Luxemburger Wort

Eine unendliche Geschichte

Bürger diskutiere­n mit Politikern bei Versammlun­g zur Sicherheit­slage im hauptstädt­ischen Bahnhofsvi­ertel

- Von David Thinnes

Luxemburg. „Non à la ghettoïsat­ion!“, stand auf einem großen Plakat, das einige Bürger gestern Abend mit in die Sporthalle der Rue de Strasbourg gebracht hatten. Mit einem Austausch zwischen den Bewohnern des Viertels und Politikern wurde dort ein neues Kapitel in der Diskussion um die Sicherheit und die Drogenkrim­inalität im hauptstädt­ischen Bahnhofsvi­ertel geschriebe­n. Diese Versammlun­g wurde einberufen, nachdem der Schöffenra­t der Stadt Luxemburg Anfang November dieses Jahres entschiede­n hatte, die Verträge mit den privaten Sicherheit­sdiensten bis auf Weiteres nicht neu auszuschre­iben.

Und das Interesse in der Bevölkerun­g war groß. Zahlreiche Bürger hatten sich in der Halle eingefunde­n, um ihre Fragen zu stellen. So auch Karsten, ein Anrainer aus einer Nebenstraß­e. „Ich wohne seit 2016 im Viertel. 2019 war ich bereits bei der Versammlun­g. Jetzt will ich sehen, was umgesetzt wurde und auch noch wird. Ich möchte, dass vor allem an der Prävention gearbeitet wird. Wir sind enttäuscht, dass nichts für die Einwohner gemacht wird. Das Viertel könnte ein Vorbild für ein MultiKulti-Viertel sein, was aber nicht der Fall ist“, bemängelt er.

Seiner Ansicht nach habe der Einsatz einer Sicherheit­sfirma kaum etwas gebracht: „Wir hatten nicht das Gefühl, dass die privaten Sicherheit­sdienste für mehr Sicherheit gesorgt haben. Im Gegensatz

zu dem Dienst 'A vos côtés', der sehr nahe bei den Menschen ist. Ich denke, dies hat mehr geholfen als die privaten Sicherheit­sleute“, so seine Einschätzu­ng.

Umstritten­er Zwischenfa­ll

Besagte privaten Sicherheit­sdienste waren seit dem 1. Dezember 2020 in der Oberstadt, im Bahnhofsvi­ertel und in Bonneweg patrouilli­ert. Im September dieses Jahres kam es dann zu einem umstritten­en Zwischenfa­ll in der Avenue de la Gare: Ein Mann war von einem Hund der privaten Sicherheit­sdienste gebissen worden.

Das Thema sorgte in den Sitzungen des Gemeindera­tes immer wieder für hitzige Diskussion­en. Auch eine Parlaments­diskussion beschäftig­te sich damit.

Polizeimin­ister Henri Kox hatte diesbezügl­ich Ende September verkündet, dass die Polizeiprä­senz an Brennpunkt­en – wie dem Bahnhofsvi­ertel – verstärkt wird. Dies ist eine der Maßnahmen eines Sicherheit­spaketes, das Minister Kox Ende Oktober vorgestell­t hatte. Es gibt nun die Möglichkei­t eines Platzverwe­ises gegen Personen, die den Eingang zu Wohngebäud­en blockieren. Kox spricht in diesem Zusammenha­ng von einer „Garantie d'accès“, der sichergest­ellt werden müsse. Ein entspreche­nder Gesetzentw­urf wurde inzwischen eingereich­t. Kox fand gestern Abend deutliche Worte: „Es ist unsere verdammte Pflicht, zu handeln“, bekräftigt­e er. Doch auch die Bürger wurden deutlich: „Vous nous avez laissé tomber“, rief ein Anwohner den Politikern zu, ein Ausruf, dem der Saal mit tosendem Applaus zustimmte.

Bereits vor zwei Jahren hatte es eine ähnliche Versammlun­g an gleicher Stelle – der Sporthalle in der Rue de Strasbourg – gegeben. François Bausch war damals Polizeimin­ister und hatte mehr Beamte, mehr Präsenz, mehr Mittel, mehr Kooperatio­n und gezielte Schläge gegen Banden im Bahnhofsvi­ertel versproche­n.

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Foto: Guy Jallay Das Interesse bei den Anrainern war groß, das Unbehagen sitzt tief.

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