In Asien geht das Kohlezeitalter zu Ende
2020 hat sich die Energiepolitik in vielen Ländern des Kontinents fundamental verändert
Noch bis letztes Jahr haben alle größeren Länder in Süd- und Südostasien geplant, viele neue Kohlemeiler zu bauen. Doch dann kam ein Bruch: Ein Land nach dem anderen hat die meisten geplanten Kraftwerke aufgegeben. 2020 hatten Bangladesch, Indonesien, die Philippinen und Vietnam Kraftwerke mit einer Kapazität von über 70 Gigawatt in Planung. Dieses Jahr sind es noch 25 Gigawatt.
Die Pipeline an neuen Kohlemeilern hat sich in einem Jahr also mehr als halbiert, wie Daten der Organisation Global Energy Monitor zeigen. Finanziert sind von den 25 Gigawatt allerdings bislang nur zehn Gigawatt, weswegen dieses Jahr die Zahl der geplanten Kohleprojekte nochmal deutlich zurückgehen könnte.
So hat das Energieministerium in Bangladesch angekündigt, auf alle neuen Kohlemeiler, die noch nicht im Bau sind, zu verzichten. Dadurch fallen 23 Gigawatt weg. Indonesien hat einen Bann für neue Kohlemeiler angekündigt, die noch nicht im Bau sind. Außerdem erwägt das Finanzministerium die Einführung einer Steuer auf CO2-Emissionen. Ebenso haben die Philippinen haben ein Moratorium für neue Kohlekraftwerke angekündigt.
Vietnam plant noch immer neue Kohlemeiler, aber sehr viel weniger als zuvor. Während die Regierung im Jahr 2016 noch 55 Gigawatt neu bauen wollte sind es jetzt noch 18, von denen einige schon im Bau sind. Bei den meisten anderen fehlt noch die Finanzierung, weswegen davon einige wohl nie realisiert werden. Aus Sicht von Global Energy Monitor sind diese Ankündigungen „bemerkenswert, weil Süd- und Südostasien lange als das nächste Zentrum für das Wachstum der Kohleverstromung nach China gesehen wurden“. Praktisch geht damit das Kohlezeitalter in dieser Region nun zu Ende. Die beiden anderen großen südostasiatischen Länder, Thailand und Malaysia, hatten zuvor schon keine nennenswerten Pläne für neue Kohlemeiler und auch in Indien stagniert die Kohleverstromung mittlerweile. Noch im Jahr 2016 wuchs dort die Kohleverstromung um knapp 20 Gigawatt. Doch dann halbierte sich der Ausbau und kam letztes Jahr praktisch komplett zum Erliegen. Einzig in Pakistan ist die künftige Entwicklung noch nicht ganz klar. Eine deutliche Ausweitung der Kohlekapazität ist allerdings auch hier unwahrscheinlich.
Alternative Energiequellen günstiger
Für die Strategieänderung in der Energiepolitik gibt es zwei Gründe: Zum einen rechnen sich neue Kohlemeiler im Vergleich zu Solar
und Windkraftwerken nicht mehr. Die Erneuerbaren sind mittlerweile in fast jedem Land der Welt die billigste Option. Dies gilt umso mehr in einer Region mit starker Sonneneinstrahlung. Zum anderen lassen sich neue Kohlemeiler kaum noch finanzieren. Noch bis vor kurzem haben Banken aus Japan, Südkorea, Singapur und China im Ausland Kohlekraftwerke finanziert. Davon sind nur noch die chinesischen Banken übrig: Die drei größten Banken aus Singapur finanzieren schon seit dem Jahr 2019 keine Kohleprojekte
mehr. Mittlerweile haben auch 16 japanische und vier südkoreanische Banken ähnliche Einschränkungen. Zudem vergeben diese Länder keine staatlichen Exportrisikogarantien mehr für Kohleprojekte.
Die große Ausnahme vom asiatischen Kohleausstieg ist China. Drei Viertel aller Kohlekraftwerke, die weltweit letztes Jahr neu ans Netz gegangen sind, stehen in China. Und dieser Anteil dürfte dieses Jahr weiter steigen. 85 Prozent aller Kraftwerke, für die letztes Jahr mit der Planung begonnen wurde, sollen in China gebaut werden. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen geht die Zahl der geplanten Kraftwerke außer in China seit Jahren zurück. Und zum anderen hat sich die Zahl der geplanten Meiler in China seit dem Jahr 2018 massiv erhöht.
Die 74 Gigawatt, für die letztes Jahr die Planung begonnen hat, sind viermal mehr als der Vergleichswert aus dem Jahr 2018. In China sind Kohlekraftwerke noch immer ein beliebtes Mittel, um die Wirtschaft anzukurbeln. Doch seit letztem Jahr steht China mit diesem Ansatz in Asien plötzlich alleine da.