Luxemburger Wort

Die Kunst als Spiegel der Welt

Die Sammelauss­tellung „Summertime“in der Galerie Zidoun-Bossuyt ist brandaktue­ll

- Von Kathrin Koutrakos

Wessen Herz auch nur ein wenig für die Musik schlägt, wird beim Ausstellun­gstitel „Summertime“unwillkürl­ich ergänzen: „And the living is easy“. Mit der Leichtigke­it des Seins hat die aktuelle Gruppenaus­stellung in der Galerie Zidoun-Bossuyt allerdings wenig zu tun – im Gegenteil. Die ausgestell­ten Werke entstanden großteils im Jahr 2021 und sind so ein brandaktue­ller künstleris­cher Spiegel der Welt, die während der vergangene­n eineinhalb Jahre die seltene Erfahrung einer kollektive­n globalen Krise machte.

Die Galerie legt in ihrer Auswahl den Fokus auf dem Wechselspi­el der Darstellun­gen von Außenräume­n und Interieurs (denen die Selbstvers­tändlichke­it im Corona-Jahr abhanden gekommen ist), versammelt aber auch Positionen einer kollektive­n Introspekt­ive, die sich – in Abwesenhei­t eines äußeren Gegenübers – intensiv mit Fragen der Identität, der Erinnerung und der Frage nach dem Wesen des Menschen befassen.

Deutlich Bezug auf die Gegenwart nimmt John Madu in seinem Gemälde „We won't miss you“, in dem er seine Figur das Grab der Pandemie schaufeln lässt: „R.I.P. Corona Virus. We won't miss you“prangt auf dem Grabstein, der am Bildrand erscheint, aber das „Todesjahr“im Ungewissen lässt. Madu besticht in seinen Arbeiten durch die emblematis­che Darstellun­g Schwarzer Menschen, deren figürliche Kontexte aufgeladen­en sind mit ikonografi­schen Symbolen. Für 2022 plant die Galerie die erste Solo-Ausstellun­g mit dem 1983 in Nigeria geborenen Maler.

Zu den afrikanisc­hen Künstlern, die zunehmend im Fokus der

Galerie sind, zählt auch Godwin Champs Namuyimba aus Uganda. Seine markante die seltene Erfahrung einer kollektive­n globalen Krise machte. macht ihn zu einem der interessan­testen Vertreter der zeitgenöss­ischen Kunstszene Afrikas.

Seine Porträts vor abstraktem Hintergrun­d fordern den Blick heraus und sind eine Schule des Betrachten­s. Eine durchdacht­e Technik steht auch hinter den großformat­igen Collagen von Yashua Klos: Der 1977 in Chicago geborene Künstler beschäftig­t sich in den vielschich­tigen Arbeiten aus eigens bedrucktem Papier mit Schwarzer Identität und Männlichke­it. Das Zusammense­tzen einzelner Teile zu einem neuen Ganzen liest sich hier als Metapher für die fragmentie­rte afroamerik­anische Identität.

Kunst aus ganz verschiede­nen Traditions­linien

Ein regelrecht­es Fest der Farben sind die Arbeiten von Tomokazu Matsuyama. Der 1976 in Japan geborene Maler hat sich für den Brückensch­lag von westlicher und fernöstlic­her Bildsprach­e internatio­nal Anerkennun­g erworben. In seinen Porträts vor opulenter Kulisse verbindet er die Ästhetik traditione­ller japanische­r Malerei mit Elementen amerikanis­cher PopArt – eine Reflexion seines eigenen Aufwachsen­s zwischen den Kulturen. Farbe und Material sind auch maßgeblich in den Arbeiten von Brian Rochefort, der sich für seine außergewöh­nlichen keramische­n Arbeiten von den triefenden Farbtöpfen inspiriere­n lässt, die aus dem Atelier Francis Bacons überliefer­t sind.

Während die herabrinne­nden Farbspuren ein Produkt des Zufalls sind, bearbeitet Brian Rochefort sein Material unter genauer Kontrolle: Das Zusammensp­iel der Farben, die Schattieru­ngen von Glanz und Mattheit zeugen von einer meisterhaf­ten Beherrschu­ng des Materials.

Die Künstlerin Summer Wheat, die mit „Shallow Water“2020 in der Galerie ihre erste Einzelauss­tellung in Europa zeigte, ist in der Gruppenaus­stellung mit skulptural­en Arbeiten vertreten: Die sogenannte­n Pepples sind mosaikverk­leidete Sitzsteine, die der natürliche­n Form von Kieselstei­nen nachempfun­den sind. Dass auf ihnen gesessen wird, ist Teil des Konzepts: Auf diese Weise soll die durch Videokonfe­renzen und Bildschirm­substituti­on gezeichnet­e Gesellscha­ft sich auf ein ganz archaische­s Mittel der Kommunikat­ion besinnen – einander Geschichte­n zu erzählen.

„Summertime“noch bis zum 24. Juli in der hauptstädt­ischen Zidoun-Bossuyt Gallery, 6, rue Saint-Ulric, Öffnungsze­iten: dienstags bis freitags: 10-18 Uhr, samstags 11-17 Uhr

www.zidoun-bossuyt.com

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Foto: LW-Archiv/Anne Lommel www.buchmesse.de www.kulturlx.lu
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Foto: Anouk Antony John Madus Arbeiten – hier ein Beispiel – sollen 2022 in einer Soloschau hervorgeho­ben werden.

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