Finanzbranche diversifiziert sich weiter
Immobilienfonds behaupten sich auch in der Pandemie gut – Kreditfonds entwickeln sich zur Bank-Alternative
Luxemburg. „Covid-19 hat die Liquidität von Immobilienfonds auf die Probe gestellt“, sagt Francisco Da Cunha, Leiter des Sektors Real Estate Tax and Infrastructure bei Deloitte Luxemburg und Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe ALFI REIF Survey. „Wir haben diese außergewöhnlichen Markteffekte untersucht und festgestellt, dass nur ein Prozent der befragten REIFs (Immobilienfonds, d. Red.) in den letzten zwölf Monaten mit Sondersituationen konfrontiert waren.“Konkret heißt das: als die Börsenkurse wegen der Unsicherheiten in den Keller rutschten, wollten viele Halter von Fondsanteilen plötzlich ihre Anteile zu Geld machen und wieder verkaufen. Zwei Fonds haben deswegen vorübergehend die Rücknahme von Fondsanteilen aussetzen müssen. Die Mehrheit der Immobilienfonds wurde aber nicht mit einer Welle an Anteilsrücknahmen konfrontiert, wie aus einer gestern veröffentlichten Untersuchung zum Markt der Immobilienfonds des Luxemburger Fondsverbands Alfi hervorgeht. Dass die Fonds die Situation ohne Schwierigkeiten meistern konnten, sei ein Beweis für die Widerstandsfähigkeit
des Luxemburger REIF-Marktes, so die Studie. Trotz der weltweiten Covid-19-Pandemie verzeichnete die Branche in den letzten zwölf Monaten einen Anstieg des von REIFs verwalteten Vermögens um 14,83 Prozent gegenüber dem letzten Jahr auf 104,4 Milliarden Euro, als das Wachstum mitten in der Pandemie immerhin 10,54 Prozent zum Vorjahr betrug.
„Wie in den Vorjahren wurden neue Fonds überwiegend von Initiatoren und Alternative Investmentfondsmanager aus Europa, hauptsächlich Benelux, Deutschland und Großbritannien sowie den USA aufgelegt“, erläutert Emmanuel Gutton, Direktor Recht und Steuern der ALFI. Dennoch scheint es während der Covid-19Pandemie einen Rückgang neu aufgelegter Fonds gegeben zu haben, was der Verband weiter analysieren will.
Kleinere Fonds bilden weiterhin die Mehrheit der REIFs, mit 52 Prozent unter einem Fondsvermögen von 100 Millionen Euro. 50 Prozent der Fonds streben an, ihren Verschuldungsgrad unter 20 Prozent zu halten, während weitere 43 Prozent auf einen Verschuldungsgrad von unter 60 Prozentabzielen, was einen deutlichen Anstieg des Verschuldungsgrads im Laufe der Jahre bestätigt.
Fonds, die Kredite vergeben: Neue Anlageklasse wächst kräftig
Angetrieben von Regulierungen, die Banken auferlegt wurde, und Unternehmen, die nach Alternativen zum Bankdarlehen suchen, etabliert sich eine neue Anlageklasse: die Kreditfonds. Sie investieren entweder in Kredite („Loan
Participation“) oder vergeben selber Darlehen („Loan Origination“). Zusammen mit der Beratungsfirma KPMG stellte Alfi gestern auch die Ergebnisse der Untersuchung dieser Private Debt Funds vor, deren Vermögen im laufenden Jahr um 40,6 Prozent gegenüber 2020 gewachsen ist – auf insgesamt 181,7 Milliarden Euro. Dies baut auf dem Plus von 36,2 Prozent der Vermögenssumme für Private-Debt-Fonds 2019 auf.
„Private Debt-Fonds wachsen selbst schnell, aber sie stimulieren auch das Wachstum der Realwirtschaft“, erklärt Camille Thommes, Generaldirektor der Alfi. „Sie tragen zur Diversifizierung der Finanzierung bei und helfen dabei, Liquiditätsangebot und -nachfrage für Unternehmen aller Formen und Größen auszugleichen.“Das mache diese Fonds zu einem Eckpfeiler der Initiative der Europäischen Kommission zur Kapitalmarktunion, so Thommes.
Ab 2022 tritt Basel-IV in Kraft: Die Verschärfung der Bankenregulierung wird zu weiteren Einschränkungen bei der Kreditvergabe führen und Kreditfonds weiteren Auftrieb schenken. MeM
Sie stimulieren auch das Wachstum der Realwirtschaft. Camille Thommes, Alfi-Generaldirektor