Eine unendliche Geschichte
Bürger diskutieren mit Politikern bei Versammlung zur Sicherheitslage im hauptstädtischen Bahnhofsviertel
Luxemburg. „Non à la ghettoïsation!“, stand auf einem großen Plakat, das einige Bürger gestern Abend mit in die Sporthalle der Rue de Strasbourg gebracht hatten. Mit einem Austausch zwischen den Bewohnern des Viertels und Politikern wurde dort ein neues Kapitel in der Diskussion um die Sicherheit und die Drogenkriminalität im hauptstädtischen Bahnhofsviertel geschrieben. Diese Versammlung wurde einberufen, nachdem der Schöffenrat der Stadt Luxemburg Anfang November dieses Jahres entschieden hatte, die Verträge mit den privaten Sicherheitsdiensten bis auf Weiteres nicht neu auszuschreiben.
Und das Interesse in der Bevölkerung war groß. Zahlreiche Bürger hatten sich in der Halle eingefunden, um ihre Fragen zu stellen. So auch Karsten, ein Anrainer aus einer Nebenstraße. „Ich wohne seit 2016 im Viertel. 2019 war ich bereits bei der Versammlung. Jetzt will ich sehen, was umgesetzt wurde und auch noch wird. Ich möchte, dass vor allem an der Prävention gearbeitet wird. Wir sind enttäuscht, dass nichts für die Einwohner gemacht wird. Das Viertel könnte ein Vorbild für ein MultiKulti-Viertel sein, was aber nicht der Fall ist“, bemängelt er.
Seiner Ansicht nach habe der Einsatz einer Sicherheitsfirma kaum etwas gebracht: „Wir hatten nicht das Gefühl, dass die privaten Sicherheitsdienste für mehr Sicherheit gesorgt haben. Im Gegensatz
zu dem Dienst 'A vos côtés', der sehr nahe bei den Menschen ist. Ich denke, dies hat mehr geholfen als die privaten Sicherheitsleute“, so seine Einschätzung.
Umstrittener Zwischenfall
Besagte privaten Sicherheitsdienste waren seit dem 1. Dezember 2020 in der Oberstadt, im Bahnhofsviertel und in Bonneweg patrouilliert. Im September dieses Jahres kam es dann zu einem umstrittenen Zwischenfall in der Avenue de la Gare: Ein Mann war von einem Hund der privaten Sicherheitsdienste gebissen worden.
Das Thema sorgte in den Sitzungen des Gemeinderates immer wieder für hitzige Diskussionen. Auch eine Parlamentsdiskussion beschäftigte sich damit.
Polizeiminister Henri Kox hatte diesbezüglich Ende September verkündet, dass die Polizeipräsenz an Brennpunkten – wie dem Bahnhofsviertel – verstärkt wird. Dies ist eine der Maßnahmen eines Sicherheitspaketes, das Minister Kox Ende Oktober vorgestellt hatte. Es gibt nun die Möglichkeit eines Platzverweises gegen Personen, die den Eingang zu Wohngebäuden blockieren. Kox spricht in diesem Zusammenhang von einer „Garantie d'accès“, der sichergestellt werden müsse. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde inzwischen eingereicht. Kox fand gestern Abend deutliche Worte: „Es ist unsere verdammte Pflicht, zu handeln“, bekräftigte er. Doch auch die Bürger wurden deutlich: „Vous nous avez laissé tomber“, rief ein Anwohner den Politikern zu, ein Ausruf, dem der Saal mit tosendem Applaus zustimmte.
Bereits vor zwei Jahren hatte es eine ähnliche Versammlung an gleicher Stelle – der Sporthalle in der Rue de Strasbourg – gegeben. François Bausch war damals Polizeiminister und hatte mehr Beamte, mehr Präsenz, mehr Mittel, mehr Kooperation und gezielte Schläge gegen Banden im Bahnhofsviertel versprochen.
Mehr Reaktionen auf wort.lu