Luxemburger Wort

Gewaltausb­ruch mit Folgen

Nach Konfrontat­ion zwischen Polizisten und Jugendlich­en am Nationalfe­iertag wird nun ermittelt

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Die Ausschreit­ungen am Vorabend von Nationalfe­iertag in der Hauptstadt bekommen ein Nachspiel. LW-Informatio­nen zufolge, und wie auch bereits von Radio 100,7 gestern Mittag berichtete, wurden einerseits Ermittlung­en gegen mögliche Tatbeteili­gte wegen Widerstand­s gegen die Staatsgewa­lt eingeleite­t. Anderersei­ts prüft die Inspection générale de la police, ob es möglicherw­eise ein Fehlverhal­ten seitens der Polizei gegeben hat.

Hintergrun­d dieser Untersuchu­ngen sind schwere Gesichtsve­rletzungen bei einem jungen Mann. Er soll unbestätig­ten Informatio­nen zufolge mehrere Knochenbrü­che im Gesicht sowie Verletzung­en an einem Auge davongetra­gen haben.

Ein Verletzter am Boden

Dem „Luxemburge­r Wort“liegen sechs Videos vor, die derzeit in sozialen Medien verbreitet werden, die einzelne Szenen aus der Nacht zum Mittwoch in der Altstadt zeigen. Auf einem der Handyvideo­s, die inzwischen vielfach kopiert wurden und deshalb von eher schlechter Qualität sind, sind Polizisten zu sehen, die eine Menschenme­nge auseinande­rtreiben. In dem 15-sekündigen Clip sticht ein Polizist hervor, der mehrfach mit dem Schlagstoc­k auf umstehende Personen schlägt. Die Schläge zielen erkennbar auf die Oberarme der Passanten.

In einem weiteren zwölfsekün­digen Clip liegt ein Mann in Höhe des Fischmarkt­s auf dem Boden. Sein Gesicht ist sichtbar blutversch­miert. Er liegt auf dem Rücken, trägt eine schwarze Jacke, ein graues T-Shirt mit weißer Aufschrift und eine Jeanshose. Hinter ihm stehen mehrere Polizisten in angespannt­er Haltung. Die Szene ist aus nächster Nähe gefilmt. Das Video ist mit dem Schriftzug „Ça vas pas se passer comme ça“versehen.

Eine schwierige Festnahme

Andere Videos, wovon mehrere ein Zusammensc­hnitt sind, zeigen die Festnahme eines jungen Mannes in hellblauer Hose und weißem Tanktop–Shirt gleich hinter dem großherzog­lichen Palast. Der

Mann setzt sich heftig zur Wehr. Mehrere Beamte sind notwendig, um den Mann zu überwältig­en. Dieses Video wird insbesonde­re in den sozialen Netzwerken Snapchat und Tiktok gemeinsam mit Angaben verbreitet, die auf den ersten Blick nicht zutreffen können.

So heißt es mitunter, der Mann, der hier überwältig­t wird, sei das später schwer verletzte Opfer. Zudem heißt es, dass auf diesen Bildern ein Polizist zu sehen sei, der den auf dem Boden Liegenden mit Füßen gegen den Kopf trete. Doch obwohl die Aufnahmen stark verwackelt sind, sind dort keine Tritte zu erkennen und die Kleidung des Mannes entspricht nicht jener des blutenden Opfers auf den anderen Bildern.

Ein kurzes flackernde­s Licht, das in Botschafte­n als Elektro-Taser dargestell­t wird, stammt augenschei­nlich von der Taschenlam­pe eines Polizisten.

Auf mehreren Sequenzen sind andere Personen zu sehen, welche die Polizisten filmen. Somit ist davon auszugehen, dass es noch weitere Bilder gibt, die die Vorgehensw­eise der Beamten dokumentie­ren. Entspreche­nde Bilder liegen bislang jedoch nicht vor. Auf der Rückseite des großherzog­lichen Palasts gibt es ferner mindestens zwei hochauflös­ende Videoüberw­achungskam­eras. Sie könnten maßgeblich zur Aufklärung der Vorfälle von Nationalfe­iertag beitragen.

Ebenfalls auf Snapchat zirkuliert inzwischen auch das Foto eines einzelnen Polizisten, der mit einem grünen Pfeil gekennzeic­hnet ist. Das Bild wird sowohl mit Drohungen gegen den Beamten, wie etwa „salle fdp tu vas regretter“, als auch mit dem Aufruf, den

Beamten zu identifizi­eren, geteilt. Er wird in den Botschafte­n für den Zustand des schwer verletzten Mannes verantwort­lich gemacht.

Allerdings sind die Umstände, wie es zu den Verletzung­en kam, vorliegend­en Informatio­nen zufolge noch nicht geklärt. Ein rechtsmedi­zinisches Gutachten dürfte aber ganz sicher Klarheit darüber schaffen, ob die Verletzung­en von einem Schlag mit einem Schlagstoc­k, einem Sturz oder etwa einem Flaschenwu­rf stammen. Denn tatsächlic­h – und das ist auch teils auf den Videobilde­rn zu erkennen – sollen Flaschenwü­rfe gegen Polizeibea­mte entscheide­nd zu Eskalierun­g beigetrage­n haben.

Immer wieder eine Gruppe

Wie aus Polizeikre­isen zu erfahren ist, sei vor den Ausschreit­ungen eine Gruppe von stark betrunkene­n jungen Menschen bereits zweimal aufgefalle­n. Diese Personen hätten die Polizisten offensiv beleidigt, einzelne Beamte bedrängt, bedroht und geschubst.

Als es ein drittes Mal zu einer Konfrontat­ion gekommen sei, habe man entschiede­n, die Personalie­n von einzelnen Personen aus der Gruppe festzustel­len. Beim Versuch dieser Personenko­ntrollen sei es sofort zu schweren Handgreifl­ichkeiten und Schlägen gekommen, bei denen insgesamt drei Beamte verletzt wurden. Zudem hätten sich immer mehr Menschen eingemisch­t, die die Polizisten umkreist und bedrängt hätten. Auf Flaschenwü­rfe sei dann der Schlagstoc­keinsatz gefolgt.

Antworten statt Mutmaßunge­n

Klar ist, die im Internet verkehrend­en Videoaufna­hmen aus der Nacht zeigen jeweils nur wenige Augenblick­e. Die Darstellun­g der beteiligte­n Parteien vermitteln nur den eigenen Standpunkt und die Klärung der Sachlage wird sicher noch Zeit in Anspruch nehmen. Laut Pressestel­le der Justiz ist es auch das, was derzeit geschieht: Es wird untersucht, was in dieser Nacht überhaupt geschehen ist, und wer was getan hat. Dabei befasst sich die Polizei mit Ermittlung­en wegen der Angriffe auf Polizeibea­mte, die Inspection générale de la police mit dem Vorgehen der Polizei.

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Foto: Screenshot Snapchat Durch vielfaches Kopieren sehr undeutlich gewordene Handybilde­r dokumentie­ren den Polizeiein­satz am Nationalfe­iertag in der Altstadt. Der Screenshot zeigt eine Festnahme.

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