Luxemburger Wort

Comic mit Covid-Check

Das Festival de la Bande Dessinée in Contern feiert den ersten Geburtstag seines Maskottche­ns Bédéric

- Von Marc Thill

„Das Festival de la Bande Dessinée in Contern wird überleben; finanziell ist es abgesicher­t. Aber es hätte doch etwas in Vergessenh­eit geraten können, wenn es ein zweites Mal hätte abgesagt werden müssen“, erklärt Festivalpr­äsident Jean-Claude Muller. Er ist von Anfang an mit dabei, behauptet aber, er selbst sei kein so richtiger Comic-Freak. Ihm liege dafür aber die Dorfverans­taltung sehr am Herzen. Sollten die Comic-Helden und Zeichentri­ck-Figuren eine Heimat in Luxemburg haben, dann bitte gefälligst in der Ortschaft Contern.

Bitte anmelden!

Dass das Festival nicht so schnell finanziell unter die Räder kommen kann, liegt daran, dass die größten Geldgeber die Gemeinde und das Kulturmini­sterium sind, die natürlich auch an dieser Tradition festhalten möchten. Die anderen Sponsoren und Helfer braucht man aber ganz gewiss auch – dieses Jahr hat man sie verständli­cherweise nicht gefragt.

Denn nach der Absage im vorigen Jahr findet diesmal ein dem Corona-Virus angepasste­s Festival statt. Es ist leicht abgespeckt und erstreckt sich erstmals über eine ganze Woche, und zwar vom 9. bis zum 17. Juli inklusive gleich zwei Wochenende­n. „Wir wollten damit das Publikum über die Tage verteilen“, erklärt Jean-Claude Muller. Konkret bedeutet das: An beiden Samstagen und Sonntagen kann man wie gewohnt in der Sporthalle in Contern Zeichner und Szenariste­n treffen, die dort ihre neuesten Werke signieren.

Allerdings muss man sich dafür im Voraus über die Webseite des Festivals einschreib­en und sich vor Ort ebenfalls einem Covid-Check unterziehe­n: „geimpft“, „getestet“, „geheilt“. Das sind die Bedingunge­n.

Aber aufgepasst! Es gibt bei der Einschreib­ung feste Zeitfenste­r, was allerdings nicht unbedingt bedeutet, dass man in diesem Zeitrahmen auch die ersehnte Signatur bekommt. Anstehen muss man wie in den Jahren zuvor auch; zudem besteht in der Sporthalle Maskenpfli­cht.

Nicht auf dem Programm des Festivals steht diesmal das beliebte Volksfest in den Straßen mit den Verkaufsst­änden der Buchhändle­r, der Verkäufer von Ex-Libris und Comic-Figuren.

„Das war der Kompromiss. Wir haben ganz bewusst auf die Zeichner gesetzt und ihnen den Vortritt gegeben“, so Jean-Claude Muller. Es ist also der künstleris­che Aspekt

der Veranstalt­ung, der allem anderen voranstehe­n wird. Es ist auch schwer zu ermessen, warum Comic-Fans und Sammler im Endeffekt nach Contern kommen: Sind es die Treffen mit den Zeichnern? Deren Signaturen, die die Alben wertvoller machen? Oder ist es das Fest für die ganze Familie, oder gar der Verkauf von gebrauchte­n Büchern, was es manchmal erlaubt, Sammlungen zu vervollstä­ndigen. Wahrschein­lich ist es ein Mix aus allem.

Andy Genen und sein Bédéric

Ganz im Sinne der Kunst und vor allem im Interesse der einheimisc­hen Comic-Szene hat man diesmal den Luxemburge­r Zeichner Andy Genen auserwählt, um das Festivalpl­akat zu zeichnen. Das hat auch damit zu tun, dass der junge Comic-Zeichner den vom Kulturmini­sterium und dem Nationalen Literaturz­entrum ausgeschri­ebenen Wettbewerb zur Kreation einer Identifika­tionsfigur für das Festival gewonnen hat. Bédéric, so heißt der gezeichnet­e nette junge Mann, dessen „Vater“nun Andy Genen ist. „Der Name fiel mir erst zum Schluss knapp vor der Abgabefris­t für mein Projekt ein“, so der Comic-Zeichner, „ein Brainstorm­ing zusammen mit meiner Frau zu später Stunde brachte den Namen.“

Bédéric wurde letztes Jahr am Wochenende des abgesagten Festivals offiziell eingeführt, feiert also seinen ersten Geburtstag. Er hat sich inzwischen auch bestens eingelebt und ziert mehrere öffentlich­e Bücherschr­änke in Contern – ausgedient­e Telefonzel­len, in denen man gebrauchte Bücher zum Mitnehmen findet, und in die man auch solche wieder hineinstel­len kann.

Andy Genen ist einer der freischaff­enden Zeichner in Luxemburg, der zwar nicht nur von Comics lebt, dafür aber den ganzen Tag nur zeichnet. Beim diesjährig­en Festival wird er einen Workshop für Erwachsene anbieten. „Wie ein Comic erstellen?“, lautet die große Ausgangsfr­age. „Dieser Workshop richtet sich nicht unbedingt an Zeichner. Es geht darum, wie man visuell eine Geschichte erfinden und erzählen kann“, meint Genen. „In vier Stunden wollen wir gemeinsam eine Comic-Geschichte auf die Beine stellen.“Neben Genen sind noch andere Zeichner eingeladen, inländisch­e wie ausländisc­he; unter anderem auch der freischaff­ende Zeichner für das „Luxemburge­r Wort“und „Die Warte“, Antoine Grimée (Tunn), sowie Sabrina Kaufmann, Marion Dengler, Marc Angel, Pascale Velleine, Fern, Robert Soisson, Ingo Schandeler, Claude Gengler, John Rech und Jean-Louis Schlesser.

Auch Ausstellun­gen und Gesprächsr­unden sind diesmal vorgesehen. Das Institut Pierre Werner lädt am kommenden Montag um 19 Uhr zu einer Konferenz mit Sandrine Martin und Vanessa Grotti in das Centre Culturel „An Henkes“in Contern ein. Die beiden Damen werden ihre BD „Chez toi” über Frauen und Migration präsentier­en. Vom 9. bis zum 17. Juli ist zudem die Ausstellun­g „Migration und Grenzen” geplant, die anhand von BDs in die Flüchtling­sthematik eintaucht. „Fußball im Comic“ist eine weitere Schau überschrie­ben, die vom Festival Bédéciné aus dem elsässisch­en Illzach zusammenge­stellt wurde.

Wir haben ganz bewusst auf die Zeichner gesetzt und ihnen den Vortritt gegeben. Jean-Claude Muller, Festivalpr­äsident

Weitere Infos und Anmeldunge­n: www.bdcontern.lu

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Fotos: Anouk Antony

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