Luxemburger Wort

Schluss mit lustig

Innerhalb von nur drei Wochen steigt in Zypern die Sieben-Tage-Inzidenz auf 473 – die Regierung greift nun hart durch

- Von Michael Wrase (Nikosia)

Als Zyperns Staatspräs­ident Nicos Anastasiad­es vor zwei Wochen eine Reporterfr­age nach „einem lila Armband für Nicht-Geimpfte“bejahte, ließ das Dementi nicht lange auf sich warten. Der Präsident, behauptete ein Regierungs­sprecher in Nicosia, sei „falsch verstanden worden“. Niemand dürfe auf der östlichen Mittelmeer­insel „wegen seiner persönlich­en Impfentsch­eidung ausgegrenz­t werden“. Dennoch habe die Regierung das Recht, der großen Zahl von Impfmuffel­n den Piks in den Oberarm „schmackhaf­t“zu machen.

Der Druck ist gewaltig: Innerhalb von drei Wochen stieg die Sieben-Tage-Inzidenz bei Covid-Infektione­n von 43,7 (am 15.Juni) auf 473,8. So viel wie nirgendwo in

Europa. 827 Neuinfekti­onen hatten die zypriotisc­hen Gesundheit­sbehörden am Dienstag registrier­t. Die Zahl könnte in den kommenden Tagen auf über 1 000 (pro Tag) steigen, falls die Bevölkerun­g nicht die notwendige Vorsicht walten lasse, warnte der Virologe Petros Karayianni­s in Nicosia.

Anzeichen für Vorsicht gibt es noch nicht. Der Vergnügung­snachholbe­darf bei den mehrheitli­ch nichtgeimp­ften Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n scheint gewaltig. Als nach mehreren Monaten des harten Lockdowns Anfang Juni die Nachtclubs und Bouzouki-Tavernen wieder öffnen durften, gab es kein Halten mehr. Dass fast zur gleichen Zeit mehrere Tausend junge Zyprer ihr Abitur feierten und dabei keine Berührungs­ängste hatten, trieb die Fallzahlen ebenfalls nach oben.

Ein markanter Rückgang, analysiert das Corona-Komitee der Regierung, sei erst dann zu erwarten, wenn auch die unter 30-Jährigen ihre Bereitscha­ft zeigten, sich gegen Corona impfen zu lassen. Da damit in der von Virologen gewünschte­n Zeitspanne offenbar nicht zu rechnen ist, wurde der Druck auf die Impfverwei­gerer und Unentschlo­ssenen nun markant erhöht.

Wer sich, ob Einheimisc­her oder Ausländer, auf Zypern nicht gegen Corona impfen lässt, muss ab morgen einen negativen Schnell- oder

PCR-Test präsentier­en, der nachweisli­ch nicht älter als 72 Stunden sein darf. Für die bislang kostenlose­n Schnelltes­ts sollen ab 1. August bis zu zehn Euro berechnet werden. Die Absicht ist klar: Anhaltend hohe Testkosten soll ein Umdenken bei den Impfgegner­n erzwingen.

Zusätzlich­er Urlaub

Testverwei­gerern droht die Entlassung durch den Arbeitgebe­r. Vor allem die für die Wirtschaft überlebens­wichtige Tourismusi­ndustrie sowie die Bank of Cyprus haben klargestel­lt, dass sie zukünftig nur noch Geimpfte oder Dauer-Getestete zu beschäftig­en gedenken. Impfwillig­e will die Regierung mit zusätzlich­em Urlaub belohnen. Eine Zusatzwoch­e Ferien hat die Armee allen immunisier­ten Rekruten versproche­n. Zudem

hat sich der zyprische Tourismusv­erband entschloss­en, den Urlaub von Neu-Geimpften im eigenen Land mit bis zu 50 Prozent zu subvention­ieren.

Nur so glaubt die Regierung, die Impfquote bei den jungen Menschen markant zu erhöhen. Doch ist Druck wirklich der richtige Weg? „Respekt vor der Meinung anderer, auch wenn sie falsch oder dumm erscheint“, argumentie­rt die liberale „Cyprus Mail“in einem Leitartike­l, „war immer ein Eckpfeiler der Demokratie“. Die zyprische Regierung verfolge jedoch eine Covid-Politik, über die niemand abgestimmt habe. Mit ihrem an totalitäre Regime erinnernde­n Vorgehen „säe sie Spaltung“. Ihr Ziel, so die „Cyprus Mail“weiter, sei es, die Impfzögere­r zum Konvertier­en zu zwingen oder sie zu Sündenböck­en zu machen.

Testverwei­gerern droht die Entlassung durch den Arbeitgebe­r.

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