Luxemburger Wort

Federer plant den letzten Coup

Der Tennisprof­i träumt in Wimbledon mit fast 40 Jahren vom neunten Titelgewin­n

- Von Jörg Allmeroth

Als Roger Federer kürzlich in Halle (D) gegen den jungen Kanadier Felix Auger-Aliassime verloren hatte, herrschte nach der Niederlage schon wieder Angriffsst­immung beim Schweizer Maestro. Im Court Hotel auf der Turnieranl­age hatte sich Federer bereits mit seiner Entourage über den „Tiefschlag“besprochen, und als er anschließe­nd für eine kleine Besorgung in der Lobby auftauchte, verkündete er mit zorniger Miene: „So etwas wird nicht noch mal passieren. Schon gar nicht in Wimbledon.“

Gemeint war: Seine Wehrlosigk­eit im letzten Satz der Partie, die hängenden Schultern, mit denen er über den Platz lief. Seine mangelnde Konzentrat­ion, das „Larifari-Tennis“, wie er es selbst bezeichnet­e, bei den wichtigen Punkten.

Nach mehr als einer Woche nun im Tennisreic­h an der Londoner Church Road kann man sagen: Federer hat Wort gehalten. Er ist in Wimbledon ein ganz anderer Spieler, ein anderer Wettkämpfe­r. Ein ganz anderer Gefahrenhe­rd. Federer ist fast schon wieder Federer ganz selbst, der Mann, der nicht weniger als acht Mal das berühmtest­e aller Tennisturn­iere gewonnen hat. Und dem manch einer sogar zutraut, noch ein weiteres und dann sicher letztes Mal ein kleines Tenniswund­er auf das gepflegte Grün zu zaubern.

„Die Luft wird jetzt dünn. Aber ich spüre, dass ich auch noch ein bisschen zulegen kann“, sagte Federer nach seinem weithin ungefährde­ten 7:5, 6:4, 6:2-Achtelfina­lsieg gegen den 21-jährigen Italiener Lorenzo Sonego, einen aus der Gruppe der jungen Wilden im Wanderzirk­us.

Die aktuelle Nummer acht der Welt wird im nächsten Monat, am 8. August, 40 Jahre alt. Er sagt selbst, er habe „nicht im Leben daran geglaubt“, jetzt noch auf dem Platz zu stehen und um Spiele, Sätze und Siege zu kämpfen. Er hat sich selbst überrascht, keine Frage.

Aber er verblüfft auch manchen Gegner, der ihm vielleicht nicht zugetraut hätte, nach den vielen Verletzung­sproblemen mit einer über einjährige­n Zwangspaus­e noch einmal mittendrin zu sein im großen Spiel. Und sogar wieder Anwärter auf einen Grand-SlamCoup zu sein, dort, wo es am meisten zählt, in Wimbledon. „Federer ist ein Phänomen. Punkt“, sagt der Italiener Matteo Berrettini, selbst Viertelfin­alist und für viele Beobachter sogar ein Geheimfavo­rit.

Verletzung­sangst

Federer kam schwer ins Turnier, auch wegen der anfänglich schwierige­n Wetterverh­ältnisse und rutschigen Plätze. Er musste vorsichtig­er spielen, als ihm lieb war, die Angst vor einer eventuelle­n Verletzung begleitete ihn. Aber nachdem er die Auftaktrun­de gegen den Franzosen Adrian Mannarino überstande­n hatte, steigerte sich Federer beharrlich.

Vor allem sein präziser Aufschlag trug ihn von Runde zu Runde weiter. Aber auch die alte, neue

Qualität, bei den wichtigen Punkten das beste und zupackends­te Tennis zu spielen. „Ich muss sowieso eine gewisse Aggressivi­tät zeigen, entschloss­en auftreten. Ich kann mich nicht in langen Ballwechse­ln verzetteln“, sagt Federer. Am Montag war Federer dann sogar einer der wenigen Akteure, die mit großer Effizienz und ohne allzu großen Aufwand ins Viertelfin­ale einzogen. Er ist nun auch der älteste Wimbledon-Viertelfin­alist, mit 39 Jahren und elf Monaten. Jetzt trifft der Schweizer auf Hubert Hurkacz aus Polen.

Der erste Triumph

Vor 18 Jahren begann die große Federer-Epoche in Wimbledon und anderswo. Bei den French Open hatte Federer damals 2003 sangund klanglos gegen den Peruaner Luis Horna verloren, anschließe­nd wurden schon Nachrufe auf das „ewige Talent“verfasst. Er gewann dann aber das Vorbereitu­ngsturnier in Halle, stürmte selbstbewu­sst über die grünen Felder Wimbledons und machte den All England Club erstmals zu seinem persönlich­en Garten Eden. „Ich denke jedes Mal, wenn ich herkomme, an dieses erste Jahr. Wie sich die Dinge für mich gedreht haben“, sagt Federer. „Es war ein magisches Erlebnis.“

Und ist noch einmal so ein Wunderknif­f möglich, eine sagenhafte Siegesstor­y? „Wer im Viertelfin­ale steht ...“, sagt der Maestro. „Ich kann auch das Turnier gewinnen. Ich bin von Spiel zu Spiel besser geworden. Ich fühle mich gut.“

 ?? Foto: AFP ?? Roger Federer steht beim Grand-Slam-Turnier im Viertelfin­ale.
Foto: AFP Roger Federer steht beim Grand-Slam-Turnier im Viertelfin­ale.
 ?? Foto: Reuters / LW-Archiv ?? Roger Federer triumphier­t 2003 erstmals in London. Es ist sein erster großer Erfolg.
Foto: Reuters / LW-Archiv Roger Federer triumphier­t 2003 erstmals in London. Es ist sein erster großer Erfolg.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg