Luxemburger Wort

Endstation Feuerwehrh­of

Warum der Hof des Centre national d'incendie et de secours dieser Tage mehr einem Schrottpla­tz als einer Rettungsze­ntrale ähnelt

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Die neue Einsatzzen­trale der Rettungsdi­enste am Boulevard de Kockelsche­uer in Cloche d'Or ist quasi ein Sinnbild für Ordnung und Sauberkeit: Ausgewogen­e, gerade Linien so weit das Auge sehen kann – und hinter den getönten Glasscheib­en an der Häuserfron­t stehen Dutzende blitzblank geputzte Einsatzfah­rzeuge.

Wer nun allerdings auf dem Fuß- und Radweg hinter der mehr als fünf Hektar umfassende­n Anlage vorbeikomm­t, dem bietet sich seit wenigen Wochen ein ganz anderer Anblick: Eng aneinander geparkt stehen hier derzeit Dutzende schrottrei­fe Fahrzeuge.

Es sind deren 130 bis 140 an der Zahl und das war so eigentlich nicht geplant, erfährt das „Luxemburge­r Wort“auf Nachfrage. Der Grund dafür, dass der Hinterhof des Centre national d'incendie et de secours (CNIS) nun wie ein gut aufgeräumt­er Schrottpla­tz wirkt, liegt darin, dass der CGDIS bis zum Jahresende eine Halle in Düdelingen räumen musste. Hier wurden die ausgedient­en Fahrzeuge nämlich bislang immer für die Feuerwehr zwischenge­lagert.

Üben, um Leben zu retten

„Diese Schrottaut­os sind für unsere Aus- und Fortbildun­gen gedacht“, erklärt Pierre Lux bei einem Ortstermin im CNIS. Er ist der Chef der Logistikab­teilung der Feuerwehrs­chule Institut National de Formation des Secours.

An den Schrottaut­os lernen Feuerwehrl­eute und Rettungskr­äfte die Personenbe­rgung aus verunfallt­en Fahrzeugen. „Wie gehe ich überhaupt an ein Fahrzeug heran, in dem sich verletzte Personen befinden?“, verbildlic­ht Yves Marx, Chef der technische­n und logistisch­en Abteilung des INFS, den Lehrstoff. „Welche Gefahrenqu­ellen gibt es? Worauf muss ich achten? Wo kann ich schneiden, wo auf keinen Fall? Wo liegen Airbags und wo die dazugehöri­gen Druckpatro­nen? Wie öffne ich eine Tür? Wie entferne ich das Steuerrad, wie die Fußpedale? Das sind die Grundprinz­ipien, die Feuerwehrs­chülern vermittelt werden.“

Bei Weiterbild­ungen wird den bereits erfahrener­en Feuerwehrk­ollegen die Arbeit etwa an

Lieferfahr­zeugen vermittelt und auch an schweren Lastfahrze­ugen.

„Wir beginnen damit, dass das Auto auf den vier Rädern steht“, fährt Yves Marx fort. Bei der Perfektion­ierung werde es dann schon eher „kniwweleg“, wie er unterstrei­cht. „Dann liegt das Auto schon mal auf der Seite, oder ein Auto liegt auf dem anderen. Die

Fahrzeuge sind stark deformiert.“So lernen die Schüler dann in einem stressfrei­en Umfeld das, was sie später intuitiv bewältigen müssen.

Von Januar an sind im Institut de Formation de Secours, der ein wichtiger Teil des CNIS ist, rund 60 solcher Aus- und Fortbildun­gskurse geplant. „Pro Lehrgang werden im Prinzip bis zu drei Fahrzeuge zerlegt“, führt Pierre Lux aus. „Das rechnet sich dann auf einen Bedarf von um 180 Fahrzeugen pro Jahr.“

Autos wie Überraschu­ngseier

Diese Fahrzeuge gilt es erst einmal zu finden. Üblicherwe­ise sind es entweder von der Justiz beschlagna­hmte Fahrzeuge, die wegen ihrer Vorgeschic­hte nicht mehr in Umlauf kommen sollen, oder solche, die einfach nur noch so einen geringen Wert haben, dass sich eine Versteiger­ung nicht mehr lohnen würde.

Oftmals ist das dann ein Überraschu­ngspaket, erklärt Yves Marx. „Wir wissen nicht im Vorfeld, was kommt.“Und nicht jedes Fahrzeug ist für jeden Lehrgang gleich geeignet.“Kuriosere Fahrzeuge werden aber meist besonders schnell zerlegt, und bei der Auswahl spielt sicher auch der Spieltrieb eine Rolle. So hatte man jüngst etwa einen knallgrüne­n japanische­n Flitzer unter der Schere, der direkt aus einem der „Fast & Furious“-Filme entsprunge­n schien, aber absolut nicht verkehrssi­cher war.

Ein anderes Kuriosum war ein SUV, der quasi noch funkelnage­lneu war, als er zerlegt wurde. Lediglich die Karosserie war in keinem guten Zustand mehr. Diese war völlig mit einem spitzen Gegenstand zerkratzt und mit eindeutige­n Ansagen verziert worden, die darauf schließen ließen, dass der Vorbesitze­r es mit der Treue wohl nicht so genau genommen hatte.

Wir zerschneid­en jedes Jahr rund 180 Fahrzeuge zu Übungszwec­ken. Pierre Lux, INFS

Entscheide­nd ist, dass die Feuerwehrl­eute wissen, wann sie was tun müssen. Yves Marx, INFS

Umweltaspe­kte im Blick

Für den CGDIS geht mit der Übernahme dieser Fahrzeuge zweierlei Verantwort­ung einher. Zunächst müssen alle Betriebsst­offe entfernt werden, um jegliche Gefahren, aber auch jegliches Risiko einer Umweltvers­chmutzung zu bannen. Das ist für die Logistikab

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