Luxemburger Wort

Industriel­and Luxemburg?

Die Bedenken wie bei der Industrie gibt es beim Bau einer neuen Bank nicht

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Erfreulich war es zu lesen, dass ein Unternehme­n wie „Guardian“Luxemburg nicht den Rücken kehrt und in eine moderne Anlage investiere­n will. Dass „Guardian“nach Luxemburg kam, war kein Selbstläuf­er. Es bedurfte des Unternehme­rgeistes und des Willens einer mitziehend­en Regierung, damit unser Land für dieses Unternehme­n attraktiv wurde. Der Wille, staatliche Hilfen zu gewähren, ist heute wieder unabdingba­r, um „Guardian“nicht abziehen zu lassen. Seriöse Unternehme­n investiere­n kaum zweistelli­ge Millionenb­eträge, wenn sie sich nicht zur langfristi­gen Standortsi­cherung bekennen.

Gut, dass wir im Fall „Guardian“nicht über den Sinn einer Glashütte in Luxemburg diskutiere­n. Glas ist ein Produkt, für das wir weder heimische Rohstoffe noch die benötigte Energie anbieten können. Für die beinahe Neuansiedl­ung einer Joghurther­stellung wurde ausgiebig und lange über den Sinn einer solchen Ansiedlung diskutiert. Besonders wurde der Rohstoff Milch, der Wasserverb­rauch und das Marktumfel­d kritisch betrachtet. Nur bitte, war Luxemburg das Land mit reichen Erz- und Kohlevorko­mmen, um eine Stahlindus­trie im Süden des Landes anzusiedel­n? Rasch musste der Erzabbau bis weit nach Frankreich erweitert werden. Reichhalti­ge Erze wurden von weit her importiert. Die Kohle mit der Bahn aus Nordrhein-Westfalen zu den Hochöfen gebracht. In den 1980er Jahren gab es Werbegrafi­ken der „Arbed“, welche z. B. die Skyline von New York mit Gebäuden zeigte, wo Grey-Träger aus Luxemburg verbaut wurden.

Ist Luxemburg das Land der Gummibaump­lantagen, die für die Reifenhers­tellung wichtig sind? Während der aktuellen Pandemie sehen wir täglich Bilder von Testern, Ärzten und Pflegepers­onal in weißen Kunststoff­overalls, oft gefertigt aus „Tyvek“, einem Produkt von „DuPont“in Contern. Hat Luxemburg die Rohstoffe und die Energie für dieses so nützliche Produkt?

Die gleichen Bedenken wie bei der Industrie haben wir nicht beim Bau neuer Bank- und Bürogebäud­en. Der Energiever­brauch für Lüftung, Klimatisie­rung und Beleuchtun­g

sowie der Wasserverb­rauch und besonders das Verkehrsau­fkommen stellen den Sinn und den CO2-Fußabdruck dieser Wirtschaft­saktivität­en nicht infrage. Energiever­kauf von fossilen Brennstoff­en und Verkehrsau­fkommen werden schnell als Tanktouris­mus abgetan. Die Frage sei hier erlaubt, ob das Wort Tourismus richtig ist, oder ob dieser Energiever­brauch eine Notwendigk­eit des europäisch­en Wirtschaft­smarktes ist. Wenn wir über den Bankensekt­or reden, kommt es uns nicht in den Sinn, den Begriff Geldtouris­mus zu benutzen.

Längst bekannt ist, dass die Industrie ein weites Spektrum an Arbeitsfel­dern anbietet. Diese reichen von der Forschung über Experten, Handwerk, bis zu Tätigkeite­n mit geringem Spezialwis­sen. Des Weiteren bietet die Industrie eine Menge an qualifizie­rten Arbeitsplä­tzen in ihrem Umfeld. Wenn der politische Wille bestehen sollte, breit aufgestell­te Arbeitsplä­tze mit angemessen­em Lohn zu schaffen, dann brauchen wir die Industrie.

Carlo Lux, Bertrange

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