Ein bisschen Normalität
Beim Finale der Coupe de Luxembourg freuen sich die Turner über die Rückkehr in den Wettkampf
Sie haben ihren Titel verteidigt, aber etwas anderes war Florian Schwarz und seinen Kollegen vom Verein Le Travail Schifflingen mindestens genauso wichtig. „Jeder hat sich gefreut, dass wir diesen Wettkampf turnen konnten“, sagte der 21-Jährige.
Denn die Coupe de Luxembourg im Allgemeinturnen war die erste Medaillenchance in dieser Sportart seit langer Zeit. Beim Finale in Ettelbrück war am Samstag zu spüren, wie gut den Sportlern ein bisschen Normalität tat.
Die Pokalhalbfinals waren im Februar 2020 die letzten Wettbewerbe im Allgemeinturnen – das im Gegensatz zum Kunstturnen mit einem eigenen Regelwerk für eine breitere Masse an Aktiven ausgerichtet ist – in Luxemburg gewesen. Das Finale 2020 fiel coronabedingt aus. Auch danach machte die Pandemie der nach lizenzierten Mitgliedern früher drittgrößten Sportart hierzulande schwer zu schaffen.
Im Januar 2021 war die Zahl der Lizenzen nach Angaben des Verbandes FLGym um mehr als die Hälfte auf 3 134 gesunken. Eine Sensibilisierungskampagne und die Aussicht auf Wettkämpfe sorgten wieder für einen Anstieg auf gut 5 100. Auf dem Niveau der Zeiten vor Corona ist die Zahl aber noch nicht.
Probleme mit der Ausdauer
Für die Turner war es im vergangenen Jahr nicht einfach gewesen, in Form zu bleiben. „Man muss Dinge, die man vorher konnte, wieder lernen. Einiges geht verloren, zum Beispiel die Ausdauer an den Geräten oder für einen ganzen Wettkampf“, erklärte Guillaume Hoffmann von der Société de Gym Wiltz.
„Man kann individuell an der Physis arbeiten. Aber mental geht es fast mehr bergab. Übungen und Abläufe sind nach einer Pause nicht mehr im Kopf“, beschrieb Schwarz die Probleme. Endlich wieder einen Wettkampf zu haben, sei zunächst etwas komisch gewesen, aber auch wichtig. Dass es – als Covid-Check-Veranstaltung – sogar Publikum gab, trug zur guten Atmosphäre bei. „Wir machen einen großen Schritt in Richtung Normalität“, so Schwarz.
Ganz wie früher war es nicht. Bei den Männern waren nur drei Vereine gemeldet, weshalb es bei ihnen anders als im Juniorenbereich und bei den Frauen 2021 keine Halbfinals gab. Schifflingen, Sieger von 2019, gewann in der Gesamtwertung der Geräte Boden, Sprung, Barren und Reck vor Le Réveil Bettemburg und Wiltz.
„Wir hatten uns Chancen ausgerechnet, weil dieses Jahr einige Mannschaften nicht vertreten waren. Es hat knapp nicht gereicht, denn am Reck fehlten uns einige Schwierigkeiten“, sagte der Bettemburger Guy Foetz.
Bettemburg holte trotzdem zwei Titel – bei den Frauen und den Juniorinnen, die die Geräte Sprung, Stufenbarren, Schwebebalken und Boden absolvierten. Anders als früher waren weibliche und männliche Turner nicht gleichzeitig in einer Halle. Um zu große Menschenansammlungen zu vermeiden, wurden die Finalwettbewerbe zeitlich entzerrt, die Halbfinals im Juni waren auf mehrere Hallen der Clubs Oetringen, Wiltz, Nordstad
Turnverein und Strassen aufgeteilt gewesen. Im Finale waren die jeweils besten vier Clubs jeder Kategorie vertreten. Der Nordstad Turnverein sprang kurzfristig als Organisator ein.
„Dieser Wettbewerb hat sehr gut getan. Man ist wieder motivierter und hat mehr Adrenalin“, sagte die Bettemburgerin Nora Kappler. Die Nordstad-Turnerinnen Lisi Graf und Sammy Keipes hatten mit ungewohnt großer Nervosität zu kämpfen und waren schließlich auch als Zweitplatzierte mit ihren Leistungen zufrieden.
„Es war besser als erwartet. Wegen der langen Wettkampfpause waren wir nervöser als früher“, so Graf. „Endlich haben wir auch die Turnerinnen der anderen Vereine wieder gesehen. Man wusste vorher gar nicht, wo man eigentlich steht.“
Training unter schwierigen Bedingungen
Der soziale Aspekt spielt eine große Rolle, meinte Jean-Marie Laubach. Er ist Präsident des Nordstad Turnvereins, einem der größten Clubs im Land. „Die Turner haben unter schwierigen Bedingungen trainiert. Sie sind froh, dass sie sich mal wieder untereinander messen können und auch die Athleten anderer Vereine wieder sehen. Der zwischenmenschliche Kontakt hat gefehlt“, berichtete er.
Athleten und Trainer hatten sich während des Lockdowns und danach bei eingeschränkten Möglichkeiten in der Halle mit viel Kreativität beholfen. „Wir haben Trainings draußen und per Video angeboten“, so Laubach.
„Im Turnen ist Training im Freien schwierig. Von den Sportlern in meiner Gruppe hat aber keiner aufgehört“, sagte Grigory Misutin. Der Mannschafts-Olympiasieger von 1992 (mit dem Nachfolgeteam der ehemaligen UdSSR) ist Trainer bei Aurore Oetringen. Seine Jungenmannschaft gewann die Juniorenwertung in Ettelbrück.
Beim Nordstad-Fusionsverein musste man sich auch mit unterschiedlichen Hallenreglementen in verschiedenen Gemeinden arrangieren. Trotz der Bemühungen hat der Verein zahlreiche Mitglieder verloren. Die Zahl der Wettkampflizenzen sank von rund 260 auf 160, jene für den Freizeitsport von 450 auf 300, so Laubach. Finanziell seien Einnahmeausfälle bisher durch staatliche Subventionen weitgehend aufgefangen worden.
„Wir werden aber in der nächsten Saison Einbußen spüren. Denn die Mitglieder haben teilweise Gutscheine von uns bekommen, weil sie im vergangenen Jahr nicht alle Leistungen erhalten haben.“
Von der Coupe de Luxembourg erhoffen sich Nordstad und die anderen Vereine nun einen Schub für die nächste Saison. „Gut, dass wir vor den Sommerferien noch für einen Wettkampf in die Halle konnten“, so Laubach. „Das kann für viele Turner ein Anreiz sein, im September wieder in den Verein zurückzukommen.“