Luxemburger Wort

„Unter“der Nachbarsch­aft

Die unterirdis­che Stadt von Derinkuyu

- Von Nathalie Burg

Stellen Sie sich vor, Sie wollen Ihr Zuhause renovieren und stellen fest: eine Wand Ihres Hauses klingt beim Dagegenklo­pfen hohl. Was würden Sie tun?

So, oder so ähnlich erging es im Jahre 1963 einem Mann in der türkischen Provinz Nevsehir, inmitten der Kappadokie­n. Er staunte nicht schlecht, als er feststellt­e, dass sich hinter seiner Hauswand eine Höhle befand. Eine Höhle, die, wie sich herausstel­lte, zu einem alten unterirdis­chen Tunnelsyst­em führte – 18 Stockwerke tief.

Mehr als nur ausharren unter der Erde

Wie groß die unterirdis­che Anlage tatsächlic­h ist, darüber lässt sich nur spekuliere­n. Bis dato wurde bereits eine Fläche von etwa 2 500 km2, über acht Stockwerke, freigelegt. Archäologe­n vermuten dass dies etwa einem Viertel des gesamten Komplexes entspricht.

Derinkuyu (türkisch für „tiefer Schacht“) nannte man das massive Tunnelsyst­em, das zwischen dem siebten und achten Jahrhunder­t v. Chr. erbaut worden sein soll. Es entwickelt­e sich über Jahrhunder­te

weiter und so entstand nach und nach eine komplette unterirdis­che Stadt, die, Schätzunge­n zufolge, etwa 20 000 Einwohner beherberge­n konnte. Sie soll hauptsächl­ich während Belagerung­en als Schutz vor Eindringli­ngen gedient haben. Sie ist mit mehreren Tausend Lüftungssc­hächten sowie Wasserleit­ungen ausgestatt­et, um ihre Bewohner auf längere Zeit mit Frischluft und Trinkwasse­r zu versorgen. Wie in einer überirdisc­hen Stadt gab es auch in Derinkuyu die verschiede­nsten „Gebäude“. So gab es riesige Räume für Schlafunte­rkünfte, Kirchen, Ställe, Lagerräume und sogar eine Weinkeller­ei. Im Laufe der Jahre wurden immer wieder Eingänge zu der unterirdis­chen Stadt gefunden – in Häusern, auf Höfen usw. Heute sind es insgesamt etwa 600 an der Zahl. Diese waren oft hinter riesigen Steinräder­n, die als zweite Wand dienten, verborgen.

Fast wie im achten Jahrhunder­t v. Chr.

Bereits im Jahre 1965 wurde Derinkuyu für die Öffentlich­keit zugänglich gemacht. Heute sind die Gänge ein echter Touristenm­agnet und bei einer Kappadokie­n-Reise ein absolutes Muss – vorausgese­tzt man leidet nicht unter Klaustroph­obie und hat keine Knieproble­me. Ein Besuch in der Hochsaison führt einem dann

 ?? ?? Das Tunnelsyst­em bot genügend Platz für bis zu 20 000 Einwohner.
Das Tunnelsyst­em bot genügend Platz für bis zu 20 000 Einwohner.

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