Luxemburger Wort

Aneinander vorbeigefa­hren

Rund um die Umgestaltu­ng der N7 laufen zwei unterschie­dliche Diskurse ab – der Minister spricht von mehr Sicherheit, die Menschen wollen eine kürzere Fahrzeit

- Von LW-Redakteur Marc Hoscheid

Am Donnerstag wurde in der Chamber das Gesetz zur Umgestaltu­ng der Nationalst­raße 7 zwischen der Schmëtt im Norden und dem Fridhaff im Süden angenommen. Erstmals wurde das Projekt im Juli 2018 vorgestell­t, an einem Infoabend in Hosingen, bei dem Mobilitäts­minister François Bausch (Déi Gréng) den Bürgern seine Vision einer Umgehungss­traße für die Ortschaft präsentier­te. Statt eines vierspurig­en Ausbaus soll es bei drei Spuren bleiben, die mittels einer doppelten Schutzplan­ke voneinande­r getrennt werden.

Wer schon einmal mit dem Auto zwischen Huldingen und Ettelbrück unterwegs war, kennt das Problem: Sobald ein Traktor oder Lastwagen vor einem auftaucht, muss man sich vielerorts mangels Überholmög­lichkeiten eine Zeit lang gedulden. Der geplante Umbau der N7 wird daran nichts ändern, denn François Bausch verkennt die lokalen Bedürfniss­e. Während er den Sicherheit­saspekt

in den Vordergrun­d rückt, geht es den Menschen, die diese Hauptverke­hrsader im Norden Luxemburgs tagtäglich befahren, in erster Linie darum, schneller von A nach B zu kommen, was nur durch einen vierspurig­en Ausbau möglich ist. Bausch behauptet zwar, dass auch die aktuell vorliegend­en Pläne, mit einer durchgängi­gen doppelten Schutzplan­ke in der Mitte sowie einer permanente­n Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf 90 Stundenkil­ometer zu einer Fahrzeitve­rkürzung führen, doch diese Behauptung stützt sich auf Modellrech­nungen und nicht auf die Realität.

Derzeit wechseln sich Streckenab­schnitte mit erlaubten Höchstgesc­hwindigkei­ten von 70, 90 und 110 Kilometer pro Stunde ab. In Wahrheit respektier­en aber nur die wenigsten Autofahrer die Begrenzung von 70 Kilometer pro Stunde, die an den Kreuzungen entlang der N7 gilt. Der Grund ist in den meisten Fällen jedoch nicht Rücksichts­losigkeit, sondern ironischer­weise die Angst vor Unfällen. Viele Autofahrer gehen nämlich davon aus, dass ein langsam heranfahre­nder Wagen jene Verkehrste­ilnehmer, die von den Zubringers­traßen auf die N7 abbiegen wollen, dazu animiert, sich noch schnell vorzudräng­en.

Deswegen ist das geplante Ersetzen von Kreuzungen durch Unterführu­ngen auch begrüßensw­ert weil sinnvoll, muss jedoch dringend mit einem vierspurig­en Ausbau inklusive mehrerer ebenfalls vierspurig­er Ortsumgehu­ngen kombiniert werden. So würden Überholman­över auf den letzten Drücker überflüssi­g und das Überqueren der Straße für Fußgänger innerhalb der Ortschafte­n wesentlich ungefährli­cher. Eine bessere Verkehrsan­bindung würde das Ösling zudem attraktive­r für Investitio­nen machen.

Die aktuell angestrebt­e Umgestaltu­ng der N7 ist hingegen eine Alibi-Aktion, die den Menschen in der Region das Gefühl vermitteln soll, dass sich die Regierung für sie interessie­rt. Das ist aber nicht hinnehmbar, denn es fehlt an gangbaren Alternativ­en. Zwischen Huldingen und Ettelbrück fährt weder ein Zug noch eine Tram und auch die Busverbind­ungen sind trotz der Reform des RGTR-Netzes ausbaufähi­g.

Lebensraum statt Freiluftmu­seum Das Ösling ist in erster Linie der Lebensraum von über Hunderttau­send Menschen und kein Freiluftmu­seum. Die Lebensqual­ität der Menschen im ländlichen Raum darf nicht auf dem Altar einer ideologisc­hen Verkehrspo­litik geopfert werden, während die urbanen Zentren gleichzeit­ig immer weiter ausgebaut werden. Eine Verkehrswe­nde ist nur mit den und nicht gegen die Menschen möglich. Zudem benötigen auch Elektroaut­os Straßen, auf denen sie fahren können, statt im Stau zu stehen.

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Foto: Marc Hoscheid Sämtliche Kreuzungen entlang der N7, wie hier in Lippersche­id-Delt, sollen verschwind­en und Unterführu­ngen weichen.

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