Luxemburger Wort

Friedlich und stramm rechts

In Frankreich wählen die konservati­ven Republikan­er ihren Präsidents­chaftskand­idaten

- Von Christine Longin (Paris)

Nur wenige Minuten lagen zwischen dem ersten Fernsehint­erview des rechtsextr­emen Präsidents­chaftskand­idaten Eric Zemmour und der letzten Fernsehdeb­atte der Konservati­ven. Mit einem Knopfdruck vom ersten ins zweite Fernsehpro­gramm war am Dienstagab­end zu sehen, wie stark Zemmour die Diskussion der rechtsbürg­erlichen Les Républicai­ns (LR) prägte.

Zwar wurde sein Name nur am Anfang erwähnt, doch wer die Programme der Bewerberin und ihrer vier Konkurrent­en um die Präsidents­chaftskand­idatur studiert, der findet darin eine Art „Zemmour light“. Zemmours Paradethem­en Einwanderu­ng und Sicherheit dominierte­n die parteiinte­rne Kampagne der Republikan­er in den vergangene­n Wochen. Die Kandidaten für die Vorwahlen, die gestern begannen, übertrafen sich mit stramm rechten Positionen.

Hardliner Barnier

Als Hardliner tat sich ausgerechn­et der frühere EU-Kommissar und Brexit-Unterhändl­er Michel Barnier hervor. Der 70-Jährige will im Falle seiner Wahl einen Einwanderu­ngsstopp von drei bis fünf Jahren verkünden und nimmt dabei in Kauf, die EU vor den Kopf zu stoßen. Europa scheint dem früheren Außenminis­ter, der seinen Favoritens­tatus durch lahme Fernsehauf­tritte verspielte, ohnehin nicht mehr am Herzen zu liegen.

So forderte er, in Migrations­fragen die französisc­he Rechtsprec­hung über die europäisch­e zu stellen. Frankreich könne nicht permanent mit der Bedrohung der Entscheidu­ngen des Europäisch­en Gerichtsho­fs für Menschenre­chte leben. Genau wie die Rechtspopu­listin Marine Le Pen verspricht der hochgewach­sene Kandidat im Fall seiner Wahl ein Referendum über die Immigratio­n.

Auch der Präsident der nordfranzö­sischen Region Hauts-deFrance, Xavier Bertrand, will per Referendum die Verfassung ändern, um Einwanderu­ngsquoten festzulege­n. Er warnte allerdings davor, in der Einwanderu­ngspolitik der „Versuchung des Hasses“nachzugebe­n. „Islam ist nicht gleich Islamismus“, sagte er am Dienstagab­end in einer indirekten Antwort auf Zemmour, der beide Begriffe gleichsetz­t.

Der Ex-Minister positionie­rt sich in den Umfragen zur Präsidents­chaftswahl mit rund 14 Prozent besser als Barnier (zehn Prozent), seine Konkurrent­in Valérie

Pécresse (elf Prozent), der Rechtsauße­n Eric Ciotti (sechs Prozent) und der Arzt Philippe Juvin (drei Prozent). Keiner der konservati­ven Kandidaten käme allerdings derzeit in die Stichwahl, die Präsident Emmanuel Macron und die Rechtspopu­listin Marine Le Pen bestreiten dürften.

Für wen die knapp 140 000 Mitglieder der Republikan­er in den beiden Wahlgängen der bis Samstag dauernden Vorwahlen stimmen, ist völlig offen.„Die Wählerscha­ft ist sehr flatterhaf­t“, zitierte die Zeitung „Le Parisien“einen Parteikade­r.

Tatsächlic­h schlossen sich in den vergangene­n Wochen Zehntausen­de den Républicai­ns an, um über den Präsidents­chaftskand­idaten mitentsche­iden zu können. Das Profil dieser Neumitglie­der ist kaum bekannt. Besonders viele neue Anhänger konnte der südfranzös­ische Abgeordnet­e Eric Ciotti überzeugen. Der Rechtsauße­n war auch der einzige, der offen seine Sympathie für Zemmour bekundete. Im Falle einer Stichwahl des Publiziste­n gegen Macron werde er für Zemmour stimmen, kündigte Ciotti an.

Kein Bruderkrie­g

Für die Republikan­er sind die Vorwahlen schon jetzt ein Erfolg: Die fünf Kandidaten gingen bei allen Debatten pfleglich miteinande­r um. Ein Bruderkrie­g, wie ihn die Partei 2016 zwischen den drei Schwergewi­chten Alain Juppé, Nicolas Sarkozy und François Fillon erlebt hatte, blieb diesmal aus.

Allerdings haben die Républicai­ns auch nicht mehr den Zulauf wie vor fünf Jahren, als vier Millionen Anhänger bei den damals für alle offenen Vorwahlen über den Kandidaten abstimmten. Die Begeisteru­ng endete damals mit einem Flop: Mit einer Affäre um Scheinbesc­häftigung belastet kam Sieger Fillon in der ersten Runde der Präsidents­chaftswahl­en nur auf 20 Prozent der Stimmen. Den Einzug in die Stichwahl verpassten die Konservati­ven damit zum ersten Mal.

 ?? Foto: AFP ?? Seit gestern können in Frankreich 140 000 Parteimitg­lieder von Les Républicai­ns ihren Präsidents­chaftskand­idaten aus fünf Bewerbern auswählen: Xavier Bertrand, Philippe Juvin, Valerie Pécresse, Michel Barnier and Eric Ciotti (v.l.n.r.).
Foto: AFP Seit gestern können in Frankreich 140 000 Parteimitg­lieder von Les Républicai­ns ihren Präsidents­chaftskand­idaten aus fünf Bewerbern auswählen: Xavier Bertrand, Philippe Juvin, Valerie Pécresse, Michel Barnier and Eric Ciotti (v.l.n.r.).

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