„Nicht zu den Quoten zurück“
Vor zehn Jahren wird Fair Mëllech gegründet
Ettelbrück. Eigentlich hätten die Initiatoren gerne auf den runden Geburtstag verzichtet, aber gefeiert wird er trotzdem: Es ist zehn Jahre her, dass die Initiative Fair Mëllech ins Leben gerufen wurde. Diese setzt sich seitdem für einen Milchpreis ein, der den betroffenen Bauern ein gerechtes Einkommen garantiert. Im Interview an ihrem Stand auf der Foire agricole erklärt Präsidentin Danielle Warmerdam-Frantz, warum die Initiative noch immer ihre Daseinsberechtigung hat und die Corona-Pandemie sogar einen positiven Effekt auf den Konsum einiger Milchprodukte hatte.
Danielle Warmerdam-Frantz, warum braucht es Ihre Vereinigung zehn Jahre nach der Gründung immer noch?
Weil der Preis noch immer nicht fair ist. Er ist zwar besser geworden, aber auch die Produktionskosten sind gestiegen. Wir haben in den Jahren 2019 und 2020 eine Studie in Auftrag gegeben, die gezeigt hat, dass die Kosten bei 42 Cent pro Liter Milch liegen. Wir erhalten überdies seit drei Monaten 35 Cent pro Liter, wobei keine Tendenz nach oben erkennbar ist.
Das heißt 42 Cent pro Liter Milch wäre eigentlich das Minimum?
Ja, dann wäre zumindest die Arbeit bezahlt. Mit 35 Cent kann der Bauer zwar seine Rechnungen bezahlen, aber um Investitionen tätigen zu können, muss er Geld leihen. Man verhungert nicht, aber kann sich nicht den in Luxemburg gängigen Lebensstandard leisten.
Plädieren Sie für eine Rückkehr zu den Milchquoten?
Zurück zu den Quoten wie sie früher waren, wollen wir sicher nicht. Wir plädieren stattdessen für eine flexible Lösung. Wenn mehr produziert wird, aber der Konsum nicht steigt, sollten die Bauern gewarnt werden. Es geht lediglich nur um ein bis drei Prozent, niemand muss die Hälfte seiner Kühe abschaffen. Man müsste nur an gewissen Stellschrauben drehen. Wichtig wäre vor allem, dass wenn einige Bauern ihre Produktion freiwillig zurückfahren, es bei den anderen eine Deckelung gibt. Diese Deckelung scheint aber leider in der neuen Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) nicht vorgesehen zu sein.
Der Milchpreis ist aus der medialen Debatte weitestgehend verschwunden, stattdessen steht aktuell der niedrige Preis des Schweinefleischs im Fokus. Bedauern Sie es, dass Themen immer wieder hochgespielt und anschließend fallengelassen werden?
Ja, den Schweinebauern geht es sicherlich noch schlechter. Es ist schade, aber so funktionieren die Medien nun einmal. Man kann nicht immer dasselbe wiederholen, weil es die Menschen sonst langweilt. Wir bleiben aber dran und informieren die Konsumenten in den Supermärkten weiterhin darüber, dass wir auf den Verkauf der Milch angewiesen sind. Man muss auch präzisieren, dass unsere Mitglieder nur zehn Prozent für die Milch erhalten, die tatsächlich verkauft wird.
Wie hoch ist der Anteil von Biobauern in Ihrer Initiative?
Wir haben keinen einzigen Biobauern, versuchen aber dennoch so nachhaltig wie möglich zu produzieren. Wir lassen uns mit Blick auf die CO2-Bilanz von Convis (eine Tierzuchtorganisation, Anm. d. Red.) beraten. Das hilft sowohl der Natur als auch dem Portemonnaie des jeweiligen Bauern.
Wenn einige Bauern ihre Produktion freiwillig zurückfahren, braucht es eine Deckelung bei den anderen.
Aber Biobauer zu sein, ist kein Ausschlusskriterium, oder?
Nein, wir sind für jeden Bauern offen. Man muss nur damit einverstanden sein, dass regelmäßig Energie- und Nährstoffbilanzen angefertigt und diese Daten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus muss man pro Jahr für zwölf Stunden Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stehen, sei es auf einer Landwirtschaftsausstellung wie hier in Ettelbrück oder in einem Supermarkt.
Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt, gibt es neben den negativen auch positive Auswirkungen?
Für uns war positiv, dass die Menschen gehamstert haben, beispielsweise H-Milch. In diesem Bereich kommen wir mit der Produktion nicht hinterher. Negativ war in erster Linie, dass wir nicht in den Geschäften präsent sein konnten. Der direkte Kontakt mit dem Kunden ist nämlich unsere erste Werbemaßnahme. Wir hatten zudem einen Einbruch bei der Frischmilch, weil wir diese in erster Linie an Kantinen und Maisons relais verkaufen, die während des Lockdowns geschlossen waren. Wir haben aber insgesamt mehr verkauft als im Vorjahr.