Höllische Langweile
Die Serie „Hellbound“überzeugt lediglich mit ihrem Grundgedanken
Wir schreiben das Jahr 2022 als Mitten in Seoul urplötzlich überirdische Wesen – mittels schlechter CGI-Animation herbeigeführte Vollstrecker der Hölle – auftauchen und einen Mann vor den Augen aller brutal hinrichten. Die Exekution ist laut der religiösen Gemeinschaft „Neue Wahrheit“als Machtdemonstration Gottes zu verstehen: sündige Menschen erhalten und weist damit auch Parallelen zur Vorgehensweise des IS auf.
Redundanz verpfuscht das Gedankenexperiment
Im weiteren Handlungsverlauf entpuppt sich „Hellbound“zunehmend als eine soziopolitisch geladene Serie, die uns eine voyeuristische Gesellschaft vor Augen führt. Denn die göttlichen Hinrichtungen – die letztlich doch willkürliche Menschen treffen und nicht zwingend Sünder – werden in der Öffentlichkeit verkündet und live im Internet und im Fernsehen übertragen.
Die Betroffenen leiden dabei bereits vor ihrer Vollstreckung an der medialen Aufmerksamkeit – ganz Südkorea schaut auf die angeblichen Frevler herab. Dekadent wird die Exekution einer alleinerziehenden Mutter vor jeder Menge Schaulustigen demonstriert. Die ersten Reihen werden hierbei von den Sponsoren der „Neuen Wahrheit“eingenommen: maskierte VIPs, wie man sie bereits aus „Squid Game“kennt. Im Laufe der Serie häufen sich solche Prophezeiungen
und Exekutionen. Als Zuschauer muss man diese repetitiven und erbarmungslosen Szenen ständig über sich ergehen lassen. Mantraartig wiederholen sich die Parolen vieler der Figuren, die Handlung flacht irgendwann schlichtweg ab und alles scheint irgendwie auf das Gleiche hinauszulaufen.
Die zweite Hälfte der ersten Staffel kommt nicht nur mit einem Zeitsprung von vier Jahren daher, sondern veranschaulicht auch einen auf die Theokratie hinsteuernden Staat. Die „Neue Wahrheit“hat an Macht und Einfluss gewonnen, die Gesellschaft ist eine andere geworden. Religiöser Fanatismus regiert ganz Südkorea. Doch während sich auf der einen Seite die vom Idealismus geblendeten Opportunisten für die theologische Ideologie einsetzen, kämpft auf der anderen Seite eine Untergrundopposition, die von der Anwältin Min Hye-jin (Kim Hyun-joo) geleitet wird.
„Hellbound“wird zu einem philosophischen Gedankenexperiment das auf brutale Art und Weise illustriert, wie religiöse Ideologien funktionieren und wie diese die Blauäugigkeit und Vulnerabilität der Menschen für ihre eigenen Zwecke nutzen. Dabei spielt die Serie ebenfalls mit parodischen Bildern: ein gigantisches Fresko vom Gründer der „Neuen Wahrheit“, das an Jesus im Kreise von Kindern – also an die Kindersegnung – erinnert, verziert das Hauptquartier der „Neuen Wahrheit“.
Wäre die Handlung nicht derart redundant und die Episoden nicht durchwachsen von schlechten Effekten, hätte „Hellbound“tatsächlich das Potential zu einer richtig guten Horror/Mystery-Serie gehabt.
Alle Folgen der Serie sind auf Netflix abrufbar.