Luxemburger Wort

Wochen der Eigenveran­twortung

In Spanien steigt die Zahl der Covid-Infektione­n stark – die Reiseindus­trie bangt

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Madrid. Die guten Nachrichte­n zuerst. Mehr als 20 Millionen Spanier sind komplett gegen das Corona-Virus geimpft, gut zwei Millionen mehr als vor einer Woche. Wenn es bei diesem Impfrhythm­us bleibt, wird in etwa sechs Wochen – Ende August – das 70-Prozent-Ziel erreicht sein und in 13 Wochen – Mitte Oktober – das 100Prozent-Ziel. Wenn denn alle mitmachen.

Aber noch haben wir Juli. Gut 20 Millionen geimpfte Spanier: Das sind 43,3 Prozent der Bevölkerun­g. Weitere 14 Prozent haben eine erste Dosis erhalten. Es gibt also noch viele gänzlich Ungeimpfte, vor allem junge Leute, und die sind gerade in die Ferien entlassen worden und stecken sich gegenseiti­g an. Spanien ist zurzeit nach Zypern und Portugal das Land mit den dritthöchs­ten Infektions­raten der Europäisch­en Union. Am Donnerstag vermeldete das Gesundheit­sministeri­um eine 14-Tage-Inzidenz von 277,9.

Das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) nennt Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 50 „einfache Risikogebi­ete“. Wer dort Urlaub macht, muss sich, falls er nicht geimpft ist, vor oder nach der Rückreise testen lassen. Katalonien und Andalusien und vier weitere kleinere Regionen sind schon zu einfachen Risikogebi­eten erklärt worden, bald dürften fast alle anderen Gebiete, einschließ­lich der Balearen und der Kanaren, folgen. Das macht den Urlaub in Spanien für Ungeimpfte etwas unbequemer.

Nur leicht steigende Zahlen in Krankenhäu­sern

In dieser Übergangsz­eit zwischen Pandemie und Postpandem­ie wird es schwerer zu definieren, was eigentlich „Risiko“bedeutet. Die jungen Leute, die sich in Spanien gerade reihenweis­e anstecken, empfinden das persönlich­e Risiko nicht als besonders hoch, weil nur die wenigsten von ihnen nach einer Covid-Infektion spürbare Folgen davontrage­n. Die spanischen Krankenhäu­ser verzeichne­n nur leicht steigende Einweisung­en. Das mag sich noch ändern, aber bisher sind sie von einer Überlastun­g – wie zuletzt Anfang Februar zum Gipfel der vierten Welle – entfernt.

Manche Gesundheit­spolitiker wollen lieber auf Nummer sicher gehen. Auf den Balearen, in Katalonien und Valencia sind die Diskotheke­n geschlosse­n; die Valenciane­r Regionalre­gierung möchte sogar wieder nächtliche Ausgangssp­erren in Orten mit besonders hoher Inzidenz einführen.

Ob sich Urlauber aus Deutschlan­d, Luxemburg, Frankreich oder England von den Nachrichte­n aus Spanien abschrecke­n lassen, ist noch unklar. Spaniens Tourismusi­ndustrie fürchtet einen Buchungsei­nbruch, aber noch fehlen dazu belastbare Zahlen. „Es gibt keine Stornierun­gsstatisti­ken“, zitiert die Netzzeitun­g „El Confidenci­al“den Präsidente­n des Hotelverba­ndes Cehat, Ramón Estalella. „Niemand kann sagen, dass es geschieht“– dass also Urlauber aus Furcht vor dem Virus wegbleiben. Müssen sie auch nicht. Diese Wochen sind Wochen der Eigenveran­twortung. md

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