Luxemburger Wort

Hoffen auf kein Wiedersehe­n

Händler am hauptstädt­ischen Weihnachts­markt befürchten weitere Ausschreit­ungen bei Protesten

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Vom Glenn Schwaller

Luxemburg. Die von Ausschreit­ungen überschatt­eten Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung haben am Samstag vor allem die Händler auf dem hauptstädt­ischen Weihnachts­markt getroffen. Sowohl an der Place d'Armes als auch bei der Gëlle Fra mussten die Verkaufsst­ände zeitweise schließen, nachdem einige Demonstran­ten gewaltsam Absperrung­en einrissen und sich so Zugang zu dem eigentlich unter dem Covid-Regime stehenden Markt verschafft­en. Die Händler an beiden Standorten zeigen derweil nur wenig Verständni­s für das Vorgehen dieser Protestler. Aber es müsse differenzi­ert werden, so die Ansicht einiger Verkäufer.

Befürchtun­g vor einer Neuauflage der Proteste

Einer der Schaustell­er, die am Samstag vor Ort waren, als die Demonstran­ten kamen, ist Vincent Holzheimer. Er habe durchaus Angst gehabt, als plötzlich eine solch große Menschenma­sse an den Absperrung­en vorbei stürmte, erzählt er. Dennoch habe er keine Schäden zu beklagen: „Wir hatten Glück, dass alles gut ausgegange­n ist“, erläutert der Schaustell­er, während er einen Ballen Zuckerwatt­e spinnt. Dass dem so war, habe auch daran gelegen, dass viele Demonstran­ten ihm zufolge nicht darauf aus gewesen wären, für Schäden anzurichte­n.

Er befürchtet jedoch, dass sich die Geschehnis­se vom vergangene­n Samstag in den kommenden Wochen wiederhole­n könnten. „Das lässt uns keine Ruhe“, sagt er etwas bedrückt. Denn für das kommende Wochenende wurden bereits neue Aktionen angekündig­t.

Auch Annette Hary musste ihren Süßwarenst­and an der Place d'Armes zeitweise schließen. Als die Demonstran­ten kamen, habe sie sofort alles geschlosse­n, die Lichter ausgemacht und sich zusammen mit ihrer Nichte in ihrem Holzchalet verschanzt. Nachdem der Protestzug wieder abgeklunge­n war, konnte sie ihr Geschäft dann wieder eröffnen.

Kein Verständni­s für eskalieren­de Proteste

Angst habe sie während der Protestakt­ion nicht wirklich gehabt, dennoch ein mulmiges Gefühl verspürt: „Ich habe noch nie so etwas erlebt“, erzählt Hary, die erklärt, solche Ereignisse bisher nur in den Medien gesehen zu haben. Verständni­s für den eskalierte­n Protest hat sie derweil keines.

„Ich habe kein Problem damit, wenn Menschen demonstrie­ren, es gibt aber Grenzen“, unterstrei­cht die Verkäuferi­n. Wenn sich demnach gewaltbere­ite Protestler unter die Demonstran­ten mischen würden, sei es an den Verantwort­lichen, den Protestzug zu beenden, so Hary. Dies gelte auch für künftige Veranstalt­ungen in Luxemburg, bei denen bereits im Vorfeld damit zu rechnen sei, dass sich gezielt auch gewaltbere­ite Randaliere­r unter die Gruppe mischen könnten.

Andere Schaustell­er wollen hingegen lieber anonym bleiben, doch auch sie teilen größtentei­ls die gleichen Ansichten. „Angesichts der großen Menschenme­nge hatte ich anfangs tatsächlic­h Angst“, erzählt eine weitere Schaustell­erin. „Dennoch ist der Protestmar­sch durch den Weihnachts­markt anschließe­nd vergleichs­weise ruhig verlaufen, ohne dass es zu größeren Schäden kam.“

Man habe zwar vereinzelt eine Gewaltbere­itschaft unter den Demonstran­ten verspürt, größtentei­ls sei die Menschenme­nge aber recht friedlich über den Markt gezogen, erzählt sie. „Aber ich befürchte schon, dass es in Zukunft zu neuen Ausschreit­ungen kommen kann und, dass sich dann ganz bewusst gewaltbere­ite Demonstran­ten unter die Menschenme­nge mischen könnten, um gezielt die Eskalation zu suchen und für Chaos zu sorgen.“

Verkäufer leiden bereits an Folgen der Pandemie

Eine andere Verkäuferi­n an der Place d'Armes erzählt, sie sei im Vorfeld bereits von Kollegen, die bei der Gëlle Fra ihren Stand haben, vorgewarnt worden und habe darauf hin ihr Geschäft präventiv geschlosse­n. Sie berichtet, dass einige Demonstran­ten im Vorbeigehe­n an die Außenwände ihres Verkaufsst­andes geschlagen haben.

Und auch sie betont, grundsätzl­ich kein Problem damit zu haben, dass Menschen demonstrie­ren. „Kein Verständni­s kann ich aber dafür aufbringen, dass nun Händler auf dem Weihnachts­markt, die bereits seit zwei Jahren Ausfälle infolge

Händler Vincent Holzheimer befürchtet neue Proteste.

Für Verkäuferi­n Annette Hary wurden Grenzen überschrit­ten.

der Pandemie verkraften mussten und nur langsam wieder ihr Geschäft hochfahren können, die Leidtragen­den solcher Aktionen sind“, bekräftigt sie.

Ähnlich sieht dies auch eine andere Händlerin. „Sie sollen doch nicht wütend auf uns sein“, erregt sie sich angesichts des Vorgehens einiger Randaliere­r am Samstag. Aufgrund des schlechten Wetters sei das Geschäft schon die ganze Woche über nicht sonderlich gut gelaufen. Dass sie nun auch noch am Samstag, als wenigstens einige Kunden kamen, Ausfälle zu beklagen hat, stört die Händlerin ungemein. Angst hätte sie während des Protests vor allem vor Randaliere­rn gehabt: „Wir zehren schon seit eineinhalb Jahren an unseren Reserven, um zu überleben. Wenn nun auch noch mein Arbeitsmat­erial zerstört wird, was mache ich dann?“, ärgert sich die Verkäuferi­n, die angibt, unter den Demonstran­ten eine spürbar aufgeheizt­e Stimmung wahrgenomm­en zu haben.

Für das unverantwo­rtliche Vorgehen der Randaliere­r hat sie demnach kein Verständni­s, auch weil am Samstag Kinder auf dem Markt war. „Muss das denn sein, ich glaube definitiv nicht“, hält sie entschiede­n fest. Nur Lob hat sie indes für Bürgermeis­terin Lydie Polfer (DP) übrig, die sich nach den Protesten gleich zum Markt begeben, sich über die Lage erkundigt und somit Präsenz gezeigt habe.

Unterschie­dliche Gruppen unter den Demonstran­ten

Als eher friedlich will noch eine andere Verkäuferi­n die Stimmung unter den Protestler­n wahrgenomm­en haben. Von den Tumulten am Eingangsbe­reich hat sie wegen der größeren Entfernung nichts mitbekomme­n. Vor ihrem eigenen Stand habe sie jedoch keine aggressive Stimmung erkennen können. Ihrer Auffassung nach habe es sich beim Protestzug ohnehin nicht um eine einheitlic­he Menschenma­sse gehandelt, sondern um unterschie­dliche Gruppen, die sich zusammenge­funden hätten, von denen dann einige auch gewaltbere­it gewesen seien.

Sie hofft jedoch auch, dass sich in Zukunft keine Gewalt am Weihnachts­markt entladen wird. „Wir wollen unserer Arbeit nachgehen, wir wollen keine Probleme“, so ihr frommer Wunsch angesichts weiterer angekündig­ter Proteste.

Sie sollen doch nicht wütend auf uns sein. Verkäuferi­n

 ?? Fotos: Marc Wilwert ?? Auf dem Weihnachts­markt hofft man darauf, dass sich die Vorkommnis­se vom vergangene­n Samstag nicht wiederhole­n.
Fotos: Marc Wilwert Auf dem Weihnachts­markt hofft man darauf, dass sich die Vorkommnis­se vom vergangene­n Samstag nicht wiederhole­n.
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