Miami Beach: Die Hoffnung schwindet
Washington. Fast 24 Stunden nach dem Kollaps des Champlain Towers South nahe Miami Beach klingelte bei Jake Samuelson das Telefon. Nicht nur ein Mal, sondern immer wieder von derselben Nummer. In seiner Anzeige tauchte dann die Nummer des Festnetzanschlusses der Großeltern auf. Wenn Jake abhob, hörte er nichts anderes als statische Geräusche. Er meldete die mysteriösen Anrufe der Polizei, in der Hoffnung, dies könnten Lebenszeichen der Vermissten unter den Trümmern des Gebäudes sein.
Jake erzählt Reportern am Unglücksort, seine Familie hoffe auf und bete für ein Wunder. In einem für die Angehörigen eingerichteten Wiedervereinigungs-Zentrum im nahen Grand Beach Hotel klammern sich Familien und Freunde fünf Tage nach dem spektakulären Kollaps des Hochhauses an Strohhalme, wie diese. Doch die bittere Realität ist, dass es in dem Luxus-Hotel seit Tagen keine Wiedervereinigung mehr gegeben hat.
Von mehr als 150 Menschen aus dem Süd-Komplex der vor 40 Jahren erbauten Champlain-Towers fehlt bisher jede Spur, obwohl mehr als 300 Rettungsteams fieberhaft rund um die Uhr nach Überlebenden suchen. Experten wie Chuck Ruddell, der nach dem 11. September 2001 in New York mithalf, sagen, die Verantwortlichen stünden in absehbarer Zeit vor einer schwierigen Entscheidung: Die Such- und Rettungsarbeiten einzustellen und mit der Bergung der Opfer zu beginnen. Die Bewohner des benachbarten Champlain Tower North erhielten von der Katastrophenschutz-Organisation FEMA das Angebot in Übergangsbleiben zu ziehen, falls sie sich in dem Nachbargebäude nicht sicher fühlten. Mit Nachdruck versucht die Gemeinde Surfside die Unglücksursache herauszufinden. Sie beauftragte den Experten Allyn Kilsheimer mit der Ursachensuche, der bei den Terroranschlägen von Oklahoma 1995 und auf den World Trade Center 1993 die betroffenen Gebäude untersuchte.
Eine Gedenktafel erinnert an die Opfer der Tragödie.
Erste Theorien konzentrieren sich auf Probleme im Fundament oder den unteren Etagen des Hochhauses. Sie gehen auch Hinweisen auf eine plötzliche Öffnung der Erde und Beschwerden über ein zu nah errichtetes Nachbarhochhaus nach, bei dessen Arbeiten Anwohner über Erschütterungen klagten. Kilsheimer weiß aus Erfahrung, dass bei Unglücken wie diesem meist verschiedene Dinge zur selben Zeit schieflaufen. Er und andere Experten bräuchten Zugang zum Unglücksort selbst. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es aber noch andere Prioritäten. tsp