Zu langsam, zu fragmentiert
Die EU macht wenig Fortschritte bei der Bekämpfung der Geldwäsche, so eine Studie
Europa hat ein Problem bei der Bekämpfung der Geldwäsche. Das wurde nicht zuletzt deutlich bei den Skandalen, die in den vergangenen Jahren aufgedeckt wurden. Unter anderem flossen über einige Jahre etwa 200 Milliarden Euro aus verdächtigen russischen Quellen durch Konten bei mehreren europäischen Banken, wie der Danske Bank, ohne dass das einen Alarm ausgelöst hätte.
Ein gestern veröffentlichter Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs mit Sitz in Luxemburg bestätigt nun nochmals, dass das EU-System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung deutliche Schwachstellen aufweist. „Geldwäsche untergräbt das Fundament jeder demokratischen, auf Rechtsstaatlichkeit basierenden Gesellschaft“, sagt Mihails Kozlovs vom Europäischen Rechnungshofs (ECA), der Hauptautor des Berichts. Die Studie konzentriert sich in erster Linie auf Geldwäsche im Bankensektor, „weil die Kriminellen in der Mehrzahl der Fälle das Bankensystem nutzen“, so Kozlovs auf der gestrigen Pressekonferenz, auf der der Bericht vorgestellt wurde. „Banken in mehreren Mitgliedsstaaten waren in den letzten Jahren von Skandalen betroffen und wurden für Geldwäsche in großem Umfang missbraucht – sehr oft waren das Gelder, die von außerhalb der EU stammen. Das stellt ein systemisches Risiko für die Union im Allgemeinen dar.“Die Geldwäscher seien den Regulierungsbehörden in der EU immer einen Schritt voraus.
So schätzt Europol, dass der Wert verdächtiger Transaktionen innerhalb Europas etwa 1,3 Prozent
Mihails Kozlovs war der Hauptautor des Reports.
des gesamten Bruttoinlandsprodukts der EU entspricht. In erster Linie kritisieren die Autoren des Berichts, dass die Befugnisse auf EU-Ebene zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu fragmentiert und auf zu viele Stellen verteilt seien.
Politischer Einfluss
Die Europäische Kommission entwickelt die entsprechenden Richtlinien, überwacht deren Umsetzung in das Recht der Mitgliedstaaten und befasst sich mit Risikoanalysen. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben stellten die Prüfer Schwachstellen fest. „Die Gesetzgebung zur Bekämpfung der Geldwäsche ist komplex und wurde innerhalb der EU zu langsam und ungleichmäßig umgesetzt“, schreiben die Autoren. Was das Verfahren
zur Risikobewertung anbelangt, stellen sie fest, dass es zu wenig geografische Fokussierung und wirksame Priorisierung gebe. So kritisieren sie, dass die EU bislang noch keine Liste von Drittstaaten mit erhöhtem Geldwäscherisiko aufgestellt habe. Auch habe die Kommission es versäumt, aktualisierte Statistiken zu diesem Thema zu erstellen. Das erschwere eine Einschätzung des Ausmaßes der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der EU.
Generell obliegt es der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), in Verdachtsfällen in diesem Bereich zu ermitteln. Allerdings habe die EBA seit 2010 nur in einem einzigen Fall einen Verstoß gegen EU-Recht in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung festgestellt. Auf eigene Initiative hin habe die Behörde keine einzige Untersuchung durchgeführt. Um eine Recherche einzuleiten, gebe es keine genauen Richtlinien, schreiben die Prüfer. Über Untersuchungen sei jeweils auf einer Ad-hoc-Basis entschieden worden, in den meisten Fällen erst im Anschluss an Medienberichte. Daneben finden die Autoren Anzeichen dafür, dass Entscheidungen der EBA durch nationale Interessen der Mitgliedsländer beeinflusst wurden. „Bei den Untersuchungen der EBA wurde den Einschätzungen der nationalen Aufsichtsbehörden zu viel Gewicht beigemessen und das Gesamtinteresse der EU nicht ausreichend berücksichtigt. Daher sollten die Regeln verschärft werden, damit während des Verfahrens kein unangemessener Einfluss ausgeübt werden kann“, so Kozlovs.
Risiko für die Finanzmärkte
Schließlich schauten sich die Prüfer die Rolle der Europäische Zentralbank (EZB) bei der Bekämpfung der Geldwäsche an, die seit 2014 die direkte Aufsichtsbehörde bedeutender Banken ist. In erster Linie kommt der Bank die Aufgabe zu, sicherzustellen, dass die relevanten Informationen zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden ausgetauscht werden. Aber die EZB habe nicht die Befugnis zu überwachen, wie auf nationaler Ebene mit diesen Informationen umgegangen wird, kritisiert der Report. Letztlich würde sich auch die Qualität der Daten je nach nationalen Gepflogenheiten stark unterscheiden. Hier empfehlen die Prüfer die schnelle EU-weite Implementierung aktualisierter Leitlinien.
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass angesichts des hohen Niveaus der grenzüberschreitenden Integration des europäischen Bankensektors die Mängel in der aktuellen Ausgestaltung und Umsetzung des EU-Sicherheitsrahmens für Geldwäsche ein Risiko für die Integrität der Finanzmärkte und auch das öffentliche Vertrauen darstellen“, schließt Kozlovs. „Die bevorstehende Gesetzesreform ist eine Gelegenheit (...), die festgestellten Schwachstellen anzugehen und die Fragmentierung der EU zu lindern.“
Geldwäsche untergräbt das Fundament jeder demokratischen Gesellschaft. Mihails Kozlovs, Europäischer Rechnungshof