Pogacar hat alles unter Kontrolle
Wout van Aert gewinnt schwere Mont-Ventoux-Etappe bei der Tour de France
Tadej Pogacar (Emirates) hat auch in der Mondlandschaft des mythischen Mont Ventoux die Konkurrenz beherrscht und den nächsten großen Schritt zum erneuten TourSieg gemacht. Beim beeindruckenden Sieg von „Schwergewicht“Wout van Aert auf der brutalen doppelten Kletterpartie am kahlen Riesen der Provence baute der 22 Jahre alte Titelverteidiger seinen Vorsprung in der Gesamtwertung deutlich aus – musste allerdings erstmals einen Rivalen am Berg ziehen lassen.
Der Slowene Pogacar erreichte nach der rasenden Abfahrt vom berüchtigten 1 910 m hohen Gipfel mit einem Rückstand von 1'38'' auf den Sieger das Ziel der elften Etappe der 108. Tour de France. Und dieser war nach 198,9 km in Malaucene ein ganz bemerkenswerter.
Der belgische Alleskönner Van Aert (Jumbo), der mit 1'14'' Vorsprung auf den Franzosen Kenny Elissonde (Trek) gewann, hatte sich am Vortag im Sprint von Valence als Zweiter nur knapp dem britischen Blitz Mark Cavendish (Deceuninck) geschlagen geben müssen. Nun düpierte er mit seinen rund 80 kg alle Kletter-Asse. „Das ist vielleicht mein bester Sieg. Wir hatten als Team so viel Pech, haben heute auch noch Tony Martin verloren“, sagte Van Aert, dessen deutscher Jumbo-VismaTeamkollege nach einem üblen Sturz ausschied.
Komfortabler Vorsprung
In der Gesamtwertung führt Pogacar mit 5'18'' auf den Kolumbianer Rigoberto Uran (Education First). Dritter ist der junge Däne Jonas Vingegaard (5'32''). Der Teamkollege Van Aerts hatte mit dem Mann im Gelben Trikot kurz vor der zweiten Gipfelpassage am Ventoux attackiert und sich schließlich von Pogacar abgesetzt – auf der Abfahrt fuhr dieser aber wieder heran. Der bisherige Zweite Ben O'Connor (AUS/Ag2r) fiel deutlich zurück.
Nur noch ein Sturz oder ein kapitaler Einbruch in den Pyrenäen kann Wunderkind Pogacar wohl davon abhalten, jüngster Doppelchampion der Tour-Geschichte zu werden. Zumindest letzteres scheint nach den bisherigen Auftritten des UAE-Kapitäns unwahrscheinlich.
Mit der Etappe hatten die Organisatoren für ein Novum in 118 Jahren Tour-Geschichte gesorgt. Erstmals wurde der Ventoux gleich zwei Mal über unterschiedliche Routen überquert. Auch wenn das
Ziel nicht auf dem Gipfel, sondern im Talort Malaucène lag, war es eine außergewöhnliche Schinderei.
Pogacar war vor der Schlüsseletappe erneut mit der Frage konfrontiert worden, ob und wie ein Radprofi seines Alters derartige Leistungen sauber vollbringen können. „Ich habe sie beantwortet und auch Fakten geliefert“, sagte Pogacar mehr treuherzig als genervt: „Ich weiß nicht, was ich sonst noch tun kann, um meine Unschuld zu beweisen.“sid