Merkel und Johnson beschwören Neuanfang
Die Bundeskanzlerin und der britische Premier wollen ein neues Kapitel aufschlagen, aber die Differenzen bleiben
Chequers/Windsor. Freundliche Worte ja, Herzlichkeit weniger: Bei einem Treffen auf dem Landsitz der britischen Regierung Chequers haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Premierminister Boris Johnson einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen ihren Ländern vereinbart. Dazu sollen ein Kooperationsvertrag und regelmäßige Regierungskonsultationen beitragen, wie Merkel und Johnson am Freitag bei einer Pressekonferenz mitteilten. Bei weiteren Themen war die Einigkeit zwischen den beiden Regierungschefs hingegen weniger ausgeprägt. Und auch auf persönlicher Ebene scheinen die beiden einfach nicht so recht warm miteinander zu werden. Zeugnisse müsse man sich nicht gegenseitig ausstellen, so Merkel zu ihrem Verhältnis mit Johnson.
Ganz anders war die Stimmung hingegen auf Schloss Windsor. Dorthin reiste Merkel im Anschluss an das Treffen mit Johnson
zu einer Audienz mit Queen Elizabeth II.. Die Königin empfing sie im grüngeblümten Kleid und mit breitem Lächeln. Auch Merkel wirkte entspannt und lächelte. In Corona-Zeiten ist eine persönliche Audienz bei der Queen eine Seltenheit und damit eine große Ehre für die scheidende Kanzlerin.
Bislang hat die Monarchin ihre Audienzen während der Pandemie meist virtuell abgehalten.
Merkel sagte dem britischen Premier zuvor zu, die strikten Einreisebeschränkungen für Großbritannien wegen der Verbreitung der Delta-Variante des Corona-Virus bald zu lockern. Sie gehe davon aus, dass das Land „in wirklich absehbarer Zeit“vom Virusvariantengebiet zum Hochinzidenzgebiet heruntergestuft werde.
Besorgt zeigte sie sich allerdings über die geplante Austragung der Halbfinalspiele und des Finales der Fußball-Europameisterschaft im Londoner WembleyStadion vor bis zu 60 000 Zuschauern. Sie verwies darauf, dass bei den Spielen in München deutlich weniger Zuschauer zugelassen worden seien. Johnson wies hingegen auf die weit fortgeschrittene Corona-Impfkampagne in Großbritannien hin. „Der entscheidende Punkt ist, dass wir hier im Vereinigten Königreich eine beträchtliche Mauer aufgebaut haben durch das Impfprogramm“, sagte er.
Großbritannien verzeichnet derzeit die höchste Zahl an Corona-Neuinfektionen in Europa und ist von Deutschland derzeit als einziges europäisches Land neben Portugal als Virusvariantengebiet eingestuft. dpa