Die Kunst als Spiegel der Welt
Die Sammelausstellung „Summertime“in der Galerie Zidoun-Bossuyt ist brandaktuell
Wessen Herz auch nur ein wenig für die Musik schlägt, wird beim Ausstellungstitel „Summertime“unwillkürlich ergänzen: „And the living is easy“. Mit der Leichtigkeit des Seins hat die aktuelle Gruppenausstellung in der Galerie Zidoun-Bossuyt allerdings wenig zu tun – im Gegenteil. Die ausgestellten Werke entstanden großteils im Jahr 2021 und sind so ein brandaktueller künstlerischer Spiegel der Welt, die während der vergangenen eineinhalb Jahre die seltene Erfahrung einer kollektiven globalen Krise machte.
Die Galerie legt in ihrer Auswahl den Fokus auf dem Wechselspiel der Darstellungen von Außenräumen und Interieurs (denen die Selbstverständlichkeit im Corona-Jahr abhanden gekommen ist), versammelt aber auch Positionen einer kollektiven Introspektive, die sich – in Abwesenheit eines äußeren Gegenübers – intensiv mit Fragen der Identität, der Erinnerung und der Frage nach dem Wesen des Menschen befassen.
Deutlich Bezug auf die Gegenwart nimmt John Madu in seinem Gemälde „We won't miss you“, in dem er seine Figur das Grab der Pandemie schaufeln lässt: „R.I.P. Corona Virus. We won't miss you“prangt auf dem Grabstein, der am Bildrand erscheint, aber das „Todesjahr“im Ungewissen lässt. Madu besticht in seinen Arbeiten durch die emblematische Darstellung Schwarzer Menschen, deren figürliche Kontexte aufgeladenen sind mit ikonografischen Symbolen. Für 2022 plant die Galerie die erste Solo-Ausstellung mit dem 1983 in Nigeria geborenen Maler.
Zu den afrikanischen Künstlern, die zunehmend im Fokus der
Galerie sind, zählt auch Godwin Champs Namuyimba aus Uganda. Seine markante die seltene Erfahrung einer kollektiven globalen Krise machte. macht ihn zu einem der interessantesten Vertreter der zeitgenössischen Kunstszene Afrikas.
Seine Porträts vor abstraktem Hintergrund fordern den Blick heraus und sind eine Schule des Betrachtens. Eine durchdachte Technik steht auch hinter den großformatigen Collagen von Yashua Klos: Der 1977 in Chicago geborene Künstler beschäftigt sich in den vielschichtigen Arbeiten aus eigens bedrucktem Papier mit Schwarzer Identität und Männlichkeit. Das Zusammensetzen einzelner Teile zu einem neuen Ganzen liest sich hier als Metapher für die fragmentierte afroamerikanische Identität.
Kunst aus ganz verschiedenen Traditionslinien
Ein regelrechtes Fest der Farben sind die Arbeiten von Tomokazu Matsuyama. Der 1976 in Japan geborene Maler hat sich für den Brückenschlag von westlicher und fernöstlicher Bildsprache international Anerkennung erworben. In seinen Porträts vor opulenter Kulisse verbindet er die Ästhetik traditioneller japanischer Malerei mit Elementen amerikanischer PopArt – eine Reflexion seines eigenen Aufwachsens zwischen den Kulturen. Farbe und Material sind auch maßgeblich in den Arbeiten von Brian Rochefort, der sich für seine außergewöhnlichen keramischen Arbeiten von den triefenden Farbtöpfen inspirieren lässt, die aus dem Atelier Francis Bacons überliefert sind.
Während die herabrinnenden Farbspuren ein Produkt des Zufalls sind, bearbeitet Brian Rochefort sein Material unter genauer Kontrolle: Das Zusammenspiel der Farben, die Schattierungen von Glanz und Mattheit zeugen von einer meisterhaften Beherrschung des Materials.
Die Künstlerin Summer Wheat, die mit „Shallow Water“2020 in der Galerie ihre erste Einzelausstellung in Europa zeigte, ist in der Gruppenausstellung mit skulpturalen Arbeiten vertreten: Die sogenannten Pepples sind mosaikverkleidete Sitzsteine, die der natürlichen Form von Kieselsteinen nachempfunden sind. Dass auf ihnen gesessen wird, ist Teil des Konzepts: Auf diese Weise soll die durch Videokonferenzen und Bildschirmsubstitution gezeichnete Gesellschaft sich auf ein ganz archaisches Mittel der Kommunikation besinnen – einander Geschichten zu erzählen.
„Summertime“noch bis zum 24. Juli in der hauptstädtischen Zidoun-Bossuyt Gallery, 6, rue Saint-Ulric, Öffnungszeiten: dienstags bis freitags: 10-18 Uhr, samstags 11-17 Uhr
www.zidoun-bossuyt.com