Luftfahrtbranche im Klima-Dilemma
In Brüssel wird deutlich, dass es an einem gemeinschaftlichen Konzept fehlt
Brüssel. „Die Wahrnehmung unserer Branche ist nicht gut.“Nicht nur dem erfahrenen Luftfahrtmanager und IATA-Präsidenten Willie Walsh ist bewusst, dass die Luftverkehrsindustrie mächtig unter Druck steht. Gestern diskutierte die Branche in Brüssel, wie man aus der Klimakrise herauskommen könnte. Schon im Vorspann ist die Aktivistin Greta Thunberg zu hören mit ihrer Warnung: „Es gibt keinen Planeten B.“
Ein Plan B
Man sei zwar nur für gut zwei Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, stehe aber ganz vorn in der Kritik von Klimaschützern und nachhaltigkeitsbewegten Kapital-Anlegern, sagt Eurocontrol-Chef Eamonn Brennan. Er meint, dass die Branche einen Plan besitze – aber diesen schlecht verkaufe. Dazu gehörten neue Technologien und nachhaltige Kraftstoffe ebenso wie Emissionshandel und eine effizientere Steuerung der Verkehrsflüsse.
Schnelle oder gar billige Lösungen gibt es aber nicht. Der frühere British-Airways-Chef Walsh ist sich der Dimension der Aufgabe bewusst: „Es wird Billionen kosten, die Luftfahrt CO2-neutral zu machen.“Schon der simpelste Lösungsvorschlag, die Beimischung nachhaltig produzierten Kerosins (SAF), braucht noch Jahre bis zur breiten Umsetzung. Airlines wie die Lufthansa, die sich SAF-Kontrakte über 250 Millionen Euro gesichert hat, stehen schon heute unter Druck, ihren Geschäftskunden wirklich klimaneutrale Tickets anbieten zu können. Im globalen Maßstab gibt es viel zu wenig von dem Treibstoff. LufthansaVorstandsmitglied Christina Foerster
verweist daher zusätzlich auf die Unterstützung von Forschungsprojekten zu sogenannten E-Fuels, die mit Hilfe von großen Mengen Grünstrom gewonnen werden.
Noch weiter entfernt scheinen Flugzeuge, die ohne Kerosin auskommen. Die Jets benötigen derart hohe Energiemengen, dass Antriebe per Batterie oder Brennstoffzelle diese noch nicht ausreichend leisten können. Auf der Langstrecke wird Kerosin noch auf Jahrzehnte die Energiequelle bleiben müssen.
Sollte technische Innovationen zu wenig bringen, könnten die Airlines nicht zum Flugaufkommen von 2019 zurückkehren, hält William Todts von der NGO „Transport&Environment“den versammelten Airlinern entgegen. dpa