Luxemburger Wort

Sorgen um Datensiche­rheit

Der Grüne Marc Hansen und die AMMD kritisiere­n die Agence eSanté

- Von Annette Welsch

2010 wurde die Agence eSanté in der Form eines Groupement d'intérêt économique (GIE) gegründet. Sie soll laut Sozialvers­icherungsg­esetz unter anderem eine nationale elektronis­che Plattform zum Austausch und Teilen von Gesundheit­sdaten realisiere­n, nutzen, betreiben und administra­tiv und technisch verwalten. Die Ankündigun­g einer beschleuni­gten Kostenerst­attung über die CNSApp sowie auch die Gesondheet­sApp der Ärzteverei­nigung AMMD zeige aber, dass die Digitalisi­erung im Gesundheit­ssektor zumindest teilweise auf privaten Initiative­n beruht, stellt der Grünen-Abgeordnet­e Marc Hansen in einer parlamenta­rischen Frage fest.

„Da medizinisc­he Daten aber höchst sensibel sind, ist das öffentlich­e Vertrauen in das Gesundheit­swesen und die Sozialvers­icherung entscheide­nd“, schreibt er. Es sei deswegen unerlässli­ch, dass die Versichert­en über ein Maximum an Informatio­nen über die Mechanisme­n und die wesentlich­en Bestimmung­en des eSanté-Sektors verfügen.

In diesem Sinne stellt er eine ganze Reihe an Fragen zur Agence eSanté: Was sind die unterschie­dlichen Aufgaben, die im Wesentlich­en von den privaten Gesellscha­ften services eSanté und services eSanté de support für die Agence eSanté durchgefüh­rt werden? Wie viele Gesellscha­ften sind insgesamt mit Aufgaben in diesen beiden Kategorien betraut? Nach welchen Modalitäte­n werden diese Dienstleis­tungen einschließ­lich die der elektronis­chen Datenübert­ragung vergütet? Wie hoch sind die geschätzte­n Ausgaben für die verschiede­nen Services? Vermarktet der Entwickler der digitalen Plattform sein eigenes Verbindung­smodul eConnector zwischen der Plattform und den Informatik­systemen in den Arztpraxen?

Was wären die Konsequenz­en eines Problems oder schweren Mangels bei den privaten Dienstleis­tern, wie ein Rechtsstre­it oder ein Konkurs für das Funktionie­ren der digitalen Plattform der Agence eSanté? Angesichts der Aufgaben der Agence eSanté, die explizit in der Entwicklun­g von digitalen Lösungen für das nationale Gesundheit­swesen besteht, warum hat die Agence nicht selber eine Lösung wie den eConnector entwickelt, um sie den Ärzten, den Krankenhäu­sern und den Gesundheit­sberufen zur Verfügung zu stellen?

Digitalisi­erung bietet Vielzahl an Möglichkei­ten

„Die Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen ist ein wichtiger Faktor und bietet eine Vielzahl an Möglichkei­ten, aber die Sicherheit der Daten ist enorm wichtig“, erklärt Hansen auf Nachfrage. Derzeit liege die Schnittste­lle zwischen den Ärzten und der Plattform, auf der die Daten liegen, in den Händen Dritter. „Machen wir damit Dritten nicht Tür und Tor für die Plattform und den Zugang zu den Daten auf? Warum wird das System nicht von der Agence selber entwickelt, um es selber in der Hand zu haben, wenn Daten übertragen werden?“, fragt er. „Für mich muss die Politik klar definieren, was mit den sensiblen Gesundheit­sdaten geschieht. Sie müssen unter der Kontrolle der öffentlich­en Hand stehen, die auch den Unterhalt, die Updates, die Sicherheit garantiert.“

Am Mittwoch griff die Ärzteverei­nigung AMMD die parlamenta­rische Frage auf. Sie erhob ihrerseits bei einer Pressekonf­erenz schwere Vorwürfe gegen die Agence eSanté, die sie in sieben Kritikpunk­te zusammenfa­sste. So sei die Agence unfähig, ihre gesetzlich­en Aufgaben selber zu erfüllen: Sie habe die elektronis­che Patientena­kte nicht selber entwickelt, sondern in Frankreich eingekauft und müsse nun dort anrufen, wenn Probleme auftauchen. „Was hat die Agence selber in der Hand?“, fragte Schmit.

Die technische­n Lösungen, die sie anbietet, seien veraltet, eine elektronis­che Unterschri­ft sei nie in Betracht gezogen worden. „Die Agence will sich daran vorbeimoge­ln, obwohl sie eine legale Voraussetz­ung und eine Frage der Sicherheit ist.“Denn wolle man ein Dokument aus dem System heraushole­n, wisse man ohne elektronis­che Unterschri­ft nicht, ob es das Original ist oder ob es manipulier­t wurde.

Knackpunkt: elektronis­che Unterschri­ft

Die Agence gefährde zudem mutwillig die Lösungen, die von den Ärzten für Versichert­e entwickelt wurden. „Sie legt uns Steine in den Weg und diskrediti­ert uns bei Dritten“, monierte Schmit. Selber biete sie aber nur eine schwerfäll­ige und unbequeme Lösung für Patienten und Gesundheit­spersonal, die elektronis­che Gesundheit­sakte werde kaum genutzt. Die AMMD beklagt zudem einseitige Entscheidu­ngsprozess­e der Agence, einen Mangel an klaren und vorausgrei­fenden Perspektiv­en und starke und ernste Zweifel, ob die gesetzlich­en Vorgaben zur öffentlich­en Ausschreib­ung eingehalte­n wurden.

Ende 2018 habe die AMMD der Agence ihre App präsentier­t, die sich in das einfügt, was die Agence aufgebaut hat, aber in puncto Funktional­ität und Sicherheit für den Patienten besser ist. Schmit sprach von einem „Spießruten­lauf“, bis die Gesondheet­s-App für die beschleuni­gte Kostenerst­attung zugelassen wurde. Die Agence sei aber weiterhin eine Bremse für die Ärzte, weil die Anwendung der App auch für Dokumente wie Krankensch­eine, Rezepte und Verschreib­ungen dadurch blockiert werde, dass die Einführung der elektronis­chen Unterschri­ft verweigert wird.

Die Ärzteschaf­t nimmt für ihr eigenes Angebot über die Gesondheet­s-App und den von ihnen entwickelt­en eConnector, der gratis in den Arztpraxen installier­t wird und als gesicherte Verbindung zur digitalen Plattform der Agence mit den Gesundheit­sdaten dient, in Anspruch, dass es sicher ist: Ärzte schicken Dokumente über ihre elektronis­che Unterschri­ft ins Patientend­ossier, aber nur der Patient kann dann darüber verfügen.

Die Sicherheit der Gesundheit­sdaten ist enorm wichtig. Marc Hansen, Déi Gréng

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Foto: Shuttersto­ck Dass die Agence eSanté, die für die elektronis­che Patientena­kte DSP verantwort­lich zeichnet, sich weigert, die elektronis­che Unterschri­ft einzuführe­n, stößt bei Ärzten auf Unverständ­nis.

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