Comic mit Covid-Check
Das Festival de la Bande Dessinée in Contern feiert den ersten Geburtstag seines Maskottchens Bédéric
„Das Festival de la Bande Dessinée in Contern wird überleben; finanziell ist es abgesichert. Aber es hätte doch etwas in Vergessenheit geraten können, wenn es ein zweites Mal hätte abgesagt werden müssen“, erklärt Festivalpräsident Jean-Claude Muller. Er ist von Anfang an mit dabei, behauptet aber, er selbst sei kein so richtiger Comic-Freak. Ihm liege dafür aber die Dorfveranstaltung sehr am Herzen. Sollten die Comic-Helden und Zeichentrick-Figuren eine Heimat in Luxemburg haben, dann bitte gefälligst in der Ortschaft Contern.
Bitte anmelden!
Dass das Festival nicht so schnell finanziell unter die Räder kommen kann, liegt daran, dass die größten Geldgeber die Gemeinde und das Kulturministerium sind, die natürlich auch an dieser Tradition festhalten möchten. Die anderen Sponsoren und Helfer braucht man aber ganz gewiss auch – dieses Jahr hat man sie verständlicherweise nicht gefragt.
Denn nach der Absage im vorigen Jahr findet diesmal ein dem Corona-Virus angepasstes Festival statt. Es ist leicht abgespeckt und erstreckt sich erstmals über eine ganze Woche, und zwar vom 9. bis zum 17. Juli inklusive gleich zwei Wochenenden. „Wir wollten damit das Publikum über die Tage verteilen“, erklärt Jean-Claude Muller. Konkret bedeutet das: An beiden Samstagen und Sonntagen kann man wie gewohnt in der Sporthalle in Contern Zeichner und Szenaristen treffen, die dort ihre neuesten Werke signieren.
Allerdings muss man sich dafür im Voraus über die Webseite des Festivals einschreiben und sich vor Ort ebenfalls einem Covid-Check unterziehen: „geimpft“, „getestet“, „geheilt“. Das sind die Bedingungen.
Aber aufgepasst! Es gibt bei der Einschreibung feste Zeitfenster, was allerdings nicht unbedingt bedeutet, dass man in diesem Zeitrahmen auch die ersehnte Signatur bekommt. Anstehen muss man wie in den Jahren zuvor auch; zudem besteht in der Sporthalle Maskenpflicht.
Nicht auf dem Programm des Festivals steht diesmal das beliebte Volksfest in den Straßen mit den Verkaufsständen der Buchhändler, der Verkäufer von Ex-Libris und Comic-Figuren.
„Das war der Kompromiss. Wir haben ganz bewusst auf die Zeichner gesetzt und ihnen den Vortritt gegeben“, so Jean-Claude Muller. Es ist also der künstlerische Aspekt
der Veranstaltung, der allem anderen voranstehen wird. Es ist auch schwer zu ermessen, warum Comic-Fans und Sammler im Endeffekt nach Contern kommen: Sind es die Treffen mit den Zeichnern? Deren Signaturen, die die Alben wertvoller machen? Oder ist es das Fest für die ganze Familie, oder gar der Verkauf von gebrauchten Büchern, was es manchmal erlaubt, Sammlungen zu vervollständigen. Wahrscheinlich ist es ein Mix aus allem.
Andy Genen und sein Bédéric
Ganz im Sinne der Kunst und vor allem im Interesse der einheimischen Comic-Szene hat man diesmal den Luxemburger Zeichner Andy Genen auserwählt, um das Festivalplakat zu zeichnen. Das hat auch damit zu tun, dass der junge Comic-Zeichner den vom Kulturministerium und dem Nationalen Literaturzentrum ausgeschriebenen Wettbewerb zur Kreation einer Identifikationsfigur für das Festival gewonnen hat. Bédéric, so heißt der gezeichnete nette junge Mann, dessen „Vater“nun Andy Genen ist. „Der Name fiel mir erst zum Schluss knapp vor der Abgabefrist für mein Projekt ein“, so der Comic-Zeichner, „ein Brainstorming zusammen mit meiner Frau zu später Stunde brachte den Namen.“
Bédéric wurde letztes Jahr am Wochenende des abgesagten Festivals offiziell eingeführt, feiert also seinen ersten Geburtstag. Er hat sich inzwischen auch bestens eingelebt und ziert mehrere öffentliche Bücherschränke in Contern – ausgediente Telefonzellen, in denen man gebrauchte Bücher zum Mitnehmen findet, und in die man auch solche wieder hineinstellen kann.
Andy Genen ist einer der freischaffenden Zeichner in Luxemburg, der zwar nicht nur von Comics lebt, dafür aber den ganzen Tag nur zeichnet. Beim diesjährigen Festival wird er einen Workshop für Erwachsene anbieten. „Wie ein Comic erstellen?“, lautet die große Ausgangsfrage. „Dieser Workshop richtet sich nicht unbedingt an Zeichner. Es geht darum, wie man visuell eine Geschichte erfinden und erzählen kann“, meint Genen. „In vier Stunden wollen wir gemeinsam eine Comic-Geschichte auf die Beine stellen.“Neben Genen sind noch andere Zeichner eingeladen, inländische wie ausländische; unter anderem auch der freischaffende Zeichner für das „Luxemburger Wort“und „Die Warte“, Antoine Grimée (Tunn), sowie Sabrina Kaufmann, Marion Dengler, Marc Angel, Pascale Velleine, Fern, Robert Soisson, Ingo Schandeler, Claude Gengler, John Rech und Jean-Louis Schlesser.
Auch Ausstellungen und Gesprächsrunden sind diesmal vorgesehen. Das Institut Pierre Werner lädt am kommenden Montag um 19 Uhr zu einer Konferenz mit Sandrine Martin und Vanessa Grotti in das Centre Culturel „An Henkes“in Contern ein. Die beiden Damen werden ihre BD „Chez toi” über Frauen und Migration präsentieren. Vom 9. bis zum 17. Juli ist zudem die Ausstellung „Migration und Grenzen” geplant, die anhand von BDs in die Flüchtlingsthematik eintaucht. „Fußball im Comic“ist eine weitere Schau überschrieben, die vom Festival Bédéciné aus dem elsässischen Illzach zusammengestellt wurde.
Wir haben ganz bewusst auf die Zeichner gesetzt und ihnen den Vortritt gegeben. Jean-Claude Muller, Festivalpräsident
Weitere Infos und Anmeldungen: www.bdcontern.lu