Luxemburger Wort

Selbst schuld

- Von Michèle Gantenbein

Umweltmini­sterin Carole Dieschbour­g (Déi Gréng) gerät regelmäßig ins Kreuzfeuer der Kritik – zum Beispiel wegen der Gartenhaus-Affäre, die, was den strafrecht­lichen Aspekt betrifft, im Übrigen noch nicht abgeschlos­sen ist. Zuletzt geriet sie unter Beschuss, weil der Betrieb ihrer Familie, in dem sie mehrere Jahre gearbeitet hat, seit Inkrafttre­ten des Verpackung­sgesetzes in den Neunzigerj­ahren die gesetzlich­en Bestimmung­en ignoriert. Eine peinliche Angelegenh­eit, die die Glaubwürdi­gkeit der grünen Ministerin nicht unbedingt stärkt.

Sie wittert hinter diesen „Angriffen“eine Verschwöru­ng gegen sich und ihre ambitionie­rten Ziele in der Abfallwirt­schaft. Nichts könnte falscher sein. Carole Dieschbour­g könnte, wenn sie wollte, die wahren Gründe für die Kritik, die ihr entgegensc­hlägt, identifizi­eren. Doch das erfordert die Fähigkeit zur Selbstkrit­ik und die Bereitscha­ft, die Arbeit ihrer Beamten ernsthaft zu hinterfrag­en.

Carole Dieschbour­g möchte Luxemburg zum Vorreiter in der Abfallverm­eidung und im Recycling machen. Dagegen ist nichts einzuwende­n – sehr wohl aber gegen die Art und Weise, wie sie und ihr Ministeriu­m vorgehen. Die Gutachten des Staatsrats zu den fünf Gesetzentw­ürfen zur Abfallverm­eidung sind vernichten­d und bescheinig­en der Ministerin – salopp ausgedrück­t – eine schludrige Arbeit.

Man sollte auch nicht vergessen, dass das Umweltmini­sterium wegen der „SuperDreck­sKëscht“(SDK) arg in der Kritik steht – nicht nur wegen der engen privaten Verbindung zwischen dem Direktor der Umweltverw­altung und dem Inhaber der Firma, die die Aktion ausführt, sondern auch wegen zahlreiche­r mit Steuergeld­ern finanziert­er Pilotproje­kte der SDK, darunter die Abfallsamm­elstellen in Mehrfamili­enhäusern (Residenzen­projekt), das Drive-In-Recycling und das Pfandsyste­m Ecobox. Diese Projekte sollen nun im Rahmen des Reformpake­ts verallgeme­inert werden, ohne dass sie je einer Qualitätso­der Effizienzp­rüfung unterzogen worden wären. Niemals würde die Umweltmini­sterin Pilotproje­kte anderer Akteure verallgeme­inern, ohne diese auf Herz und Nieren prüfen zu lassen.

Beispiel „bloe Sak“: Das Pilotproje­kt zur Erweiterun­g des blauen Valorlux-Sacks war mit Zielvorgab­en verbunden, deren Erreichung durch Studien minutiös belegt werden musste, bevor die Ministerin die landesweit­e Sammlung weiterer Abfallfrak­tionen genehmigte. Pilotproje­kte der „SuperDreck­sKëscht“haben keine Zielsetzun­gen und werden somit auch nicht auf ihre Effizienz oder Qualität geprüft. Sie werden einfach so verallgeme­inert und vom Ministeriu­m mit Sätzen wie „Rückmeldun­gen zeigen, dass das Drive-In von den Kunden gut angenommen wird“gerechtfer­tigt. Dieses „Messen mit zweierlei Maß“entgeht den Unternehme­nsverbände­n und Gemeinden natürlich nicht und wird – zu Recht – infrage gestellt.

Die Abfallverm­eidungsstr­ategie der Regierung setzt die Wirtschaft unter Druck und das ist gut so. Die Verbände sind nicht per se gegen strengere Auflagen. Aber sie fordern, dass die Maßnahmen Sinn machen und in der Praxis umsetzbar sind. Sie fordern Antworten auf Finanzieru­ngs- und Zuständigk­eitsfragen. Sie wollen, dass Einwände und alternativ­e Lösungsvor­schläge zumindest geprüft werden. Doch genau diese Bereitscha­ft lässt die Ministerin vermissen. Da muss sie sich nicht wundern, wenn der Wind nicht von hinten bläst.

Die Ministerin muss sich nicht wundern, wenn der Wind nicht von hinten bläst.

Kontakt: michele.gantenbein@wort.lu

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