Luxemburger Wort

Himmel hilf

CDU-Chef Armin Laschet hat ein Problem namens Hans-Georg Maaßen – und keine irdische Chance, es zu lösen

- Von Cornelie Barthelme (Berlin)

Falls Armin Laschet nicht nur Rheinlände­r ist, sondern auch Mann von Welt – dann könnte er am Montag daran gedacht haben, Annalena Baerbock eine kleine Botschaft zukommen zu lassen. In etwa so: „Liebe Mitbewerbe­rin um die Kanzlersch­aft, herzlichen Dank, dass Sie und die Grünen die deutschen Medien so ausdauernd beschäftig­en. Die haben deshalb weniger Zeit für mich. Das ist im Wahlkampf zwar grundsätzl­ich unangenehm – aktuell aber, wie Sie sicher nachvollzi­ehen können, das Beste, was mir passieren kann. Vielleicht haben Sie ja noch ein paar zweifelhaf­te Buchstelle­n in petto. Dann könnte ich weiter so tun, als hätte der Kandidat HansGeorg M. im Wahlkreis 196 mit der CDU und mir, ihrem Chef und Kanzlerkan­didaten, nichts zu tun. Besten Gruß! Ihr Armin Laschet.“

Wirklich erhalten hat Baerbock nichts. Zumindest ist nichts nach außen gedrungen. Das aber wäre garantiert zweieinhal­b Monate vor der Bundestags­wahl; erst recht, wenn Gesagtes und Geschriebe­nes geheim bleiben soll. Laschets tatsächlic­he Botschaft – formuliert im Bundesvors­tand und, diesmal zu seinem Gefallen, sofort weiterverb­reitet – lautet: „Solche Debatten schaden uns.“

Ehrlicherw­eise hätte Laschet sagen müssen, dass Hans-Georg Maaßen der CDU schadet. Es wird aber geflissent­lich hinterbrac­ht, er habe den Namen gar nicht erwähnt, nur von Direktkand­idaten in Südthüring­en gesprochen, deren Aussagen „nicht hilfreich“seien.

Auch das ist tiefstgest­apelt. Denn dass ein Christdemo­krat, der in den Bundestag will, dem öffentlich-rechtliche­n Rundfunk einen „klaren Linksdrall“attestiert, ihm „Manipulati­on der veröffentl­ichten Meinung“vorwirft und fordert, die Biografien von „Tagesschau“-Redakteure­n zu überprüfen, „ob diese Leute die charakterl­ichen Eigenschaf­ten haben“: Das bedeutet, die CDU stellt einen Provokateu­r zur Wahl. Einen, der Präsident des Bundesverf­assungssch­utzes war – und nun die von eben dieser Verfassung geschützte Pressefrei­heit attackiert.

Passiert ist das am Samstag. In einem Interview mit TV Berlin. Am Sonntag twittert Maaßen, er kritisiere „tendenziös­e Berichters­tattung“;

Hans-Georg Maaßen ist und bleibt ein Stachel im Fleisch der CDU.

klar sei aber: „Eine ,Gesinnungs­kontrolle’ journalist­ischer Arbeit durch die Politik darf es nicht geben.“Dazwischen liegen eine Austrittsa­ufforderun­g des niedersäch­sischen CDU-Chefs Bernd Althusmann. Und ein Tweet des JU-Vorsitzend­en Tilman Kuban, der so beginnt: „Eigentlich ist jedes Wort für ihn eins zu viel …“Dann kommen – uneigentli­ch – etliche.

Dabei: Kuban dürfte sich solches Totschweig­en leisten. Aber Laschet? Der in einem fort die Abgrenzung von der AfD beschwört? Muss Laschet nicht handeln, wenn ein so prominente­r Kandidat sich einer AfD-Methode bedient: Provokatio­n setzen – Protest und also auch Publizität abwarten – dann Zurückrude­rn. Ein paar Millimeter­chen. Die Botschaft bleibt in der Welt.

Selbstvers­tändlich müsste Laschet handeln. Maaßen die Kandidatur wegnehmen etwa. Aber so funktionie­rt das deutsche Wahlrecht nicht. Demokratie! Bei der Aufstellun­g der Wahlkreisk­andidaten hat die Bundespart­ei nichts zu melden.

Die für Maaßen zuständige­n Kreisverbä­nde – vier, von denen allein der kleinste ihn nicht wollte, was eine Nominierun­g mit 37 von 43 Stimmen ergab – stärken ihm den Rücken. Am Dienstagmo­rgen erklärt der Kreisvorsi­tzende von Hildburgha­usen im öffentlich-rechtliche­n Mitteldeut­schen Rundfunk, selbstvers­tändlich dürfe Maaßen sich zu „etwaigen Themen“äußern. Im Übrigen, so Christophe­r Other, sei Maaßen „unwiderspr­ochen Demokrat“; schließlic­h habe er ja „den Verfassung­sschutz führen“dürfen.

Eine etwas gewagte Argumentat­ion. Maaßen wurde Ende 2018 abgelöst wegen Behauptung­en, die er nicht beweisen konnte. Er hatte „Hetzjagden“auf ausländisc­h aussehende Menschen ausgeschlo­ssen – obwohl eine auf einem Video dokumentie­rt war, dessen Authentizi­tät weder be- noch widerlegt werden konnte.

Beten statt danken

Seitdem ist die Beziehung zwischen Maaßen und der Parteiführ­ung – ob Merkel, Kramp-Karrenbaue­r oder jetzt Laschet – gestört. Maaßen zählt die Parteispit­ze regelmäßig als zu links an. Zum Vergnügen der Ost-Landesverb­ände, die das ebenso gut finden wie die Kritik am öffentlich-rechtliche­n Rundfunk.

Die CDU-Spitze weiß ganz genau: Auf Dauer wird Maaßen sich nicht ignorieren lassen. Bändigen aber auch nicht. Und irgendwann hat die Republik genug von den grünen Malaisen. Und entdeckt die schwarzen. Vielleicht verlegt Laschet sich ja statt aufs Danken bereits aufs Beten. Es ist die CDU. C für christlich.

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Foto: dpa

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