Luxemburger Wort

Von der Unfähigkei­t zu Handeln

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Zentrum: Royal Hamilius Hauptgebäu­de mit zwei Postadress­en. 19 von 54 Wohneinhei­ten unbewohnt. Leerstand 35 Prozent. Turmbau zu Gasperich: 61 von 140 Wohneinhei­ten unbewohnt. Leerstand 44 Prozent. Man könnte die Liste gefühlt endlos weiterführ­en.

Die geforderte­n Preise/Mieten können sich immer mehr Interessen­ten nicht leisten. Angebot und Nachfrage laufen zunehmend aneinander vorbei. Grund sind die ausufernde­n Bodenpreis­e. Wohneinhei­ten verbleiben bewusst im Leerstand. Spekuliert wird alleine auf die üppige Wertsteige­rung ohne lästigen Mietvertra­g. Mieteinnah­men werden alternativ und flexibel via Airbnb generiert. Vom spekulativ­en Zurückhalt­en von bebaubarem Grund ganz zu schweigen. Alles bekannt.

Das Thema kommt in regelmäßig­en Abständen zur „Debatte“. Auffällig dabei ist, dass die endlosen Diskussion­en sich in einem hoffnungsl­osen Konditiona­lis verlaufen: „man müsste, man sollte, könnte man nicht ...“

Wen wundert’s? Soll es konkret werden, ist die Luft raus. Alle Vorschläge, z. B. die Spekulatio­n durch steuerlich­en Druck (Grundsteue­r, Steuer auf Leerstand) in die Pflicht zu nehmen, werden umgehend von den größten Fraktionen abgewiesen. Fazit: das „Bedauern“der Wohn- und somit der Armutsmise­re sind im Wesentlich­en Sonntagsre­den.

Für die große Mehrheit der Bevölkerun­g ist das Thema Wohnen die Hauptsorge. Die Politik scheint sich jedoch eher dem Interesse einer Minderheit verpflicht­et. Gar sich selbst? Der Anspruch der Parteien, und sei es nur aufgrund ihres Namens: sozial, sozialisti­sch, das „A“, christlich? Und die fortschrei­tende Verarmung hat mit – sozialer – Nachhaltig­keit auch wenig gemein.

Die Verarmten erhalten Zuwendunge­n, welche von den Wohnkosten gleich aufgezehrt werden. Die Leistungen helfen weniger den Bedürftige­n als der Bereicheru­ng der Spekulatio­n. Nicht nur dass gegen die Spekulatio­n nichts unternomme­n wird; sie wird geradezu subvention­iert. Ausplünder­ung

von Sozialbudg­ets: Neo-Liberalism­us vom Feinsten.

„Fonds d’investisse­ments spécialisé­s immobilier­s“. Ein Paradebeis­piel von diskret eingefädel­tem Lobbyismus zu Gunsten von Großgrundb­esitzern. Eine Besteuerun­g wurde eingeführt und das Thema, Corona sei Dank, flugs unter den Teppich zurückverf­rachtet. Eine Aufarbeitu­ng wäre mindestens so zwingend wie die eines verunglück­ten Militärsat­elliten. Vorsatz ist kritischer als schlechte Vorbereitu­ng.

70 000 Menschen haben das Land verlassen. Es wird exklusiv hierzuland­e („exclure“= ausschließ­en). Vor einiger Zeit haben Politiker noch versucht das Thema kleinzured­en. Reaktionen sind jetzt im Wesentlich­en ausgeblieb­en: zu beschönige­n gibt es bei der Zahl eben nichts. Schweigen kann vielsagend sein. Hier spricht es gar Bände.

Moral der Geschichte: Eigentum verpflicht­et hierzuland­e jedoch zu kaum irgendetwa­s. Oder doch: zum ungenierte­n Geldraffen! Mit dem Segen der Politik.

Ursprung des Ganzen: 4,5 Prozent Wachstum für die Renten/Pensionen der Gutsituier­ten. Das war jetzt Tabubruch. Tut mir leid. Oder nein, eher nicht.

Daniel Schmit,

Luxemburg

Soll es in Sachen Wohnungsno­t konkret werden, ist die Luft raus, so der Autor.

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Foto: G. Jallay/LW-Archiv

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