Bürger fragen, Politiker antworten
Heute findet im Parlament die öffentliche Anhörung des Initiators der Petition 2007, Gérard Koneczny, statt
Noch nie kannte eine Petition einen derartigen Zuspruch. Nach Ablauf der sechswöchigen Frist hatten 18 645 Personen die Eingabe von Gérard Koneczny unterschrieben. Damit überholte sie die Petition aus dem Jahr 2016, in der gefordert worden war, dass das Luxemburgische per Gesetz als erste Amtssprache des Landes verankert werden soll. Damals hatten 14 500 Personen unterschrieben.
Konkret fordert Gérard Koneczny, dass entweder das Parlament oder die Regierung ein Referendum über die Verfassungsreform in die Wege leitet. Schließlich hätten sowohl die Regierungsparteien als auch die CSV eine Volksbefragung in ihren jeweiligen Wahlprogrammen von 2018 in Aussicht gestellt. Koneczny wirft den vier Parteien Vertrauensbruch vor. Zudem verlangt er, dass den Wählern genau und objektiv erklärt wird, was sich durch die Verfassungsrevision ändern wird, dies in den drei offiziellen Landessprachen, schließlich sei die Verfassung das wichtigste Gesetz überhaupt.
Zwar ist er nicht Mitglied der ADR, dennoch folgt Koneczny in seiner Begründung zumindest teilweise der Argumentation der Reformpartei. So übt er Kritik an den Staatszielen, die seiner Meinung zu einer Einschränkung der Grundrechte führen könnten. Auch befürchtet er, dass die Revision einer Abschaffung der Monarchie Vorschub leistet. Bedenken äußert er darüber hinaus im Zusammenhang mit dem Schutz der Kinder. Der Wähler müsse entscheiden dürfen, ob die Rechte der Kinder und das Recht der „Eltern, ihre Kinder selbst zu erziehen“, durch den neuen Text hinreichend geschützt sind. Koneczny wirft ebenfalls die Frage auf, ob es ein „Recht auf ein Kind“geben sollte und ob man nicht das „Recht auf Leben“im Grundgesetz verankern sollte. Auf all diese Fragen erhofft er sich bei der heute Mittag stattfindenden öffentliche Anhörung eine Antwort, sei es von Premierminister Xavier Bettel (DP) oder von den Abgeordneten.
Die Petition 2007 ist aber nicht die einzige Initiative, die sich im
Moment mit der Verfassungsrevision beschäftigt. Ende Oktober hatte sich ein „Comité d'initiative“gebildet, das sich für ein Referendum einsetzt. Nachdem Premierminister Bettel den Antrag für zulässig erklärt hatte, lief die offizielle Prozedur an. Seit vergangenem Freitag und noch bis zum 20. Dezember liegen in den Gemeinden die Listen aus, in die sich die Wähler eintragen können, die ein Volksentscheid über die Verfassung befürworten. Kommen mehr als 25 000 Unterschriften zusammen, muss ein Referendum durchgeführt werden. Die Volksbefragung hat bindenden Charakter, das heißt, wenn sich eine Mehrheit gegen die Reform ausspricht, wird die Verfassung nicht reformiert. Denn laut Artikel 114 des aktuellen Grundgesetzes kann die zweite Abstimmung durch das Parlament durch das Referendum ersetzt werden. Artikel 114 sieht auch die Möglichkeit vor, dass mindestens 16 Abgeordnete ein Referendum lancieren.
Allerdings bezieht sich die laufende Prozedur nur auf das JustizKapitel, das vom Parlament am 20. Oktober in erster Lesung mit den Stimmen von DP, LSAP, Grünen, CSV und der Piraten angenommen worden war. Wenn die Wähler über die gesamte Reform befinden wollen, muss auch bei den drei anderen Kapiteln jeweils eine Referendumsprozedur lanciert werden. Allerdings muss das Parlament zuvor noch über die Themenblöcke Staatsform, Monarchie und Territorium, Grundrechte und Freiheiten sowie Parlament und Staatsrat abstimmen. Wann das sein wird, steht noch nicht fest. DS