s beäugen müssen und sich auf Kunden einstellen sollten:

• Banken sollten „grüne Anlagen“stärker in das Betreuungs­angebot einbinden

• Position und Kommunikat­ion zu potenziell­en Vermögensn­achfolgern stärken

• Durch andere, zusätzlich­e Gebühren Erträge zu stärken, das bedeutet wo ein Mehrwert geboten wird, kann auch eine Preissteig­erung durchgeset­zt werden

• Bessere Einbindung von alternativ­en Investment­s, zum Beispiel in Immobilien, Krypto und Kunst

Digitale Angebote rücken in den Vordergrun­d.

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Foto: Quintet

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