Ja zur Impfpflicht
Wer gehofft hatte, dass der Verzicht auf eine allgemeine Impfpflicht eine gesellschaftliche Spaltung verhindern würde, der wurde spätestens durch die ausufernden Corona-Proteste am Samstag in Luxemburg-Stadt eines Besseren belehrt. Die Spaltung ist längst da und nunmehr offensichtlich. Doch wie damit umgehen? Es wird höchste Zeit für eine allgemeine Impfpflicht, um die schier endlos geführte Debatte um Sinn und Nutzen von Impfungen ein für alle Mal zu beenden. Denn rein sachliche Argumente scheinen nicht mehr zu fruchten.
Wer sich selbst auf beschämende Art und Weise mit den Opfern des Nazi-Terrors auf eine Stufe stellt, beweist, dass er nach zwei Jahren Corona-Virus nichts verstanden hat. Beim Impfen geht es darum, die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung, Übertragung oder schweren Erkrankung an Covid-19 zu minimieren und ein zumindest einigermaßen normales Leben mit dem Virus zu ermöglichen.
Mag die Impfskepsis zu Beginn noch aufgrund der dünnen Datenlage verständlich gewesen sein, so haben mittlerweile ausreichend Studien – und Abermillionen Geimpfte weltweit – bewiesen, dass der Nutzen von Impfungen eindeutig das Risiko überwiegt. Zum Vergleich: Laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts konnten allein in der ersten Jahreshälfte von 2021 40 000 Menschenleben in Deutschland durch Impfungen gerettet werden. Demgegenüber stehen laut Paul-Ehrlich-Institut im gleichen Zeitraum 48 Todesfälle, die auf Impfstoffe zurückgeführt werden. Sprich: Impfen heißt Leben retten.
Und es geht darum, nicht nur sich, sondern auch andere Menschen zu schützen. Vor allem diejenigen, die sich selbst durch eine Impfung nicht schützen können, entweder weil sie trotz Immunisierung noch ein hohes Risiko haben schwer zu erkranken oder zu sterben – oder weil sie sich gar nicht erst impfen lassen können. Außerdem geht es um Fairness denen gegenüber, die sich bereits haben impfen lassen und damit ihren Beitrag zur Rückkehr zur Normalität geleistet haben. Last but not least geht es um eine Entlastung des Gesundheitspersonals, das seit Beginn der Pandemie am Anschlag ist.
Kritiker mögen einwenden, dass eine allgemeine Impfpflicht die gesellschaftliche Polarisierung noch verstärken würde. Das mag zwar kurzfristig sein, aber die Alternative wäre, so weiterzumachen wie bisher und im Alltagsleben eine weitgehende Trennung von Geimpften und Nicht-Geimpften organisieren zu müssen. Das wäre auf lange Sicht viel schädlicher für das gesellschaftliche Zusammenleben als die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, die für klare Verhältnisse sorgen und einen Weg aus der Pandemie zeigen würde. Doch leider hat die luxemburgische Politik das Wort „Impfpflicht“bisher so sehr gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Dabei ist die Zeit, sich hinter gut gemeinten Impfappellen zu verstecken, vorbei. Nun muss die Politik Farbe bekennen und den Weg einer allgemeinen Impfpflicht beschreiten. Denn es darf nicht sein, dass eine Minderheit die Mehrheit der Gesellschaft in Geiselhaft hält.
Es darf nicht sein, dass eine Minderheit die Mehrheit in Geiselhaft hält.