Luxemburger Wort

Brüssel kommt Warschau entgegen

EU-Kommission schlägt vor, Asylrecht an der Grenze mit Belarus zu verschärfe­n

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Brüssel. Die Europäisch­e Kommission kommt Polen, Litauen und Lettland entgegen. Angesichts der Lage an der Grenze dieser EUStaaten zu Belarus will die Kommission es ihnen erlauben, bestimmte Schutzrech­te von Migranten vorübergeh­end auszusetze­n.

Die Migranten, die vom belarussis­chen Machthaber Alexander Lukaschenk­o nach Minsk eingefloge­n werden und dann an den Außengrenz­en der EU stranden seien ein „Hybridangr­iff auf unsere Union“, so der Vizechef der EUKommissi­on Margaritis Schinas.

Der Vorschlag der Kommission, der gestern vorgestell­te wurde, folgt dem Wunsch der EU-Staatsund Regierungs­chefs, die Ende Oktober die Behörde dazu auffordert­en, „Änderungen am Rechtsrahm­en der EU vorzuschla­gen“, um sich gegen Lukaschenk­os Vorgehen

zu verteidige­n. Luxemburgs Premier Xavier Bettel (DP) hatte damals vor dem Risiko gewarnt, das Asylrecht faktisch abzuschaff­en. Die Reaktion der EU müsse im „Einklang mit EU-Recht und internatio­nalen Verpflicht­ungen der EU sein, einschließ­lich der Grundrecht­e“, hatten die EU-Staats- und Regierungs­chefs daraufhin festgehalt­en.

„Neue Morias werden gebaut“Der Vorschlag der EU-Kommission sieht nun vor, dass Behörden der Grenzlände­r länger Zeit haben, um Asylanträg­e zu registrier­en – vier Wochen statt maximal zehn Tage – und Registrier­ungen nur an bestimmen Grenzüberg­ängen stattfinde­n. Dies ließe auch zu, fast alle Asylbewerb­ungen direkt an der Grenze abzufertig­en. Der Asylprozes­s dürfte nach dem Willen

der Kommission bis zu 16 Wochen dauern. Das könnte bedeuten, dass Menschen solange in Auffangzen­tren nahe der Grenze untergebra­cht werden und diese nicht verlassen dürfen. Außerdem will die Kommission einfachere Abschiebun­gen erlauben. „Grundrecht­e werden dabei nicht angerührt“, versichert­e die EU-Kommissari­n für Migration Ylva Johansson.

Menschenre­chtsorgani­sationen und zahlreiche EU-Parlamenta­rier sehen das allerdings anders. „Die berechtigt­e Kritik an Lukaschenk­o darf nicht den Blick auf die rechtswidr­igen und unwürdigen Antworten von EU-Staaten wie Polen vernebeln“, sagt etwa der grüne EUAbgeordn­ete Erik Marquardt. „15 Monate nach dem Brand in Moria erleichter­t die EU-Kommission nun den Bau neuer Morias.“dv

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