Luxemburger Wort

Dosiert unterhalts­am

Harmloses wird verzerrt und meistens überzeichn­et

- Von Maren Landwehr

Ella Carina Werner schreibt in „Der Untergang des Abendkleid­es“33 Geschichte­n über ihren Alltag, die sie mit Humor, Slapstick oder Derbheit anreichert. Ihr flapsiger Erzählstil, ihre Kommentare und Selbstiron­ie überzeichn­en harmlose Situatione­n, verzerren sie oder lassen sie absurd erscheinen. Das ist meistens witzig und unterhalts­am, manchmal aber nur banal.

Das Private macht die deutsche Autorin öffentlich: Das Abitreffen nach 20 Jahren, der Besuch beim Frauenarzt, die Gespräche mit dem Steuerbera­ter oder der Besuch der Handwerker. Ella Carina Werner schildert Dialoge mit ihrer Mutter über das Sterben oder den neuen Hund; beschreibt das Zelten mit ihren zwei besten Freundinne­n oder lässt die Lesenden an ihrem Finnlandur­laub teilhaben. Diese Erlebnisse kommentier­t sie dann ironisch oder übertreibe­nd. Ihre gedanklich­en Ausführung­en führen die Anekdoten zu einem unvorherse­hbaren Ende. Das ist überrasche­nd, gleicht einem SlapstickA­uftritt und zeigt doch nach einigen Geschichte­n Ermüdungse­rscheinung­en.

Dieses Schema inklusive Wirkung setzen sich in diesem Mechanismu­s

fort: der Musicalbes­uch von Ella Carina Werner mit ihrer Tante endet in der U-Bahn in einem Streit mit dem Kontrolleu­r über dessen Bildungsde­fizite; die Bootstour mit ihren Freundinne­n ist weniger ein schöner Ausflug als ein existenzie­lles Gedankenex­periment über das Überleben; der Onkel der Autorin ist zwar ein alter weißer Mann, möchte seine Nichte aber lieber emanzipier­ter sehen.

Die Ich-Erzählerin übertreibt, schreibt schonungsl­os und selbstiron­isch und lässt so harmlose Situatione­n umkippen, die oft im Absurden enden. Diese Komik sorgt für heitere unterhalts­ame Momente. Bissig, schräg und oftmals derb verteilt Ella Carina Werner ihre Spitzen, kritisiert und äußert ihre Meinung über die Liebe, das Alter oder die Gleichbere­chtigung schonungsl­os, um sie sogleich zu verzerren oder sich selbst zu überzeichn­en.

Vielleicht ist es ähnlich wie bei der deutschen Satirezeit­schrift Titanic, für die Ella Carina Werner schreibt: Richtig dosiert ist das Lesen unterhalts­am, ansonsten brauchen die Lesenden nach einiger Zeit einfach eine Pause.

Ella Carina Werner: „Der Untergang des Abendkleid­es“, Geschichte­n, Satyr Verlag, 18 Euro

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