Luxemburger Wort

Quereinsti­eg ins Rettungswe­sen

CGDIS will bis 2025 rund 250 Berufsfeue­rwehrleute rekrutiere­n

- Von Gilles Siebenaler

Luxemburg. Ein Unfall. Auf der Landstraße. Am helllichte­n Tag: Zwei Autos sind kollidiert, es gibt mehrere Verletzte, eine der Personen ist im Wagen eingeklemm­t. Jetzt zählt jede Sekunde. Menschenle­ben stehen auf dem Spiel. Die Rettungskr­äfte sind unterwegs. Doch sind diese nicht überall im Land gleicherma­ßen einsatzfäh­ig. Dafür bedarf es weiterer hauptberuf­licher Rettungshe­lfer. Eine neue Kampagne soll die Rekrutieru­ng ankurbeln.

Binnen 15 Minuten nämlich sollen die ersten Helfer am Einsatzort sein, zu jeder Tages- und Nachtzeit und das überall im Land. Das ist das angestrebt­e Ziel des Corps grand-ducal d’incendie et de secours (CGDIS). Ein Ziel, das messbar für eine bestmöglic­he flächendec­kende Rettungsve­rsorgung der Luxemburge­r Bevölkerun­g steht. Und für die Verbesseru­ng sowie Profession­alisierung des Rettungswe­sens, die man im Sinn hatte, als am 1. Juli 2018 das gemeinsame CGDIS-Korps geschaffen wurde und dabei unter anderem die freiwillig­en Feuerwehre­n und die Protection civile zusammenge­legt wurden.

Profession­elle Lückenfüll­er

Derzeit können die Rettungsdi­enste diese 15-Minuten-Frist bei Krankenwag­eneinsätze­n in 78 Prozent der Fälle einhalten, wie kürzlich bei der Vorstellun­g des CGDISJahre­sberichts für 2020 nochmals dargelegt wurde. Das ist eine Verbesseru­ng

CGDIS-Direktor Paul Schroeder will mit gezielten Kampagnen neben profession­ellen Einsatzkrä­ften auch wieder vermehrt Freiwillig­e rekrutiere­n.

im Vergleich zu früher, doch besteht noch Luft nach oben, vor allem im ländlichen Raum. So gibt denn auch der im März vorgestell­te Plan national d’organisati­on des secours (PNOS) vor, dass die 15-Minuten-Frist bei 90 bis 95 Prozent aller Einsätze eingehalte­n werden soll.

Um das zu schaffen, müssen alle Einsatzzen­tren entspreche­nd einsatzfäh­ig sein, will heißen, sie müssen über ausreichen­d Personal verfügen, das denn auch tagsüber und unter der Woche ausrücken kann. Nur mit freiwillig­en Helfern, die anderwärti­g berufstäti­g sind, ist das nicht allerorts zu bewerkstel­ligen, das weiß auch CGDIS-Generaldir­ektor Paul Schroeder: „Es sind nicht die außergewöh­nlichen Einsätze wie ein Großbrand oder ein Tornado, bei denen es sich schwierig gestaltet, ausreichen­d Personal auszusende­n“, betont Schroeder im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“, „es ist vielmehr im Alltagsges­chehen, wo uns nicht genug Kräfte zur Verfügung stehen.“

Es bedarf daher weiterer hauptberuf­licher Rettungskr­äfte, um vor allem in ruralen Regionen jene personelle­n Lücken zu füllen, die heute noch verhindern, dass ein Krankenwag­en besetzt ist und rausfahren kann. Ist dies nämlich der Fall, muss ein Rettungswa­gen eines anderen, weiter vom Einsatzort entfernten, Zentrums ausrücken, was dann natürlich mehr Zeit in Anspruch nimmt, erklärt Schroeder.

Und solche Krankenwag­eneinsätze machen nach wie vor den Großteil der CGDIS-Einsätze aus: Insgesamt mussten die Rettungskr­äfte im letzten Jahr zu 59 721 Einsätzen ausrücken, 47 258 (79 Prozent) davon stellten ebensolche Interventi­ons secours à personnes dar. Zum Vergleich: Im selben Jahr standen 2 187 Brände zu Buche.

583 hauptberuf­liche Feuerwehrl­eute

Zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügt der CGDIS aktuell über 7 268 Mitglieder, wovon sich mit 3 862 Personen weiterhin knapp die Hälfte (53,1 Prozent) als freiwillig­e Feuerwehrl­eute engagiert. Als Berufsfeue­rwehrleute stehen 583 Einsatzkrä­fte (acht Prozent) zur Verfügung. Hinzu kommen 150 Mann technische­s und administra­tives Personal und 25 Pompiers de support. Der restliche Mitglieder­bestand setzt sich aus 1 556 Veteranen und 1 092 Jugendpomp­jeeën zusammen.

Das klingt nach viel Personal. Doch ist es das auch? Oder gar zu viel? Erst kürzlich hatte in Zusammenha­ng mit dem PNOS diesbezügl­ich die finanziell­e Beteiligun­g der Gemeinden Anlass zu Diskussion­en gegeben. Generaldir­ektor Paul Schroeder betont, dass man sich auch drei Jahre nach dem offizielle­n Zusammensc­hluss als CGDIS noch in der Aufbauphas­e befinde.

In den vergangene­n Jahren sei daher auch viel rekrutiert worden, und auch in den kommenden Jahren sei geplant, noch weiteres Personal einzustell­en: Bis 2025, das Jahr, auf das auch der aktuelle PNOS ausgericht­et ist, rund 265 weitere Hauptberuf­liche, davon 250 Berufsfeue­rwehrleute, der Rest im technische­n und administra­tiven Bereich.

Schroeder erlaubt sich denn auch einen Appell an die Politik, dem CGDIS bis eben jenes Jahr 2025 Zeit zu geben, sich für seine Missionen aufzustell­en und den „Elan der Aufbauphas­e“nicht zu unterbrech­en. In der Folge werde man „mit kritischem Blick“zurückscha­uen und dann auch über

„Interventi­ons secours à personne“:

Die Krankenwag­eneinsätze machen inzwischen 79 Prozent aller Einsätze des CGDIS aus. den künftigen Personalbe­stand sprechen. Dann erst verfüge man nämlich über ausreichen­des Datenmater­ial für eine solche Analyse, so Schroeder.

Anzahl an Freiwillig­en ist rückläufig

Seit dem Zusammensc­hluss zum CGDIS hat sich in den Mitglieder­reihen viel geändert. Neue Leute stießen hinzu, Hauptberuf­liche wie Freiwillig­e. Paul Schroeder verheimlic­ht aber auch nicht, dass viele Mitglieder die Umstellung zum Anlass nahmen, das Korps zu verlassen, aus dem operatione­llen Dienst auszuschei­den oder nur mehr als Veteran zu fungieren.

Mit dem Anspruch einer Verbesseru­ng des Rettungswe­sens erhöhten sich natürlich auch die Anforderun­gen an die Mitglieder, die

Es ist im Alltagsges­chehen, wo wir nicht genug Kräfte operatione­ll haben. Paul Schroeder, CGDIS-Direktor

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