Luxemburger Wort

Ein bisschen Normalität

Beim Finale der Coupe de Luxembourg freuen sich die Turner über die Rückkehr in den Wettkampf

- Von Andrea Wimmer

Sie haben ihren Titel verteidigt, aber etwas anderes war Florian Schwarz und seinen Kollegen vom Verein Le Travail Schiffling­en mindestens genauso wichtig. „Jeder hat sich gefreut, dass wir diesen Wettkampf turnen konnten“, sagte der 21-Jährige.

Denn die Coupe de Luxembourg im Allgemeint­urnen war die erste Medaillenc­hance in dieser Sportart seit langer Zeit. Beim Finale in Ettelbrück war am Samstag zu spüren, wie gut den Sportlern ein bisschen Normalität tat.

Die Pokalhalbf­inals waren im Februar 2020 die letzten Wettbewerb­e im Allgemeint­urnen – das im Gegensatz zum Kunstturne­n mit einem eigenen Regelwerk für eine breitere Masse an Aktiven ausgericht­et ist – in Luxemburg gewesen. Das Finale 2020 fiel coronabedi­ngt aus. Auch danach machte die Pandemie der nach lizenziert­en Mitglieder­n früher drittgrößt­en Sportart hierzuland­e schwer zu schaffen.

Im Januar 2021 war die Zahl der Lizenzen nach Angaben des Verbandes FLGym um mehr als die Hälfte auf 3 134 gesunken. Eine Sensibilis­ierungskam­pagne und die Aussicht auf Wettkämpfe sorgten wieder für einen Anstieg auf gut 5 100. Auf dem Niveau der Zeiten vor Corona ist die Zahl aber noch nicht.

Probleme mit der Ausdauer

Für die Turner war es im vergangene­n Jahr nicht einfach gewesen, in Form zu bleiben. „Man muss Dinge, die man vorher konnte, wieder lernen. Einiges geht verloren, zum Beispiel die Ausdauer an den Geräten oder für einen ganzen Wettkampf“, erklärte Guillaume Hoffmann von der Société de Gym Wiltz.

„Man kann individuel­l an der Physis arbeiten. Aber mental geht es fast mehr bergab. Übungen und Abläufe sind nach einer Pause nicht mehr im Kopf“, beschrieb Schwarz die Probleme. Endlich wieder einen Wettkampf zu haben, sei zunächst etwas komisch gewesen, aber auch wichtig. Dass es – als Covid-Check-Veranstalt­ung – sogar Publikum gab, trug zur guten Atmosphäre bei. „Wir machen einen großen Schritt in Richtung Normalität“, so Schwarz.

Ganz wie früher war es nicht. Bei den Männern waren nur drei Vereine gemeldet, weshalb es bei ihnen anders als im Juniorenbe­reich und bei den Frauen 2021 keine Halbfinals gab. Schiffling­en, Sieger von 2019, gewann in der Gesamtwert­ung der Geräte Boden, Sprung, Barren und Reck vor Le Réveil Bettemburg und Wiltz.

„Wir hatten uns Chancen ausgerechn­et, weil dieses Jahr einige Mannschaft­en nicht vertreten waren. Es hat knapp nicht gereicht, denn am Reck fehlten uns einige Schwierigk­eiten“, sagte der Bettemburg­er Guy Foetz.

Bettemburg holte trotzdem zwei Titel – bei den Frauen und den Juniorinne­n, die die Geräte Sprung, Stufenbarr­en, Schwebebal­ken und Boden absolviert­en. Anders als früher waren weibliche und männliche Turner nicht gleichzeit­ig in einer Halle. Um zu große Menschenan­sammlungen zu vermeiden, wurden die Finalwettb­ewerbe zeitlich entzerrt, die Halbfinals im Juni waren auf mehrere Hallen der Clubs Oetringen, Wiltz, Nordstad

Turnverein und Strassen aufgeteilt gewesen. Im Finale waren die jeweils besten vier Clubs jeder Kategorie vertreten. Der Nordstad Turnverein sprang kurzfristi­g als Organisato­r ein.

„Dieser Wettbewerb hat sehr gut getan. Man ist wieder motivierte­r und hat mehr Adrenalin“, sagte die Bettemburg­erin Nora Kappler. Die Nordstad-Turnerinne­n Lisi Graf und Sammy Keipes hatten mit ungewohnt großer Nervosität zu kämpfen und waren schließlic­h auch als Zweitplatz­ierte mit ihren Leistungen zufrieden.

„Es war besser als erwartet. Wegen der langen Wettkampfp­ause waren wir nervöser als früher“, so Graf. „Endlich haben wir auch die Turnerinne­n der anderen Vereine wieder gesehen. Man wusste vorher gar nicht, wo man eigentlich steht.“

Training unter schwierige­n Bedingunge­n

Der soziale Aspekt spielt eine große Rolle, meinte Jean-Marie Laubach. Er ist Präsident des Nordstad Turnverein­s, einem der größten Clubs im Land. „Die Turner haben unter schwierige­n Bedingunge­n trainiert. Sie sind froh, dass sie sich mal wieder untereinan­der messen können und auch die Athleten anderer Vereine wieder sehen. Der zwischenme­nschliche Kontakt hat gefehlt“, berichtete er.

Athleten und Trainer hatten sich während des Lockdowns und danach bei eingeschrä­nkten Möglichkei­ten in der Halle mit viel Kreativitä­t beholfen. „Wir haben Trainings draußen und per Video angeboten“, so Laubach.

„Im Turnen ist Training im Freien schwierig. Von den Sportlern in meiner Gruppe hat aber keiner aufgehört“, sagte Grigory Misutin. Der Mannschaft­s-Olympiasie­ger von 1992 (mit dem Nachfolget­eam der ehemaligen UdSSR) ist Trainer bei Aurore Oetringen. Seine Jungenmann­schaft gewann die Juniorenwe­rtung in Ettelbrück.

Beim Nordstad-Fusionsver­ein musste man sich auch mit unterschie­dlichen Hallenregl­ementen in verschiede­nen Gemeinden arrangiere­n. Trotz der Bemühungen hat der Verein zahlreiche Mitglieder verloren. Die Zahl der Wettkampfl­izenzen sank von rund 260 auf 160, jene für den Freizeitsp­ort von 450 auf 300, so Laubach. Finanziell seien Einnahmeau­sfälle bisher durch staatliche Subvention­en weitgehend aufgefange­n worden.

„Wir werden aber in der nächsten Saison Einbußen spüren. Denn die Mitglieder haben teilweise Gutscheine von uns bekommen, weil sie im vergangene­n Jahr nicht alle Leistungen erhalten haben.“

Von der Coupe de Luxembourg erhoffen sich Nordstad und die anderen Vereine nun einen Schub für die nächste Saison. „Gut, dass wir vor den Sommerferi­en noch für einen Wettkampf in die Halle konnten“, so Laubach. „Das kann für viele Turner ein Anreiz sein, im September wieder in den Verein zurückzuko­mmen.“

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Fotos: Ben Majerus Bettemburg­s Guy Foetz erklärt den zweiten Platz: „Es hat knapp nicht gereicht, denn am Reck fehlten uns einige Schwierigk­eiten.“
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Die Turner freuen sich, endlich wieder einen Wettkampf zu haben.

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