Vielbeschäftigt
Die 18-jährige Lucie Schlimé hat sich als Nummer eins im Tor der Fußball-Nationalmannschaft etabliert
Lucie Schlimé hat in der WM-Qualifikation oft alle Hände voll zu tun. Aber das macht ihr nichts aus. Im Gegenteil. Wenn Luxemburgs Fußball-Nationalmannschaft der Frauen gegen haushohe Favoriten spielt, ist die junge Torhüterin besonders gefordert. Sie findet das gut. „Ich sage mir dann, dass das eine Gelegenheit ist, mich zu beweisen“, meint Schlimé.
Die junge Frau hat sich schon als 18-Jährige als Nummer eins im Luxemburger Tor etabliert. In der ersten Qualifikationskampagne der Nationalmannschaft trat sie bislang überraschend nervenstark auf. Dabei war von Anfang an klar, dass sie als Schlussfrau der Außenseiterinnen bei Gegnern wie dem WM-Halbfinalisten England oder dem EM-Teilnehmer Österreich permanent Torschüsse abwehren würde müssen oder auch hohe Niederlagen kassieren würde.
Voraussichtlich wird Schlimé, die in der Liga für die Entente Itzig/Cebra antritt, heute (20 Uhr) im Heimspiel gegen Österreich im Stade de Luxembourg wieder sehr viel Arbeit haben. Die zu einem Großteil in der deutschen Bundesliga engagierten Austria-Spielerinnen waren nach dem Duell im Oktober mächtig genervt von der Luxemburger Verteidigung, die 42 Minuten lang kein Tor zuließ. 5:0 gewann Österreich dann trotzdem, aber diesmal werden die Favoritinnen voraussichtlich deutlich schneller zum Torerfolg kommen wollen.
Nichts zu verlieren
Schlimé ist sich dessen bewusst. „Ich glaube, dass dieses Spiel für uns noch schwieriger als das erste gegen Österreich wird“, meint sie. Zudem ist ihre Mannschaft nun mehr unter Druck, weil sie im Stade de Luxembourg besonders im Fokus steht und die Partie die einzige im November ist. Das ursprünglich vorher gegen Lettland geplante Spiel wurde auf Wunsch des Gegners auf Juni 2022 verschoben.
Die Luxemburgerin mag die Herausforderung gegen einen offensivstarken Favoriten. „Ich fühle mich immer gut, wenn ich mehr zu tun habe als die gegnerische Torhüterin. Ich kann mich dann mehr zeigen. Das ist ein Bonus für mich“, erklärt sie. Gegen deutlich überlegene Gegner habe sie nichts zu verlieren. „Mehr Sorgen mache ich mir gegen Mannschaften, gegen die wir vielleicht etwas herausholen können. Vor dem Spiel gegen Nordmazedonien zum Beispiel
wusste ich, dass ich mir keinen Fehler erlauben darf. Eine Niederlage könnte meine Schuld sein.“Schwieriger als ein Dauerbeschuss sei zudem die Situation, wenn sie eine Viertelstunde nichts zu tun hat und dann urplötzlich richtig reagieren muss.
Das 0:10 gegen England hat Schlimé trotzdem geärgert. „Die drei Tore in der Nachspielzeit waren einfach unnötig. Die hätten wir uns ersparen können“, meint sie. Auch gegen Nordmazedonien gab es am Ende zu Schlimés Ärger noch ein Gegentor. Aber es reichte für den historischen 3:2-Sieg, der eigentlich bei der ersten Luxemburger Teilnahme an einer Qualifikations-Gruppenphase noch nicht zu erwarten war. „Es war auch mental eine Premiere. Wir haben so etwas noch nie erlebt.“Zum ersten Mal haben die Luxemburger Frauen drei Punkte auf dem Konto. Vor dem letzten Spiel des Jahres sind sie in der Gruppe D Vierter von sechs Teams.
Die gesamte Mannschaft hat sich seit dem Beginn der Kampagne
weiterentwickelt. Aber Schlimé hat auf ihrem exponierten Posten nochmal eine besondere Rolle. „Es ist erstaunlich, wie reif sie schon ist. In ihrer Alterskategorie ist sie Weltklasse“, lobt Nationaltrainer Dan Santos. Die Torhüterin selbst meint, dass sie sich seit dem ersten Einsatz in der A-Nationalmannschaft im Herbst 2019 als 16-Jährige gegen Kosovo (0:5) sehr verändert hat.
„Ich war so nervös wie noch nie in meinem Leben. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich zum Einsatz
komme. Ich war schüchtern und nur darauf konzentriert, im Tor keinen Fehler zu machen“, erinnert sie sich. Im zweiten Spiel, einem 2:1-Sieg gegen Liechtenstein, wurde es besser. Schlimé wurde selbstbewusster. „Ich habe nicht nur fußballerisch viel gelernt, auch meine Persönlichkeit hat sich geändert“, sagt sie über die nun zwei Jahre in der A-Auswahl.
In der WM-Qualifikation ist sie erste Wahl, wenn sie nicht verletzt ist. In den vergangenen Tagen laborierte Schlimé an einer Bänderdehnung im Sprunggelenk. Voraussichtlich ist sie gegen Österreich aber einsatzfähig. Die bisher ebenfalls nominierten Torhüterinnen Lena Krier und Natascha Kremer fehlen aus persönlichen Gründen. Santos berief nun Sheila Hoja und Anais Weyer, wegen Schlimés Problemen kurzfristig auch Cathérine Keipes.
Vor dem fünften Qualifikationsspiel gab es mehrere Personalsorgen. Kapitänin Laura Miller muss wohl wegen Rückenproblemen pausieren, der Einsatz ihrer Stellvertreterin Jill de Bruyn ist ebenfalls fraglich. Verteidigerin Jessica Berscheid fehlt wegen einer Knieverletzung.
Schlimé tritt gegen Österreich voraussichtlich auch gegen eine Spielerin an, die sie bewundert: Die Austria-Torhüterin Manuela Zinsberger stand früher beim FC Bayern unter Vertrag und spielt nun in England beim FC Arsenal. „Sie ist ein reales Vorbild und wirkt sehr sympathisch“, findet Schlimé. Nach dem Anpfiff denkt sie daran aber nicht. Denn da hat sie vermutlich zu viel zu tun.