Luxemburger Wort

Bilder, Bücher und Beats

Sowohl in Clerf als auch in Wiltz gibt es Anlaufstel­len für kreative Köpfe und Kunstinter­essierte

- Von Marc Hoscheid

Clerf/Wiltz. Wer glaubt, dass das Ösling nur aus Bauern und Bergen besteht, während sich im Zentrum und Süden Luxemburgs die Künstler tummeln, der irrt. Denn an der Nordspitze Luxemburgs befinden sich sowohl in Clerf als auch in Wiltz Anlaufstel­len für kreativ tätige Menschen. Während das „Konschthau­s op der Gare“in Clerf bereits etabliert ist, steckt das Dreamland in Wiltz jedoch gerade erst in den Kinderschu­hen.

Seit März 2020 ist das Kunsthaus gegenüber dem Clerfer Bahnhof geöffnet. „Die Teestube ist in gewisser Weise das Herzstück des Hauses, hier können sich die Menschen hinsetzen und wenn sie wollen etwas trinken“, erklärt Mireille Karpen, die das Kunsthaus zusammen mit ihrem Lebensgefä­hrten Guy Daems betreibt. Beide sind ausgebilde­te Pädagogen, während ihr Freund noch immer als solcher in Wiltz arbeitet, hat sich Karpen nach der Geburt ihrer Tochter vor 13 Jahren aus dem Berufslebe­n zurückgezo­gen. In dem farbenfroh­en Raum im Erdgeschos­s des vierstöcki­gen Gebäudes gegenüber dem Bahnhof werden zudem Akustikkon­zerte, Ausstellun­gen und ein Sprachenca­fé organisier­t. Zudem können sich die Besucher kostenlos Bücher ausleihen respektive eigene Bücher abgeben.

Menschen zusammenbr­ingen

„Es geht darum, Menschen zusammenzu­bringen, vor allem aus der Nachbarsch­aft, denn oft sehen sich die Leute gar nicht auf der Straße, weil sie den ganzen Tag arbeiten“, so Karpen. Es handele sich um ein idealistis­ches Projekt, bei dem es nicht darum gehe, einen Gewinn zu erwirtscha­ften. Ziel sei es, keinen Verlust zu machen, denn es fallen Elektrizit­äts- und Heizkosten an, außerdem muss eine Versicheru­ng bezahlt werden. Das Projekt wird von einer Asbl betrieben, die sich durch freiwillig­e Spenden der Gäste und Abgaben von Künstlern finanziert.

Sowohl im Erdgeschos­s als auch im ersten Stock werden nämlich Ausstellun­gen organisier­t. Wenn keine Werke auswärtige­r Künstler ausgestell­t werden, hängen Bilder von Mireille Karpen und Guy Daems aus und können erworben werden. Es werden auch YogaKurse einer profession­ellen Lehrerin organisier­t. Auf einer offenen Terrasse hinter dem Gebäude können sich Interessie­rte zudem in Workshops austoben, oder Künstler in einem Atelier arbeiten. Letztere

können sogar in einem Gästezimme­r übernachte­n. Feste Öffnungsze­iten gibt es nicht, außer während einer Kunstausst­ellung, ansonsten verraten Schilder auf dem Bordstein und an der Tür dem potenziell­en Besucher, dass er nach vorherigem Klingeln eintreten darf.

Ein ähnliches, wenn auch nicht identische­s Projekt wird gerade in der Grand-Rue in Wiltz realisiert. Caroline Martin will hier einen Begegnungs­ort für kreative Köpfe, schaffen, wo beispielsw­eise Workshops organisier­t werden. In dieser Hinsicht habe im Norden des Großherzog­tums Nachholbed­arf bestanden. Der Name „Dreamland Creative Space“geht auf ein Videospiel zurück. „Ich bin ein absoluter Geek und das sollte sich im Namen widerspieg­eln“, erklärt Martin mit einem Lachen. Im Prinzip sei keine Idee zu verrückt, um realisiert zu werden.

Aktuell ist sie noch dabei, das rund 400 Quadratmet­er große Gebäude, ein ehemaliges Elektroges­chäft, wieder auf Vordermann zu bringen. Im Laufe der vorangegan­genen Jahrzehnte haben sich nämlich einige Erinnerung­sstücke, beispielsw­eise Motoren diverser Elektroger­äte, angesammel­t. Diese will Martin jedoch nicht alle wegwerfen, sondern einen Teil erhalten, um ihn möglicherw­eise künstleris­ch wiederzuve­rwerten. Dies entspricht ganz dem Gedanken der Kreislaufw­irtschaft, der seit mehreren Jahren von der Gemeinde Wiltz vorangetri­eben wird.

Nachhaltig­e Dekoration

Im Erdgeschos­s soll am Ende des langgezoge­nen Eingangsra­ums eine Bühne für Konzerte und andere Veranstalt­ungen errichtet werden. Nebenan sind eine Eventküche und ein Backstageb­ereich geplant. Im Keller, wo sich der

Die Teestube ist das Herzstück des „Konschthau­s op der Gare“in Clerf (oben).

In einem früheren Elektroges­chäft in der Grand-Rue in Wiltz entsteht derzeit ein Raum für Konzerte und Ausstellun­gen (unten rechts).

Großteil des Nachlasses des Vorbesitze­rs befindet, will Martin Sanitäranl­agen einrichten. Wie in Clerf sollen auch in Wiltz Künstler übernachte­n können.

Einen Großteil der Innenausst­attung, beispielsw­eise die Deckenlamp­en, hat die 34-Jährige selbst aus dem Material hergestell­t, das sie im um das Jahr 1900 errichtete­n Gebäude vorgefunde­n hat. Lediglich die Glühbirnen und verschiede­ne Kabel hat sie aus Sicherheit­sgründen ersetzt.

Eröffnet wird das Projekt am 10. Dezember mit dem „Winter Wonderland“. Zwischen 15 und 23 Uhr werden diverse Kunstobjek­te ausgestell­t und am Abend gibt es Konzerte mit luxemburgi­schen Musikern. Dabei handelt es sich jedoch eher um eine Art Vorfühlen, richtig anlaufen soll das „Dreamland“Anfang April 2022.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ?? Im ersten Stockwerk des ehemaligen Arzthauses befindet sich heute eine Kunstgaler­ie (unten links).
Caroline Martin
Im ersten Stockwerk des ehemaligen Arzthauses befindet sich heute eine Kunstgaler­ie (unten links). Caroline Martin
 ?? ?? Mireille Karpen
Mireille Karpen

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg