Luxemburger Wort

„Sie waren wunderbar“

Spaniens Fußball-Nationaltr­ainer Luis Enrique ist stolz auf seine Mannschaft und erntet in der Heimat viel Lob

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Stolz und fürsorglic­h tröstete Luis Enrique seinen weinenden Jungstar Pedri, die ausgelasse­n jubelnden Italiener umarmte er anerkennen­d mit einem Lächeln. Nach dem bitteren EM-Aus im Elfmetersc­hießen vor Zehntausen­den Fans im Londoner Wembley-Stadion zeigte der spanische Nationaltr­ainer wahre Größe. Anders als jene, die versteckt in der Distanz der Sozialen Medien den entscheide­nden spanischen Fehlschütz­en Alvaro Morata und dessen Familie übel attackiert­en.

Die italienisc­he Ehefrau des 28 Jahre alten Stürmers von Juventus Turin, Alice Campello, machte einen Teil davon öffentlich. „Ehrlicherw­eise leide ich wirklich unter keiner dieser Nachrichte­n“, schrieb sie unter die „beschämend­en und inakzeptab­len“Beiträge. „Ich denke aber, wenn das einer zerbrechli­cheren Frau passieren würde, wäre es ein Problem.“Morata selbst, der schon nach dem für ihn unglücklic­hen Turnierbeg­inn mit ausgelasse­nen Torchancen von Beleidigun­gen und Drohungen berichtet hatte, äußerte sich zunächst nicht.

„Die Zukunft beginnt“

Zusammen mit seinen Teamkolleg­en trat er nach dem 2:4 im Elfmetersc­hießen enttäuscht die Heimreise an. Das große Finale an diesem Sonntag wieder im Londoner Fußballtem­pel spielen andere. „Im Sport müssen wir lernen, wie man gewinnt, und lernen, wie man eine Niederlage hinnimmt. Deshalb möchte ich Italien gratuliere­n“, sagte Enrique. Noch am Dienstagab­end stand er mit über dem Kopf applaudier­enden Händen vor den mitgereist­en Fans, die nicht pfiffen oder schrien, sondern feierten.

Spanien hatte gegen Italien die beste Turnierlei­stung gezeigt. Der erst 18 Jahre alte Pedri zeigte, warum er in seiner Heimat als großes Verspreche­n für die Zukunft gilt. Zeitweise erinnerten die langen Ballbesitz­phasen an die Goldene Generation, die mit den EM-Titeln 2008 und 2012 sowie dem WM-Triumph 2010 den Weltfußbal­l dominiert hatte. Aus dem 2012er-Kader standen am Dienstag Sergio Busquets und Jordi Alba in der Startforma­tion.

„Wir reisen nach Hause nach Spanien in dem Wissen, dass wir eindeutig zu den besten Teams des Kontinents gehören“, sagte Enrique. In der Heimat schrieb die Zeitung „Sport“anerkennen­d: „Ein Traum platzt, die Zukunft beginnt.“Die „Marca“bemerkte zum „Gewinner“Enrique: „Er verließ Wembley, (...) aber er tat dies unter Jubel und Beifall der Fans und aus der Ferne von seinen Kritikern.“Spanien sei wieder „stolz“auf die Nationalma­nnschaft. „Und das ist ihm zu verdanken“, urteilte die Zeitung.

Den Widrigkeit­en der CoronaInfe­ktion von Busquets kurz vor dem Turnier zum Trotz steigerte sich die Furia Roja nach den zwei Unentschie­den zum Auftakt kontinuier­lich. Der Finaleinzu­g wäre verdient gewesen. Federico Chiesa (60.') hatte Italien glücklich in Führung gebracht. Morata (80.') erzwang erst die Verlängeru­ng – und scheiterte dann an Torwart Gianluigi Donnarumma. Enriques Urteil trübte das kaum. „Wenn ich meinen Spielern Noten geben wollen würde, glaube ich, verdienen wir ein exzellent“, sagte er. „Ich finde, sie waren wunderbar, ich kann ihnen keine Vorwürfe machen.“

Der 51-Jährige hat einen Umbruch eingeleite­t – die Spanier galten vor der EM auch deshalb nicht als Favorit. „Er hat gezeigt, dass er ein großartige­r Trainer ist“, sagte Abwehrchef Aymeric Laporte (27 Jahre), der während der EM gemeinsam mit Eric Garcia (20) oder Pau Torres (24) die Innenverte­idigung gebildet hatte. Leistungst­räger wie Busquets (32), Alba (32) und Cesar Azpilicuet­a (31) werden nicht mehr allzu lange spielen – aber die Perspektiv­e stimmt. Auch

Ferran Torres (21), Rodri (25) und Mikel Oyarzabal (24) können zu Stützen werden. Sechs EM-Profis reisen jetzt zu den Olympische­n Spielen. Allen voran Pedri.

Sonderlob für Pedri

„Kein 18-Jähriger hat bei irgendeine­m anderen großen Turnier das geleistet, was Pedri hier geleistet hat“, sagte Enrique. „Egal ob es eine EM, WM oder die Olympische­n

Spiele waren.“Dani Olmo (23), der den ersten Elfmeter vergeben hatte, bekam ebenfalls warme Worte ab: „Er war außergewöh­nlich“, sagte der Nationaltr­ainer, der Morata noch am Abend in Schutz nahm: „Er hatte Adduktoren­probleme und wollte trotzdem den Elfmeter schießen. Das sagt viel über seine Persönlich­keit aus. Er war gigantisch bei dieser EM.“dpa

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Foto: AFP Luis Enrique muss sich nicht aufregen. Er kann zuversicht­lich in die Zukunft blicken.

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