Spektakulärer Fund
In der Synagoge von Ettelbrück ist ein 150 Jahre altes Tauchbecken ausgegraben worden
Ettelbrück. Bei den Sanierungsarbeiten in der Ettelbrücker Synagoge konnte ein für die Stadt und darüber hinaus einzigartiger archäologischer Fund freigelegt werden. Im Kellergewölbe des 150 Jahre alten jüdischen „Haus der Versammlung“konnte eine in den Boden eingelassene Mikwe, ein rituelles Tauchbecken, ausgegraben werden, die zeitgleich mit der Synagoge erbaut wurde.
„Man muss schon lange suchen, um etwas Vergleichbares in dieser Gegend zu finden“, meint der Präsident der Vereinigung Al Synagoge Ettelbréck, Abbes Jacoby. Besonders für eine so kleine Synagoge wie die in Ettelbrück stellt eine 150 Jahre alte Mikwe einen ganz außerordentlichen Fund dar. Als die Vereinigung, die sich seit 2019 um das jüdische Erbe der Stadt bemüht, zusammen mit dem Service des sites et monuments nationaux mit ersten archäologischen Arbeiten begann, war nicht mit Sicherheit gewusst, ob die Synagoge über eine Mikwe verfügte. Denn außer einer Handvoll historischer Fotos sind keine Pläne oder sonstige Unterlagen zum Gebäude mehr auffindbar.
Doch dann stießen die Archäologen in der nördlichen Außenwand des Kellers auf eine zugemauerte Tür. Was zu der Annahme führte, dass die beiden Kellerräume ursprünglich wohl vom Rest der Synagoge abgetrennt waren und hier eventuell eine Mikwe eingerichtet war. Denn wie Vizepräsident Julien Joseph betont, ist das rituelle Tauchbad, dem in den jüdischen Gemeinden eine äußerst hohe Bedeutung zukommt, eine extrem persönliche Angelegenheit. So ist vorstellbar, dass die Nutzer die Mikwe nicht durch die Synagoge, sondern durch diesen seitlichen Eingang diskret betraten. Im ersten Raum konnten sie sich dann ihrer Kleidung entledigen und sich waschen, ehe sie dann die Mikwe im zweiten Raum aufsuchten.
Doch haben Grabungen in diesem zweiten Raum keine nennenswerten Hinweise auf ein Becken gebracht. Gefunden wurden nur Fragmente eines Beckens, das wohl wie eine Art Wanne auf dem Boden gestanden haben könne. Eigentlich untypisch für eine Mikwe, die traditionell im Boden eingelassen ist. Als dann aber auch dort eine zugemauerte Außentür zur Südseite hin gefunden wurde, nahmen sich die Archäologen auch den ersten Raum vor, in dem viel später Sanitäranlagen errichtet wurden und der heute über eine Treppe hinauf zur Synagoge verfügt. Hier wurden sie dann tatsächlich fündig. Unter den Fliesen stießen die Forscher auf die gut erhaltene ursprüngliche Mikwe, die vor 150 Jahren gleichzeitig mit der Synagoge erbaut wurde.
Die Verantwortlichen nehmen an, dass die beiden Räume wohl aus Gründen der Diskretion getauscht wurden. Höchstwahrscheinlich um 1930, als neben dem südlichen Eingang zur Mikwe eine neue Straße angelegt wurde und ein diskretes Betreten von dieser Seite aus nicht mehr möglich war.
Das ausgegrabene jüdische Ritualbad hat mit seinen umgebenden Grenzsteinen eine Länge von 2,55 Metern, eine Breite von 1,15 Metern und ist 0,65 Meter tief. Es ähnelt einer zweigeteilten Wanne mit einem fast mittig angelegten Treppeneinstieg. Das kleinere Becken dürfte wohl, wie vorgeschrieben, mit „lebendigem“, also fließendem Wasser aus einer Quelle, Grund- oder Regenwasser gespeist worden sein, das dann über die Treppe in das größere Becken geleitet wurde.
Überreste eines Ofens
Da ebenfalls Reste eines Ofens gefunden wurde, ist anzunehmen, dass das „lebendige“Wasser mit zugeführtem Warmwasser nach strengen Regeln gemischt wurde, damit auf diese Weise ein komfortableres Tauchbad möglich wurde. Auch der Abfluss im Becken ist, ebenso wie die originalen Quadersteine, die rund um das Becken im Boden eingelassen sind, noch erhalten.
Der Fund, der von unschätzbarem historischen, kulturellen und archäologischen Wert ist, wird nun zusammen mit der als nationales Monument klassierten Synagoge entsprechend aufgewertet, in Szene gesetzt und in das museale Konzept eines Gedenkortes eingebunden. Wodurch die wechselhafte Geschichte der Synagoge und ihrer Gemeinschaft, die nicht unwesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Ettelbrück beitrug, ins rechte Licht gerückt und für die Nachwelt erhalten bleiben kann.