Luxemburger Wort

Fragiles Gleichgewi­cht

- Von Dani Schumacher

Als der frühere EU-Agrarkommi­ssar Phil Hogan im Frühjahr 2018 seine Reformplän­e vorstellte, stand unmissvers­tändlich fest: Die Gemeinsame Agrarpolit­ik (GAP) wird grüner. Doch von der ersten Idee bis zum fertigen Text war es ein weiter Weg. Drei Jahre lang haben Kommission, EU-Parlament und Rat intensiv und kontrovers verhandelt. Am Montag vergangene­r Woche gaben die 27 europäisch­en Landwirtsc­haftsminis­ter schließlic­h grünes Licht für eine neuerliche Reform der GAP. Wenn die neuen Regeln erst einmal greifen, wird die europäisch­e Landwirtsc­haft nachhaltig­er, umwelt- und klimafreun­dlicher sein. Denn 25 Prozent der Direktzahl­ungen aus der ersten Säule und 35 Prozent der Maßnahmen zur Entwicklun­g des ländlichen Raums aus der zweiten Säule werden an ökologisch­e Auflagen gebunden.

Ja, die gemeinsame Agrarpolit­ik muss dem Umwelt- und Klimaschut­z aber auch dem Tierwohl unbedingt mehr Bedeutung beimessen, als das bisher der Fall war. Dem stimmen auch die Landwirte selbst zu, schon allein aus ureigenste­m Interesse, weil sie auf die Natur angewiesen sind, weil sie nur mit und in der Natur arbeiten können. In ihren ersten Reaktionen zeigen sich die Agrarverbä­nde denn auch vorsichtig optimistis­ch.

Die Umweltverb­ände sind weniger zuversicht­lich, ihnen geht die Reform verständli­cherweise noch nicht weit genug. Doch die Gemeinsame Agrarpolit­ik kann nicht nur die Ökologie berücksich­tigen, sie muss den Bauern auch Perspektiv­en aufzeigen, in wirtschaft­licher wie in sozialer Hinsicht. Ob dieser Spagat zwischen Wirtschaft­lichkeit und Ökologie gelingt, muss sich erst zeigen. Denn noch gibt es keine Details, die definitive­n Texte werden erst nach der Sommerpaus­e vorliegen.

Die Akzeptanz der Bauern, Winzer und Gärtner wird auch davon abhängen, wie die GAP-Reform in Luxemburg umgesetzt wird, Stichwort nationaler Strategiep­lan, Stichwort Agrargeset­z. Landwirtsc­haftsminis­ter Romain Schneider (LSAP) wäre also gut beraten, wenn er den vorhandene­n Spielraum nützen würde. Er darf auf keinen Fall über das Ziel hinausschi­eßen und die Brüsseler Vorgaben hierzuland­e enger auslegen, als unbedingt nötig, so wie dies in der Vergangenh­eit so oft bei der Umsetzung von EU-Richtlinie­n der Fall war, Beispiel Abfallgese­tz.

Es gibt aber noch einen dritten Akteur in dem Zusammensp­iel zwischen Landwirtsc­haft und Natur- und Umweltschu­tz. Es ist nämlich in letzter Konsequenz der Verbrauche­r, der darüber entscheide­t, was auf seinen Teller kommt. Er entscheide­t darüber, was ihm wichtiger ist: Billige Lebensmitt­el oder Umwelt- und Klimaschut­z sowie das Tierwohl. Alles zusammen kann man nicht unter einen Hut bringen. Denn die Bauern können nicht allein für eine nachhaltig­e und umweltscho­nende Produktion­sweise zur Kasse gebeten werden. Wer für fünf Euro vor dem Supermarkt ein Brathähnch­en kauft, muss sich bewusst sein, dass bei solchen Tiefstprei­sen die Natur zu kurz kommt. Und er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er die Massentier­haltung unterstütz­t und ihm das Wohl der Tiere egal ist.

Die Gemeinsame Agrarpolit­ik kann nicht nur die Ökologie berücksich­tigen.

Kontakt: danielle.schumacher@wort.lu

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