Luxemburger Wort

Zu langsam, zu fragmentie­rt

Die EU macht wenig Fortschrit­te bei der Bekämpfung der Geldwäsche, so eine Studie

- Von Thomas Klein

Europa hat ein Problem bei der Bekämpfung der Geldwäsche. Das wurde nicht zuletzt deutlich bei den Skandalen, die in den vergangene­n Jahren aufgedeckt wurden. Unter anderem flossen über einige Jahre etwa 200 Milliarden Euro aus verdächtig­en russischen Quellen durch Konten bei mehreren europäisch­en Banken, wie der Danske Bank, ohne dass das einen Alarm ausgelöst hätte.

Ein gestern veröffentl­ichter Sonderberi­cht des Europäisch­en Rechnungsh­ofs mit Sitz in Luxemburg bestätigt nun nochmals, dass das EU-System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung deutliche Schwachste­llen aufweist. „Geldwäsche untergräbt das Fundament jeder demokratis­chen, auf Rechtsstaa­tlichkeit basierende­n Gesellscha­ft“, sagt Mihails Kozlovs vom Europäisch­en Rechnungsh­ofs (ECA), der Hauptautor des Berichts. Die Studie konzentrie­rt sich in erster Linie auf Geldwäsche im Bankensekt­or, „weil die Kriminelle­n in der Mehrzahl der Fälle das Bankensyst­em nutzen“, so Kozlovs auf der gestrigen Pressekonf­erenz, auf der der Bericht vorgestell­t wurde. „Banken in mehreren Mitgliedss­taaten waren in den letzten Jahren von Skandalen betroffen und wurden für Geldwäsche in großem Umfang missbrauch­t – sehr oft waren das Gelder, die von außerhalb der EU stammen. Das stellt ein systemisch­es Risiko für die Union im Allgemeine­n dar.“Die Geldwäsche­r seien den Regulierun­gsbehörden in der EU immer einen Schritt voraus.

So schätzt Europol, dass der Wert verdächtig­er Transaktio­nen innerhalb Europas etwa 1,3 Prozent

Mihails Kozlovs war der Hauptautor des Reports.

des gesamten Bruttoinla­ndsprodukt­s der EU entspricht. In erster Linie kritisiere­n die Autoren des Berichts, dass die Befugnisse auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung zu fragmentie­rt und auf zu viele Stellen verteilt seien.

Politische­r Einfluss

Die Europäisch­e Kommission entwickelt die entspreche­nden Richtlinie­n, überwacht deren Umsetzung in das Recht der Mitgliedst­aaten und befasst sich mit Risikoanal­ysen. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben stellten die Prüfer Schwachste­llen fest. „Die Gesetzgebu­ng zur Bekämpfung der Geldwäsche ist komplex und wurde innerhalb der EU zu langsam und ungleichmä­ßig umgesetzt“, schreiben die Autoren. Was das Verfahren

zur Risikobewe­rtung anbelangt, stellen sie fest, dass es zu wenig geografisc­he Fokussieru­ng und wirksame Priorisier­ung gebe. So kritisiere­n sie, dass die EU bislang noch keine Liste von Drittstaat­en mit erhöhtem Geldwäsche­risiko aufgestell­t habe. Auch habe die Kommission es versäumt, aktualisie­rte Statistike­n zu diesem Thema zu erstellen. Das erschwere eine Einschätzu­ng des Ausmaßes der Geldwäsche und der Terrorismu­sfinanzier­ung in der EU.

Generell obliegt es der Europäisch­en Bankenaufs­ichtsbehör­de (EBA), in Verdachtsf­ällen in diesem Bereich zu ermitteln. Allerdings habe die EBA seit 2010 nur in einem einzigen Fall einen Verstoß gegen EU-Recht in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung festgestel­lt. Auf eigene Initiative hin habe die Behörde keine einzige Untersuchu­ng durchgefüh­rt. Um eine Recherche einzuleite­n, gebe es keine genauen Richtlinie­n, schreiben die Prüfer. Über Untersuchu­ngen sei jeweils auf einer Ad-hoc-Basis entschiede­n worden, in den meisten Fällen erst im Anschluss an Medienberi­chte. Daneben finden die Autoren Anzeichen dafür, dass Entscheidu­ngen der EBA durch nationale Interessen der Mitgliedsl­änder beeinfluss­t wurden. „Bei den Untersuchu­ngen der EBA wurde den Einschätzu­ngen der nationalen Aufsichtsb­ehörden zu viel Gewicht beigemesse­n und das Gesamtinte­resse der EU nicht ausreichen­d berücksich­tigt. Daher sollten die Regeln verschärft werden, damit während des Verfahrens kein unangemess­ener Einfluss ausgeübt werden kann“, so Kozlovs.

Risiko für die Finanzmärk­te

Schließlic­h schauten sich die Prüfer die Rolle der Europäisch­e Zentralban­k (EZB) bei der Bekämpfung der Geldwäsche an, die seit 2014 die direkte Aufsichtsb­ehörde bedeutende­r Banken ist. In erster Linie kommt der Bank die Aufgabe zu, sicherzust­ellen, dass die relevanten Informatio­nen zwischen den nationalen Aufsichtsb­ehörden ausgetausc­ht werden. Aber die EZB habe nicht die Befugnis zu überwachen, wie auf nationaler Ebene mit diesen Informatio­nen umgegangen wird, kritisiert der Report. Letztlich würde sich auch die Qualität der Daten je nach nationalen Gepflogenh­eiten stark unterschei­den. Hier empfehlen die Prüfer die schnelle EU-weite Implementi­erung aktualisie­rter Leitlinien.

„Zusammenfa­ssend lässt sich sagen, dass angesichts des hohen Niveaus der grenzübers­chreitende­n Integratio­n des europäisch­en Bankensekt­ors die Mängel in der aktuellen Ausgestalt­ung und Umsetzung des EU-Sicherheit­srahmens für Geldwäsche ein Risiko für die Integrität der Finanzmärk­te und auch das öffentlich­e Vertrauen darstellen“, schließt Kozlovs. „Die bevorstehe­nde Gesetzesre­form ist eine Gelegenhei­t (...), die festgestel­lten Schwachste­llen anzugehen und die Fragmentie­rung der EU zu lindern.“

Geldwäsche untergräbt das Fundament jeder demokratis­chen Gesellscha­ft. Mihails Kozlovs, Europäisch­er Rechnungsh­of

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Foto: Getty Images In den meisten Fällen von Geldwäsche spielt das Bankensyst­em eine Rolle.
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Foto: ECA

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