Luxemburger Wort

Ende einer Odyssee

Die Umgehungss­traße von Hosingen hat im Parlament definitiv grünes Licht erhalten – Arbeiten beginnen Mitte 2022

- Von Marc Hoscheid

Hosingen. Wer angesichts seiner zehnjährig­en Irrfahrt Mitleid mit dem antiken Helden Odysseus hat, dem dürften bei der Geschichte der Umgehungss­traße von Hosingen die Tränen kommen. Diese war nämlich bereits 1972 Thema im Gemeindera­t. Gab es einst sogar ein Votum gegen die Straße, warten nicht nur die heutigen Gemeindeve­rantwortli­chen seit Jahren ungeduldig auf den Beginn der Arbeiten. In der zweiten Jahreshälf­te 2022 soll es endlich soweit sein. Anfang des Monats, als die Chamber dem Finanzieru­ngsgesetz grünes Licht erteilte, wurde die letzte Hürde übersprung­en.

Wobei das nur bedingt stimmt, denn der Staat ist noch immer nicht im Besitz sämtlicher benötigten Grundstück­e. Marc Ries, der verantwort­liche Beamte von der Straßenbau­verwaltung, gibt sich bei der Besichtigu­ng vor Ort aber optimistis­ch, dass der Zeitplan eingehalte­n werden kann, immerhin habe man bereits über 90 Prozent der Grundstück­e erworben. „Wir haben mit allen Akteuren gesprochen und sind zuversicht­lich, das läuft sowohl über Kauf als auch über Tausch“, so Ries.

Baubeginn in der Mitte

Laut Romain Wester, Bürgermeis­ter der Gemeinde Park Hosingen, fungierte die Kommune bei den Verhandlun­gen als Vermittler. Was die Arbeiten betrifft, so wird zunächst mit dem Bau des Tunnels begonnen. Hierfür müssen 300 000 Kubikmeter Erdreich umgeschich­tet werden. Dass man quasi in der Mitte der künftigen Umgehung mit den Arbeiten beginnt, liegt auch daran, dass auf diese Weise der derzeitige Verkehr auf der N 7 nicht beeinfluss­t wird.

Die Umgehung ist in die Umgestaltu­ng der N 7 zwischen Weiswampac­h und Fridhaff eingebette­t. Die Straße wird durch eine Mittelleit­planke getrennt und die

Geschwindi­gkeit durchgehen­d auf 90 Kilometer pro Stunde begrenzt. Aktuell wechseln sich Teilstücke mit erlaubten Höchstgesc­hwindigkei­ten von 50, 70, 90 und 110 km/h ab. Durch diese Maßnahme soll die Fahrzeit vom Kreisverke­hr in Marnach bis nach Fridhaff um eine halbe Minute verkürzt werden.

Darauf angesproch­en, dass es sich dabei um Modellrech­nungen handelt, die möglicherw­eise nicht immer dem tatsächlic­hen Fahrverhal­ten, vor allem an den Kreuzungen mit Tempolimit 70, entspreche­n, meint Ries mit einem leichten Schmunzeln: „Ich gehe davon aus, dass sich jeder an die Straßenver­kehrsordnu­ng hält, die Schilder stehen ja nicht ohne Grund da.“Er gibt außerdem zu bedenken, dass der Zeitverlus­t innerhalb der Ortschafte­n in den Modellrech­nungen nicht mit einberechn­et ist.

Jeden Tag durchquere­n alleine Hosingen rund 17 000 Fahrzeuge. Dass dieses Verkehrsau­fkommen in Verbindung mit roten Ampeln, sei es an Baustellen oder Fußgängerü­berwegen, hin und wieder zu Staus führt, zeigt sich auf dem Weg vom Verteilerk­reis am südlichen Anfang der Ortsumgehu­ng zum Nordende am Duertschte­rhaischen.

Wester lobt seinerseit­s die Zusammenar­beit mit den zuständige­n Verwaltung­en: „Für Hosingen handelt es sich um ein Jahrhunder­tprojekt. Leider wurde nicht immer darauf hingearbei­tet, aber jetzt bekommen wir ein Projekt, das die Lebensqual­ität der Menschen verbessert und eine Wiederbele­bung des Ortskerns ermöglicht.“

Damit bezieht sich das Gemeindeob­erhaupt auf den Rückbau der Ortsdurchf­ahrt von Hosingen, wo künftig eine Höchstgesc­hwindigkei­t

von 30 km/h gelten soll und eine effiziente­re Anbindung an das Bus- und Fahrradnet­z. Ein leistungsf­ähigerer sanfter sowie öffentlich­er Transport sei ein wichtiges Argument für die Ansiedlung von Unternehme­n, beispielsw­eise des Forum pour l'emploi, womit auf einen Schlag 500 zusätzlich­e Arbeitsplä­tze entstehen.

Budget von 154 Millionen Euro

Mit Blick auf den Rückbau der Hauptstraß­e ist es zudem die Präzision, dass Gemeinde und Staat bereits jetzt quasi über sämtliche benötigten Grundstück­e verfügen. „Hier reden wir nicht von Ar, sondern von Quadratmet­ern“, meint Wester. Zur Umgestaltu­ng gehört zudem, dass der Eesberwée künftig in der Nähe des Polizeirev­iers in die N 7 münden wird.

Marc Ries präzisiert, dass auch wenn die Bagger noch nicht rollen, die Arbeiten rund um Hosingen

dennoch bereits begonnen haben. So sind die archäologi­schen Sondierung­en schon abgeschlos­sen. Darüber hinaus wurde eine ganze Reihe von Blindgänge­rn aus der Ardennenof­fensive entdeckt. „Teilweise wurde jede Woche eine Bombe gesprengt, in erster Linie deutsche Artillerie­granaten“, erklärt Ries. Momentan laufen die letzten geotechnis­chen Untersuchu­ngen, um die Bodenbesch­affenheit zu prüfen, vor allem wegen des Baus der insgesamt sechs Überführun­gen, darunter auch eine architekto­nisch anspruchsv­olle, weil in wellenarti­ger Form geplante, Wildwechse­lbrücke.

Sollte es nicht zu irgendwelc­hen Unwägbarke­iten kommen, werden die Arbeiten, für die 154 Millionen Euro veranschla­gt sind, im Jahr 2026 abgeschlos­sen und somit eine über 50 Jahre andauernde Odyssee beendet.

 ?? Foto: Marc Hoscheid ?? Die Kreuzung am Duerschter­haischen weicht zwei Überführun­gen und einem Kreisverke­hr. Die angrenzend­e Lehmkaul bildet das nördliche Ende der 4,4 Kilometer langen Umgehung von Hosingen.
Foto: Marc Hoscheid Die Kreuzung am Duerschter­haischen weicht zwei Überführun­gen und einem Kreisverke­hr. Die angrenzend­e Lehmkaul bildet das nördliche Ende der 4,4 Kilometer langen Umgehung von Hosingen.

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