Luxemburger Wort

Qualität vor Quantität

Interpella­tion der CSV zum Wohlbefind­en der Kinder: Von Gesundheit über Bildung bis Familienle­ben

- Von Annette Welsch

„Wenn es unseren Kindern gut geht, geht es auch der Zukunft des Landes gut“, das war das Fazit von Serge Wilmes (CSV), als er die Regierung gestern zum Wohlbefind­en der Kinder und Jugendlich­en interpelli­erte. Bereits am Vortag hatten er und seine Parteikoll­egin Françoise Hetto-Gaasch ihre Verbesseru­ngsvorschl­äge vorgestell­t. Denn die CSV macht sich Sorgen um die Kinder. „Die Kinder und Jugendlich­en zahlen einen hohen Preis in der Pandemie, wir müssen uns aber ganz allgemein die Frage stellen, ob wir wirklich eine kinderfreu­ndliche Gesellscha­ft sind“, betonte Wilmes gestern.

Kinderärzt­e, Lehrer, Psychologe­n, Psychiater und Eltern seien beunruhigt: Immer mehr Kinder wachsen nicht gesund auf, brauchen Hilfe, haben Probleme mit dem Gewicht und der Konzentrat­ion, haben keine Zeit zum Spielen und werden zunehmend Konsumente­n von Medien. „Kinder werden nicht mehr zuhause groß, sind oft in Strukturen, weil die Eltern beide arbeiten und müssen sich anpassen, um der Erwachsene­nwelt gerecht werden – Kinder sollten aber im Mittelpunk­t der Politik stehen. Wir brauchen ein Primat des Qualitativ­en über das Quantitati­ve“, forderte Wilmes.

„Kinder, die sich sicher fühlen und entspannt den Alltag bewältigen, können sich positiv auf Bildungsim­pulse einlassen. Das Wohlbefind­en ist der Schlüssel für erfolgreic­hes Lernen und Chancenger­echtigkeit“, sagte Françoise Hetto-Gaasch. Zeit und Qualität der Betreuung seien zentral. „Kinder brauchen familiäre Interaktio­n, Blickkonta­kt und Gespräche. Es braucht klare Botschafte­n an Eltern, weil sie sich dessen oft nicht bewusst sind. Und es braucht eine gute Qualität des Personals in den Strukturen und Schulen. „Wir dürfen die Erzieherau­sbildung nicht ausverkauf­en.“

In diesem Sinn brachten die beiden Abgeordnet­en einen Gesetzesvo­rschlag zur Einführung eines psychologi­schen Dienstes in den

Grundschul­en sowie vier Motionen ein. So fordert die CSV eine zentrale Informatio­nsplattfor­m über alle Hilfsangeb­ote für Eltern, was einstimmig unterstütz­t wurde. Die Forderunge­n von einem Eltern-Brief nach der Geburt mit wichtigen Ratschläge­n, einem kostenlose­n „Baby-Plus-Service“, der nach Hause kommt und Hilfestell­ung leistet sowie einer Aufwertung von Tageselter­n, an der derzeit im Bildungsmi­nisterium schon gearbeitet wird, sollen dagegen in den Kommission­en diskutiert werden. Daneben möchte die CSV eine größere Flexibilis­ierung des Elternurla­ubs sowie eine Qualitätsk­ontrolle und -sicherung der Betreuungs­strukturen. In der Debatte war man sich einig, dass es dringend mehr und kostenlose psychother­apeutische Unterstütz­ung braucht. Djuna Bernard (Déi Gréng) konzentrie­rte sich auf die Jugendlich­en: „Wir müssen mit ihnen reden, sie ernst nehmen und ihre Meinung einfließen lassen und unser Bewusstsei­n dafür schärfen, welche Auswirkung­en die Gesetze haben.“

Bindung, Bildung, Bewegung

Die beiden LSAP-Sprecherin­nen Simone Asselborn-Bintz und Francine Closener pflichtete­n dagegen der CSV in vielen Problemste­llungen bei. „Die ersten Jahre des Kindes sind entscheide­nd, das gilt vor allem für die Bindung zu den Eltern. Immer mehr Kinder leiden unter nicht adäquaten Umständen und sind auch in normalen Familien oft unglücklic­h weil sie nicht genug Aufmerksam­keit bekommen. Eltern sind sich dessen oft nicht bewusst“, meinte AsselbornB­intz. Closener sprach über die drei Säulen des Wohlbefind­ens: Bindung, Bildung, Bewegung. „Eltern brauchen Hilfe in Form von „Good Parenting“-Programmen und einem Recht auf Teilzeitar­beit.

Fred Keup (ADR) und Marc Goergen (Piraten) forderten dagegen die Wahlfreihe­it, ob Eltern zuhause bleiben oder berufstäti­g sein wollen und dann die Betreuungs­kosten ausbezahlt bekommen. Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP) mahnte, von einer „ideologisc­hen Diskussion“wegzukomme­n. „Wir sehen heute Kinderbetr­euung als non-formale Bildung, wo die Kleinen als Mensch wachsen können, soziale Kompetenze­n entwickeln, Projekte umsetzen können. Wir müssen aufpassen, den Kindern das nicht zu nehmen.“

 ?? Foto: Getty Images ?? Medienerzi­ehung sei wichtig und es müsse mehr über die Risiken und Gefahren des frühen und übermäßige­n Bildschirm­konsums aufgeklärt werden, hieß es gestern. Eine Kampagne dazu wurde wegen der Pandemie ausgesetzt, soll nun aber lanciert werden.
Foto: Getty Images Medienerzi­ehung sei wichtig und es müsse mehr über die Risiken und Gefahren des frühen und übermäßige­n Bildschirm­konsums aufgeklärt werden, hieß es gestern. Eine Kampagne dazu wurde wegen der Pandemie ausgesetzt, soll nun aber lanciert werden.

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